Greifensteiner Kraftwerk auf Anklagebank
Schlammschlacht vor Gericht: Stadt Klosterneuburg sucht Schuld bei Verbund – so viel Dreck wie noch nie.
GREIFENSTEIN / KLOSTERNEUBURG / WIEN. "Wie diese ungeheure Summe von 550.000 Euro zustandekommt, kann ich mir nicht erklären", sagt Florian Seidl, Pressesrecher der Verbund Hydro Power GmbH.
Vor einem Jahr schrillten die Sirenen – Dutzende von Einsatzkräften rückten aus, um zu helfen und gemeinsam gegen die Fluten anzukämpfen. Heute sitzt das Kraftwerk Greifenstein auf der Anklagebank – die Stadt Klosterneuburg klagt, weil die Schlammbelastung nach dem Hochwasser 2013 extrem hoch gewesen ist. Man geht davon aus, dass die Schuld bei dem vom Verbund betriebenen Donaukraftwerk Greifenstein liegt.
"Ziel der Klage ist ein für alle Mal festzustellen, ob es Möglichkeiten gibt, diese Unmengen an Schlamm zu vermeiden", erklärt Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP) den Hintergrund. Man wolle sich nicht an Dritten bereichern oder unnötig streiten, aber die Verursacherfrage gehöre geklärt. Die Stadtgemeinde beruft sich auf einen Passus im Wasserrechtsgesetz, dem zufolge für alle Veränderungen, die durch Kraftwerke geschehen, auch deren Betreiber gerade stehen müssen. Schmuckenschlager: "Eventuell kann man künftig diese Schlammmassen vermeiden, wenn die Schleusen schon in einem früheren Stadium komplett geöffnet werden und der ganze Dreck wegfließen kann".
Erklärung: Schlamm steigt exponentiell zu Wasser
Warum so viel Schlamm abgelagert wurde, lässt sich jedoch leicht erklären: "Hier handelte es sich um ein 300-jähriges Hochwasser", sagt Seidl, dass "sich deshalb die Menschen vor Ort nicht mehr daran erinnern können". Das Sediment, das vom Wasser transportiert wird, steige auch nicht linear sondern exponentiell: "Je langsamer das Wasser fließt, desto mehr lagert sich bei den Ausuferungen ab", verweist der Pressesprecher auf die Dokumentation des Hochwasserereignisses des Verbundes im Internet.
Gutachterstreit: Das kann dauern
Eingebracht wurde die Klage beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen durch den Anwalt Gerd Höllerl. Er ist auch privat vom Hochwasserschaden betroffen und ist Obmann-Stellvertreter im Kritzendorfer Siedlungsverein: "Der Verbund beruft sich auf höhere Gewalt, aber das war es nicht. Wir haben die Schlammentsorgungskosten in der Höhe von 550.000 Euro eingeklagt. Mit einem Hochwasser müssen die Kritzendorfer in dem Bereich rechnen, aber nicht mit Schlamm". 1991 sei erstmals viel Sediment angeschwemmt worden und auch 2002, aber 2013 seien die Dreckmassen enorm wie nie gewesen: "Das waren ein bis zwei Meter hohen Schlammmassen." Höllerl erwartet einen langen Prozess durch alle Instanzen – so auch der Verbund: "Dieser Prozess läuft auf einen Gutachterstreit hinaus", ist Seidl überzeugt. Man hätte gerne einen anderen, als den gerichtlichen Weg gewählt – Experten zum Thema einladen können, um aufzuzeigen, dass hier keine Schuld vorliegt. Nun ist der Verbund aufgefordert, bis 5. Juni eine Stellungnahme an das Gericht zu übermitteln.
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