Im Gespräch
Kika/Leiner-CEO Gütebier: "Eine Herkules-Aufgabe"

"Ich muss heute viel mehr tun, um das Möbel auch zu inszenieren. Das 'Will-haben'-Gefühl zu vermitteln, ist essentiell. Die Präsentation und Inszenierung ist in der Masse der Häuser viel niedriger, als ich mir das vorgestellt habe."
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  • "Ich muss heute viel mehr tun, um das Möbel auch zu inszenieren. Das 'Will-haben'-Gefühl zu vermitteln, ist essentiell. Die Präsentation und Inszenierung ist in der Masse der Häuser viel niedriger, als ich mir das vorgestellt habe."
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

Seit Anfang Oktober 2018 ist Reinhold Gütebier CEO bei "kika/Leiner". Die BEZIRKSBLÄTTER trafen den Manager mit 50 Jahren Möbelhandelserfahrung am "kika"-Standort in Wörgl zum Interview.

WÖRGL (nos). Der deutsche Manager soll dem angeschlagenen Möbelhandelskonzern nach der Übernahme durch René Benkos "Signa"-Gruppe wieder auf die Beine helfen. Dabei geht es um Positionierung, Vertrauen und auch um Flächen. Die BEZIRKSBLÄTTER haben ihn in Wörgl getroffen und sich insgesamt 45 Minuten lang mit dem Kika/Leiner-CEO über Neupositionierung, notwendige Investments, Onlinehandel, Verkaufsflächen und Mitarbeitermanagement unterhalten. Ein Auszug:

BEZIRKSBLÄTTER: Sie haben mit 8. Oktober letzten Jahres den CEO-Posten bei "Kika/Leiner" übernommen, welches Fazit können Sie nach den ersten Monaten im Unternehmen ziehen?
REINHOLD GÜTEBIER: Das Fazit ist: Erstens, es gibt deutlich mehr zu tun, als ich auf dem Vorweg gedacht habe. Zweitens: Ich habe eine topmotivierte Mannschaft vorgefunden mit einem herausragenden Identifikationsgrad. Mit dieser Mannschaft ist es mir in der Summe nicht bange, diese "Herkules-Aufgabe" erfolgreich anzugehen. Das ist das erste Fazit.

Wo haben sich hier neue offene Baustellen ergeben?
Offene Baustellen, die eigentlich in der Möbelbranche gar nicht so sein sollten, weil das Basics sind – das hat ganz einfach damit zu tun, dass die Warenpräsentation, die Inszenierung, auch das Gefühl beim Kunden erzeugt: "Das möchte ich haben". Ich muss heute viel mehr tun, um das Möbel auch zu inszenieren. Das "Will-haben"-Gefühl zu vermitteln, ist essentiell. Die Präsentation und Inszenierung ist in der Masse der Häuser viel niedriger, als ich mir das vorgestellt habe. Es sind 42 Häuser, von daher war das schon eine Überraschung. Es gab auch weitere Überraschungen für mich, was die Marketingstrategie betrifft, im Besonderen, "Wann wird geworben?" – Möbelkauf ist Familiensache. Da muss ich zum Wochenende hin werben, da können die Familien einkaufen gehen, darauf muss ich meine Werbung ausrichten.

Welche Strategie verfolgen Sie künftig in der Positionierung der beiden Marken?
Es wird Klarheit geschaffen. Es wird weiterhin Kika als Vertriebsschiene und Leiner als Vertriebsschiene separat voneinander geben. Kika wird sich entwickeln zum moderneren, auch etwas jüngeren Möbelhaus, das einen starken Preiseinstieg zu bieten hat und bis zur gehobeneren Mitte geht. Leiner auf der anderen Seite darf natürlich den Preiseinstieg auch nicht vernachlässigen, wird zur gehobenen Mitte gehen und darauf ein Premiumsegment aufsatteln. Das ist die grobe Positionierung. Wir haben begonnen, vier Musterhäuser auszuwählen: Ein großes Musterhaus Kika (Linz) und ein großes Musterhaus Leiner (Wien-Hardeggasse) sowie ein mittleres Musterhaus Kika und ein mittleres Musterhaus Leiner, um daraus abzuleiten, wie sich die anderen Häuser in den nächsten drei Jahren in der Warendarbietung entwickeln müssen. Diese Musterhäuser, insbesondere die großen, haben wir bereits begonnen aufzurüsten, um den Stand der Dinge bis Mitte März auszuweisen. Standortschließungen haben wir überhaupt nicht vor. Das Kundenvertrauen hat durch die Negativberichterstattung natürlich deutlich gelitten. Wenn Sie als Möbelkunde eine Investition, zum Beispiel in eine Küche, treffen, dann brauchen Sie Vertrauen. Das ist auch aktuell eine meiner Aufgaben, den Leuten zu vermitteln: Hinter uns steht die Signa, die uns für die nächsten Jahre die absolute Sicherheit garantiert. Wir sind wieder da! Bitte habt Vertrauen, wir wollen euch zeigen, dass Kika/Leiner wieder zur alten Stärke zurückkehrt. Das gleiche trifft natürlich auch nach innen zu. Deshalb habe ich mich auch entschieden alle Häuser so schnell wie möglich zu bereisen, um mich mit den Mitarbeitern zusammenzusetzen und den Mitarbeitern auch Halt zu geben.

Einer der aktuellen Trends ist Nachhaltigkeit, will man diese bei Kika/Leiner in Zukunft stärker forcieren, ist das am Möbelmarkt in diesem Preissegment möglich?
Dieser Nachhaltigkeitstrend ist ganz klar erkennbar, der wird sich meiner Meinung nach im Möbelhandel immer stärker bemerkbar machen. Das ist Fluch und Segen zugleich, weil wir bei Kika/Leiner mit dem Sortiment im Umbruch sein müssen derzeit, und natürlich diese Dinge umsetzen können. Parallel dazu sind wir mit einem Kompetenzteam unterwegs, zwei interne und zwei externe Fachleute unter meiner Regie, mit denen wir alle Häuser bewerten, von draußen und von drinnen. Daraus resultiert eine Auflistung für Herrn Benko und Signa, um zu sagen: "Was muss in den nächsten drei Jahren für ein Invest getätigt werden, um einen Renovierungsstau, den wir in vielen Häusern haben, auflösen zu können." In diesem Zuge kommt uns natürlich auch der Sortimentswechsel zugute, um die nachhaltigen Sortimente zu integrieren und zu forcieren.

Große Flächen, wie gerade im Möbelhandel üblich, kosten viel Geld. Gibt es Bestrebungen, in manchen Häusern Teile der Fläche zu reduzieren, Partner für Shop-in-Shop-Lösungen zu finden?
Im Zuge unserer Rundreise werden wir uns in den großen Häusern Gedanken machen, ob wir die gesamte Fläche brauchen und ob man jene Flächen, die man nicht braucht – das müssen natürlich vernünftige Flächen sein – sinnvoll weitervermieten kann, sodass es Synergieeffekte für beide Seiten gibt. 20 bis 25 Prozent der Fläche, die man früher für absolut notwendig angesehen hat, sind meiner Meinung nach heute nicht mehr nötig. Das ist in den Kaufhäusern ja nicht anders.

Das Interview führte Sebastian Noggler (nos).

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