ADHS oder ADS – mehr als "nur" das Zappelphilipp-Syndrom?

Forum-Land-Bezirksobfrau LAbg. Bettina Ellinger, Expertin Kathrin Sevecke und Bürgermeister Christian Tschugg (v.l.). | Foto: Forum Land
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SCHEFFAU. Am 18. Mai informierte „Medizin für Land und Leute“ mit Kathrin Sevecke Symptomatik, Ursachen und Therapiemöglichkeiten bei ADHS bzw. ADS.
An Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bzw. dem "Zappelphilipp-Syndrom", wie es im Volksmund gerne genannt wird, leiden weltweit rund drei bis fünf Prozent der Bevölkerung. Bereits 1847 beschreibt Heinrich Hoffmann die ADHS-Symptome im allseits bekannten „Struwwelpeter“. ADHS ist keinesfalls eine Modeerscheinung, sondern ein schon lange bekanntes und bestens untersuchtes Krankheitsbild der Kinder- und Jugendmedizin, so die Spezialistin.

Drei Kernsymptome

Aufmerksamkeitsstörung, Impulsivität und Hyperaktivität sind die drei Kernsymptome, unter denen Betroffene zu leiden haben. Für eine Diagnose müssen jedoch nicht alle drei gleich stark ausgebildet sein. ADHS ist keine Erkrankung wie Masern oder Mumps, soll heißen, dass es kein Ja oder Nein gibt. Die Symptomatik variiert, vergleichbar mit den Schwankungen bei Bluthochdruck. Die Patienten leiden folglich einmal mehr, einmal weniger unter den Symptomen. Die Grenzen sind hierbei ebenso fließend wie individuell.

Verlauf

Es ist ein Mythos, dass sich ADHS mit dem Alter bei allen Betroffenen auswächst. Ausprägung und Symptomatik der Erkrankung verändern sich schlichtweg im Laufe eines Lebens. Betroffene haben Probleme in der Schule, im Beruf und im Privatleben. „ADHS ist häufig mit anderen psychischen Erkrankungen verknüpft, nicht nur deshalb ist eine Behandlung wichtig“, verdeutlicht die Expertin.

Ursachen und Mythen

Die Erkrankung hat immer mehrere Ursachen und es handelt sich um ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren: Genetik, Umweltfaktoren, hirnorganische Schädigungen sowie ein veränderter Hirnstoffwechsel. Der Mythos, dass Erziehung zu ADHS führt, ist schlichtweg falsch. Zugegeben, die Mutter-Kind-Beziehung ist bei ADHS meist schwierig, aber die problematische Beziehung ist eine Folge der Erkrankung und keinesfalls die Ursache.

Diagnose und Therapie

Eine fundierte Diagnose erfordert mehrere Schritte: eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung, ein Gespräch mit den Eltern und dem Kind, die Beobachtung des Verhaltens, eine Testdiagnostik, und Synopsis.
Verhaltenstherapie, Pharmakotherapie, psychosoziale Therapie und pädagogische Therapieansätze sind wirksame Therapiekonzepte. Achtung: Für Eltern ist es wichtig zu wissen, dass es keine belegten Therapieerfolge bei Diäten, Krankengymnastik oder Ergotherapie gibt.
„Therapien bei ADHS sind weder leicht noch schnell. Es dauert und ist umfangreich“, räumt Sevecke ein. „Ich bin immer gegen Vorurteile und Halbwissen: Ritalin wird meist zu unrecht in den Medien verteufelt. Es gibt eine Vielzahl an Medikamenten, aber vor allem mit Ritalin habe wir viel Erfahrung. Gut und richtig eingesetzt – durch einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie – kann es den Kindern zu 85 Prozent helfen“, so die Expertin weiter.
Die Kinder sind oft sozial extrem isoliert, Mobbing und Ausgrenzung gehören zur Tagesordnung. Die Expertin spricht sich bei einer schweren Form von ADHS ganz klar für die Einnahme eines Medikaments aus, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen und den Leidensdruck zu mildern. Abhängig von der Symptomatik und den begleitenden Therapien ist das Medikament manchmal nur ein halbes Jahr oder zwei bis drei Jahre notwendig. Unverzichtbar ist jedoch die Begleitung durch einen Facharzt und nicht durch den Kinder- oder Hausarzt. Es sei noch eines klargestellt: Ritalin macht im Gegensatz zur landläufigen Meinung nicht süchtig.
Eine wichtige Anlaufstelle für Eltern, die bei ihrem Kind ADHS vermuten, Hilfe suchen und eine Diagnostik wünschen, ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Innsbruck.
Nähere Informationen finden Sie auf der Website der Medizinischen Universität Innsbruck

Vortragsreihe Medizin für Land und Leute

Das Forum Land und die Medizinische Universität Innsbruck haben eine fruchtbare Zusammenarbeit beschlossen: die Vortragsreihe „Medizin für Land und Leute“. Wissenschaft und Medizin soll den Menschen durch die besten ReferentInnen der Innsbrucker Universitätsklinik von Landeck bis Lienz nahe gebracht werden. Am 4. Juni referiert im Gasthof Baumgartner in Angerberg Univ.Prof. Dr. Josef Marksteiner zum Thema "Demenz". Die Vorträge beginnen um 19:30 Uhr, die Teilnahme ist kostenlos. Hier finden sie weitere Informationen.

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