Gustav Kuhn stellt Funktion in Erl ruhend

Sagt vorerst leise Servus: Gustav Kuhn (re) stellt seine Funktion als künstlerischer Leiter der Tiroler Festspiele Erl bis auf weiteres ruhend, um Schaden vom Betrieb abzuwenden. | Foto: BB Archiv/Noggler
  • Sagt vorerst leise Servus: Gustav Kuhn (re) stellt seine Funktion als künstlerischer Leiter der Tiroler Festspiele Erl bis auf weiteres ruhend, um Schaden vom Betrieb abzuwenden.
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ERL (nos). Der künstlerische Leiter der Tiroler Festspiele Erl (TFE), Gustav Kuhn, stellte nach Beendigung der Sommer-Festspiele mit dem von ihm am vergangenen Wochenende noch dirigierten Wagner-"Ring" seine Funktion ruhend. Vorausgegangen war immer stärker werdender öffentlicher Druck, nachdem seit Monaten Anschuldigungen sexueller Belästigung und Nötigung gegen den "Maestro" im Raum stehen. Nachdem in der Vorwoche fünf Künstlerinnen in einem Offenen Brief von schweren Verfehlungen berichteten und auch die Staatsanwaltschaft Innsbruck einen Anfangsverdacht gegen Kuhn prüft, zog Kuhn nun die Konsequenzen, "um weiteren Schaden von den Tiroler Festspielen Erl abzuwenden".

Kuhns Ablöse war schon seit geraumer Zeit gefordert worden, bereits im Frühjahr diesen Jahres wurde die Position des künstlerischen Leiters von den Tiroler Festspielen Erl öffentlich ausgeschrieben – "turnusmäßig" und ohne Zusammenhang mit den Anschuldigungen, wie es damals von Seiten der TFE hieß.
Zudem steht seit geraumer Zeit im Raum, dass sich Kuhn in den kommenden Jahren einer Überarbeitung des "Rings" widmen solle, der dann in drei Jahren das nächste Mal in Erl zur Aufführung kommen soll.

Das vierteilige Spektakel habe 2018 seine letzte Aufführung in der jetzigen Inszenierung erlebt und werde dann "einer visuellen und szenischen Erneuerung" unterzogen, "der sich Maestro Gustav Kuhn ohne Nennung eines Datums für die Wiederaufnahme widmen wird", so die Festspiele. Das wird frühestens 2020 der Fall sein, denn das Passionsspielhaus wird im kommenden Jahr wieder für seinen ursprünglichen Zweck genutzt – für die Erler Passionsspiele

Ob dies dann mit Gustav Kuhn geschehen wird, hängt nun zum Einen mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck zusammen und zum Anderen auch mit der Gleichbehandlungskommission im Bundeskanzleramt.

Die Funktion als Künstlerischer Leiter in Erl übernimmt nun zwischenzeitlich Kuhns Stellvertreter Andreas Leisner, der dort auch für "Dramaturgie & Casting" verantwortlich zeichnet. Während sich die Website der TFE komplett über die Vorgänge in Erl ausschweigt und als "Geschäftsführung Prof. Dr. Gustav Kuhn und Peter Zednicek" nennt, wurde im Juli Natascha Müllauer zur Geschäftsführerin der Festspiele Erl BetriebsgesmbH ernannt. Sie war zuvor unter anderem im Büro von Damals-LR Christine Baur tätig, die nun als Ombudsfrau die "Causa Erl" betreut.
Laut Leisner werde allerdings für den Herbst durchaus mit Gustav Kuhn als Dirigent in Erl geplant.

SPÖ-Nationalrätin Selma Yildirim und Landtagsabgeordneter Benedikt Lentsch, Kultursprecher der neuen SPÖ im Tiroler Landtag, begrüßen den vorläufigen Rückzug von Gustav Kuhn aus seiner Funktion als künstlerischer Leiter der Festspiele Erl ebenso wie Landesrätin Beate Palfrader (ÖVP), die auch vom Land Tirol optiertes Vorstandsmitglied der Erler Stiftung ist.
„Die massiven Vorwürfe der Künstlerinnen müssen nun schnell und lückenlos aufgeklärt werden“, fordern Lentsch und Yildirim. Für Kuhn gilt die Unschuldsvermutung.
„Solche Vorfälle und die Betroffenen ernst nehmen, gesamtgesellschaftlich sensibilisieren und entschlossen dagegen vorgehen, das sehen wir als Aufgabe der Politik“, betonen Lentsch und Yildirim.

Die Tiroler Festspiele Erl wurden 1997 von Gustav Kuhn gegründet.

Nebenschauplatz Plagiatsvorwurf

Während Kuhn am Dienstag, dem 31. Juli, seine Ruhendstellung bekannt gab und am selben Tag der Stiftungsvorstand der Tiroler Festspiele Erl in Wien tagte, widmete sich die PR-Abteilung der TFE einem der Nebenschauplätze in der "Causa Erl" – den Plagiatsvorwürfen zu Kuhns Dissertation.
Die TFE ließen per Aussendung wissen: "soeben erreichte uns folgende Nachricht von Prof. Dr. Kirste (Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der RW Fakultät / Rechts- und Sozialphilosophie der Universität Salzburg) bezüglich der Plagiatsvorwürfe" und gibt danach folgenden Absatz wider:
"Die Kommission der Universität Salzburg zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis hat sich inzwischen in mehreren Sitzungen eingehend mit dem Plagiatsvorwurf gegenüber der Dissertation von Gustav Kuhn befasst, hierzu Informationen der Österreichischen Agentur für gute wissenschaftliche Praxis (ÖAWi) eingeholt, die Gutachten zur Dissertation eingefordert und selbst die Arbeit im Hinblick auf den Vorwurf gelesen und mit zur Verfügung stehenden weiteren Publikationen geprüft.
Sie hat beschlossen: Das Verfahren wird eingestellt.
Danach kann die in Österreich erforderliche Täuschungsabsicht bei der Verwendung nicht ausgewiesener Textpassagen nicht festgestellt werden. Zunächst müssen wesentliche Teile der Arbeit plagiiert worden sein. Dies ist nicht rein quantitativ zu beurteilen. Die im Blog kritisierten Teile finden sich im darstellenden Teil Ihrer Arbeit, der nicht den Anspruch erhebt, dass er eigene Aussagen des Verfassers enthalten soll. Vielmehr werden fremde wiedergegeben. Hierbei finden sich handwerkliche Fehler, die auch in den Gutachten und bei der Bewertung berücksichtigt wurden. Die Kommission schätzt den 5. Teil der Arbeit als denjenigen ein, in dem Gustav Kuhn seine eigene Theorie entwickelt. Plagiate wären hier wesentlich gewesen. Die Kommission konnte jedoch aufgrund des zur Verfügung stehenden Materials hier keine entsprechenden Feststellungen treffen. Daher war das Verfahren einzustellen."

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