Klimaziele
FFF Kufstein: "Jetzt müssen Taten folgen!"

Auch im Oktober 2020 veranstaltete die Kufsteiner "Friday for Future" Bewegung eine Aktion am Kreisverkehr beim Inntalcenter in Kufstein – dies unter dem Motto "Wie die Klimapolitik drehen auch wir uns im Kreis". | Foto: FFF Kufstein
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  • Auch im Oktober 2020 veranstaltete die Kufsteiner "Friday for Future" Bewegung eine Aktion am Kreisverkehr beim Inntalcenter in Kufstein – dies unter dem Motto "Wie die Klimapolitik drehen auch wir uns im Kreis".
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Interview mit drei Vertreterinnen von "Fridays For Future Kufstein" über das Pariser Klimaabkommen, das sich im Dezember 2020 zum fünften Mal jährte, und Klimathemen, die im Bezirk relevant sind. 

BEZIRK KUFSTEIN, KUFSTEIN (bfl). Aus 2020 hätte ein Jahr im Zeichen des Klimas werden können. Gekommen ist es anders, obgleich die Vorzeichen dafür anfangs gut standen. So hätte 2020 ein fünfjähriges "Jubiläum" in den Vordergrund bringen können: Am 12. Dezember 2015 wurde das Pariser Klimaabkommen verabschiedet – dies mit dem Ziel, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Und auch die Stadt Kufstein hat im Juli 2019 den Klimanotstand ausgerufen und sich damit eine Reihe von Maßnahmen und Verpflichtungen selbst auferlegt. Dann kam Corona. Was ist also im Taumel der Corona-Pandemie von den Klimazielen in Kufstein übrig geblieben und wo steht der Bezirk? Die BEZIRKSBLÄTTER sprachen mit Victoria Zawadil, Paula Schickh und Laila Kriechbaum, Vertreterinnen für "Fridays For Future Kufstein" (FFF), in einem Interview über ihre Ansichten dazu. 

BEZIRKSBLÄTTER: Wo steht Kufstein Ihrer Ansicht nach fünf Jahre nach der Unterzeichnung des bahnbrechenden Pariser Klimaabkommens?
FFF:
Veränderungen beginnen im Kleinen, jede Gemeinde trägt ihren ganz entscheidenden Beitrag dazu bei. Zu diesem weltpolitisch bedeutenden Datum wollen wir das nicht vergessen. Derzeit befinden wir uns bei etwa 1°C Erwärmung seit vorindustrieller Zeit. Um das Ziel zu erreichen, brauchen wir ambitionierte Ziele und besonders ambitionierte Umsetzungen. Am 11./12. Dezember hat dazu Europa über den Prozentsatz der Emissionsreduktionen bis 2030 abgestimmt. Wichtige Entscheidungen, die unseren Weg in eine gesunde Zukunft stark beeinflussen. Daraus müssen nun Maßnahmen resultieren, die auch umgesetzt werden. Das Klima hält sich nicht an die Ziele, wenn es die Politik nicht tut. Die letzten fünf Jahre sind schnell verstrichen, die kommenden dürfen es nicht tun. Das gilt global wie lokal. Nur wenn wir es anpacken, können wir es schaffen.

BB: Kufstein hat am 10. Juli 2019 in der Überarbeitung des Umweltleitbildes der Stadt den Klimanotstand erklärt. Wie bewerten Sie diesen Schritt aus heutiger Sicht? Ist die Politik ihren Versprechen nachgekommen?
FFF:
Es war auf jeden Fall notwendig, den Klimanotstand auszurufen. Das war der erste Schritt in die richtige Richtung. Jedoch ist damit erst ein Zeichen gesetzt. Jetzt heißt es, diesem umfangreiche Taten folgen zu lassen. Die Stadt Kufstein hat sich Ziele gesteckt und wird diese mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch erreichen. Nur leider nicht in dem Tempo, das erforderlich wäre. Die Klimakrise ist zu weit fortgeschritten, als dass man die Maßnahmen langsam einleiten könnte.

BB: Was sagen Sie zu Projekten, wie "K2go"-Becher? Ein Schritt in die richtige Richtung, oder ein Tropfen auf dem heißen Stein?
FFF:
Ein umfassendes Recyclingprogramm und möglichst wenig Abfall gehören definitiv zu einer nachhaltigen Stadt der Zukunft. In unseren Augen ist "K2go" ein vorbildliches, schönes und sehr sinnvolles Projekt (von manchen fleißigen Kaffeetrinkerinnen unter uns genutzt), das auf das Recycling- und Abfallvermeidungspotential hinweist. "K2go" ist ein Schritt in die richtige Richtung, der uns aber alleine nicht zum Ziel führen wird.

13 Teilnehmer setzten bei einer Radtour durch den Bezirk Kufstein am 29. Mai ein Zeichen für den Klimaschutz.  | Foto: FFF Kufstein
  • 13 Teilnehmer setzten bei einer Radtour durch den Bezirk Kufstein am 29. Mai ein Zeichen für den Klimaschutz.
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BB: Wie bewerten Sie die Pläne Kufsteins rund um den Ausbau des Radwegenetzes – zumindest all das, was bereits bekannt ist?
FFF:
Eine hervorragende Idee! Uns ist aber leider bekannt - Stand im Sommer, - dass es bezüglich einer umfassenden Erweiterung noch einiges an Widerstand gibt. Dabei wissen die Kufstein Radfahrer nur zu gut, dass Radfahren in der Stadt sonderlich wenig Spaß macht und auch gefährlich sein kann. Diesbezüglich haben wir auch im Mai ein Radtour durch den Bezirk gemacht, um auf diesen Missstand hinzuweisen. Unsere Radlerei traf auf viel Zuspruch, deshalb wissen wir: Wir sind nicht allein mit unserer Unzufriedenheit bezüglich des Radwegenetzes in und um Kufstein. Gäbe es mehr und sicherere Radwege, wären auch sicherlich mehr Radfahrer unterwegs - wir Tiroler sind ja eh so sportlich! Es scheint aber so, als ob noch nicht alle im Gemeinderat zu dieser Erkenntnis gekommen sind. Klar ist, die aktuelle Verkehrssituation ist stellenweise eine Zumutung und wer kann ernsthaft etwas dagegen haben, wenn mehr Räder und weniger Autos unterwegs sind. Dass es auch anders geht, zeigen Städte wie Amsterdam, in dem längst die Räder die Straßen und auch Parkhäuser erobert haben. In diesem Sinne also: Ausbau des Radwegenetzes lieber jetzt als nachher!

BB: Stichwort Verkehr: KUUSK Mobilitätsbeauftragter Manuel Tschenet präsentierte im August in Kufstein ein neues Konzept für den Öffentlichen Verkehr in Kufstein und Umgebung. Sehen Sie darin eine echte Chance für die Zukunft?
FFF:
Ja, denn Mobilität ist einer der wesentlichsten Aspekte, in denen es für Klimaschutz Veränderung braucht. Das neue Konzept bedenkt sehr umfassend die Erschließung unserer Umgebung. Erhöhte Taktung, sowie weiterführende Anschlüsse (auch an die Bahn), und extra Pendler-Linien werden berücksichtigt. Mit der Umsetzung dieses Plans lassen sich alltägliche Strecken mit den Öffis einfach und bedeutend komfortabler zurücklegen als bisher. Somit ein Gewinn für alle Bürger.
Das Auto wird nicht länger die erste Wahl sein können. Es braucht stattdessen öffentliche Verkehrsmittel, die zum einen mehr Menschen auf einmal transportieren und zum anderen einen geringeren CO2 Ausstoß haben. Wir schaffen mit dem neuen Mobilitätskonzept eine Möglichkeit, beides abzudecken, Komfort und Nachhaltigkeit für Kufstein. Es ist ein wichtiger Schritt für Kufstein und Umgebung, das von Manuel Tschenet geplante Konzept für die kommenden zehn Jahre ab 2023 umzusetzen. 

BB: Inwieweit ist tatsächlich die Politik alleine verantwortlich? Wo hört deren Verantwortung auf, und wo beginnt jene der Konsumenten und Bürger?
FFF:
Politik ist dazu da, Rahmenbedingungen zu schaffen. Ein Beispiel hierfür ist, dass Frau H gerne mit dem Bus zur Arbeit fahren möchte. Leider gibt es aber keine passende Verbindung. Diese muss also erst für Frau H von der Politik bereitgestellt werden. Weiters muss die Politik auch den Zeitgeist erkennen und ihren Wählerauftrag erfüllen. So ist es nicht sinnvoll, klimaschädliche Politik zu betreiben, wenn ein Gutteil der Wählenden eigentlich zukunftsweisende Klimapolitik möchte. Man merkt also sehr schnell, dass man Politik und Volk nicht voneinander getrennt betrachten kann. Dementsprechend ist es auch falsch, nur von der Verantwortung der einen zu sprechen. Klar ist aber auf jeden Fall, dass Politiker Rahmenbedingungen verändern und Einzelpersonen nur innerhalb dieser handeln können. Daraus kann man ableiten, dass eine EU-weite Öko-Soziale-Steuerreform ungleich größere Auswirkungen hat, als wenn Einzelne ihr Konsumverhalten stückweit verändern. 

Foto: FFF Kufstein

BB: Was müsste die Stadt Kufstein konkret tun, um dem 1,5 Grad Ziel (und ihrem 2019 ausgerufenen Klimanotstand) gerecht zu werden?
FFF:
Wie wir sehen, ist es nicht ausreichend, den Klimanotstand auszurufen, oder ein Abkommen zu unterzeichnen. Auf die Vorsätze müssen auch Taten folgen. Dafür gibt es schon ausgearbeitete Konzepte, die wegweisend für die zukunftsfähige Gestaltung der Gemeinden sind. Vor kurzem wurde beispielsweise der KlimaKonkret-Plan, zu finden unter ​https://www.klimakonkret.at/ veröffentlicht. 

BB: Wo gehört Kufstein zu den Vorreitern, was Klimaschutz und Nachhaltigkeit betrifft?
FFF:
Vorreiter ist vielleicht das falsche Wort, um die Frage zu beantworten. Man kann gut erwähnen, dass Kufstein eine der ersten Gemeinden Österreichs war, die den Klimanotstand ausgerufen hat. Jedoch haben wir vorher schon betont, dass darauf aufgebaut werden muss. Eine sehr tolle Option ist die Nutzung des Beecars. In Kufstein, Niederndorf und Kössen kann man ganz unkompliziert per Handy oder PC ein E-Car leihen. Eine umweltfreundlichere Möglichkeit, wenn man das Auto einmal dringend benötigt.
Bisher gehört Kufstein noch nicht zu den Vorzeigestädten was Klimaschutz betrifft. Doch wir von Fridays for Future Kufstein wünschen uns, dass unser Kufstein schon bald allen zeigt, wie eine zukunftsfähige Stadt ausschaut!

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