Raab-Kaserne Mautern ebenfalls massiv von Budgeteinsparung betroffen

- Ein Schild sagt mehr als tausend Worte.
- hochgeladen von Heinz Riedmüller
19 Monate nach der Volksbefragung um die Zukunft des Österreichischen Bundesheers ist die Stimmung dort so schlecht wie schon lange nicht. Budgetkürzungen, Niveauverlust in der öffentlichen Meinung und Ausbleiben von Rekruten nagen am Selbstvertrauen der Kadersoldaten.
In einem offenen Brief an deren Oberbefehlshaber, Bundespräsident Fischer, äußert die militärische Führungsebene ihre Bedenken aufgrund der in Aussicht gestellten Sparmaßnahmen (Reduktion auf 1,9 Mrd. EUR ab 2015) und attestiert ihrem Kader Verunsicherung und Vertrauensverlust in die Bundesregierung. In einer ersten Stellungnahme von Samstag Nachmittag lädt der Bundespräsident "die Vereinigung" zu einer persönlichen Aussprache ein.
Ich besuche Oberst Franz Langthaler, den Brigadekommandanten in der Raab-Kaserne Mautern, um die Stimmung zur aktuellen Situation einzufangen. Die Antworten von Oberst Langthaler werden stichwortartig wiedergegeben. Er ersucht, darauf hinzuweisen, dass seine Aussagen nicht zwingend repräsentativ sind für die Meinung aller Mitglieder des Bundesheer-Kaders.
Tradition und Rolle des Bundesheers: Traditionell gibt es vier Hauptaufgaben - militärische Landesverteidigung, Katastrophenschutz, Assistenz zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Auslandseinsätze. In der Wahrnehmung der Bevölkerung werden Katastrophenschutz und Hilfe im Ausland als traditionelle Rollen des Heers wahrgenommen. Die gewachsene Position der Landesverteidigung wird politisch nicht forciert und daher öffentlich kaum wahrgenommen.
Volksbefragung: Das Ergebnis bedeutet ein klares Bekenntnis zur Wehrpflicht. Zwischen Ausgang und politischer Reaktion besteht aufgrund parteipolitischer Motive und Interessen, die offensichtlich zur Volksbefragung geführt haben, starker Widerspruch. Direkt nach dem Votum meinte Dr. Spindelegger (war im Zuge seiner Milizlaufbahn selbst „Oberstleutnant“; Anm. d. Redaktion) noch, dass eine Reform des Heers nicht „an ein paar Millionen“ scheitern dürfe. Der BH-Kader reagierte darauf - mit Aussicht auf klare Richtungsvorgaben und die Umsetzung von Versprechen - zunächst optimistisch.
Ruf des Bundesheers: Immer wieder hört man die Frage „was ist denn bei euch los?“. Dazu kommen Begleiterscheinungen wie freiwillige Abgänge von Offizieren und Zunahme bei den Zivildienern. Militärischer Nachwuchs bleibt aus, der Abbau von Gerät und Personal erweckt den Eindruck, nicht mehr gut ausgebildet werden zu können. 700 geländegängige Pinzgauer sollen verkauft werden, die allerdings für Ausbildung und Auslandseinsätze notwendig sind. In der Militärakademie (MILAK) hat sich in den letzten Jahren die Anzahl jener, die eine Offizierslaufbahn anstreben, mehr als halbiert.
Es darf nicht vergessen werden, dass Österreich mit dem EU-Beitritt 1995 auf militärischer Ebene ganz klare Aufgaben übernommen hat - u.A. Krisen, die um die EU herum passieren, aus dieser herauszuhalten. Die Bevölkerung weiß dies zwar, es wird von ihr allerdings nur nebenbei wahrgenommen.
Kriegerische Konflikte: Auch wenn Krieg in einer zivilisierten Gesellschaft (und in der österreichischen Mentalität) das Unwahrscheinlichste ist, findet er doch immer wieder statt. Aufgrund der Änderung der Methoden sind Anpassungen und laufende Aktualisierung des Wissenstands notwendig. Asymmetrische Kriegsführung bedeutet, dass sich heutzutage Soldaten
in Kriseneinsätzen keinen regulären Parteien gegenüberstehen sondern meistens Terroristen, Separatisten, Aufständischen Milizen oder Abtrünnige wie z.B. im Irak oder neuerdings auch in der Ukraine. Das Österreichische Bundesheer wappnet sich u.a. mit Schulungen im Umgang mit improvisierten Sprengkörpern, Beschaffung von Drohnen und der Auseinandersetzung mit dem Thema Cyberwarfare (Formen des Krieges auf der Computerisierung und Vernetzung fast aller militärischer Bereiche).
Erwartungshaltung gegenüber Bundespräsident Dr. Fischer: Ergänzend zu dem, was in zwei Petitionen an Dr. Fischer ergangen ist, ersuchen wir ihn, sich mit seiner Persönlichkeit in den politischen Prozess rund um die „Heeres-Frage“ einzubringen und speziell auf die sicherheitspolitische Dimension hinzuweisen. Und natürlich erwarten wir eine zeitnahe Stellungnahme zu unseren Anliegen.
Erwartungshaltung gegenüber der Politik: Das Bundesheer ersucht um einen klaren Auftrag. Es ist Aufgabe der gesamten Bundesregierung, die Sicherheitsdoktrin konkreter zu formulieren: wohin will Österreich, woran will man sich europaweit beteiligen und mit welchen Ressourcen. Die aktuelle Sicherheitsdoktrin bildet Idealvorstellungen ab, deren Umsetzung das doppelte Budget erfordern würde.
Verteidigungsminister Klug muss festlegen, was davon innerhalb der verfügbaren Mittel umsetzbar ist. Ein entsprechender Vorschlag für eine neue Zwischenstruktur des Bundesheers wird gerade ausgearbeitet und im Herbst vom Generalstab an den Minister übergeben.
Die Bezirksblätter bedanken sich für das Gespräch. Auch wenn Landesverteidigung auf einem größtmöglich unwahrscheinlichem Szenario basiert, bleibt ein kleiner Teil, der sie notwendig macht. Versicherungskonzerne leben weltweit gut davon, dass Menschen sich gegen Risiken versichern und bereit sind, dafür entsprechende Prämien zu bezahlen. Unser Bundesheer stellt eine Risikoabsicherung dar, die ebenfalls ihren Preis hat, das sollten wir nicht übersehen.
Fakten:
Die Raab-Kaserne, benannt nach Bundeskanzler Julius Raab, ist seit 54 Jahren traditioneller militärischer Großstandort. Sie ist Sitz des Panzerstabbataillons 3 und des Brigadekommandos.
Die 3. Panzergrenadierbrigade umfasst neben dem Hauptstandort Mautern die niederösterreichischen Kasernen in Melk, Weitra, Mistelbach, Großmittel und Zwölfaxing sowie Güssing im Südburgenland.
Jährlich werden (Tendenz fallend) 4.100 Grundwehrdiener (aufgeteilt auf mehrere Einrückungs-Turnusse) an den 6 Standorten ausgebildet. Der Kader der 3. PzGrenBrig umfasst ca. 1.500 Personen davon 170 Offiziere und ca. 500 Unteroffiziere.
Ca. 70% des Verteidigungsbudgets werden für Personalkosten aufgewendet.
Mit der Stadt Krems verbindet die Raab-Kaserne eine 25-jährige Zusammenarbeit. Parteipolitisch unbeeinflusst kommt es zu regelmäßigen Treffen mit BM Resch und gegenseitigen Kennenlern-Besuchen. Die Kooperation wird als „ausgezeichnet“ bezeichnet.
Weiterführende Links:
Inlandseinsätze des Bundesheers
Österreichs internationale Rolle
3. Panzergrenadierbrigade
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.