Wetterfeste Premiere am Schlossberg

Man will den "Verräter", der die Kommunistische Partei gewählt hat, fassen. | Foto: Grießenböck
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RATTENBERG (red). Die Welt ist im Umbruch. Da wie dort geht es drunter und drüber. Und auch in Österreich kann sich die Regierung nur noch auf Neuwahlen einigen. Weil das Theater der Gesellschaft gerne den Spiegel vorhält, schreitet man bei den Rattenberger Schlossbergspielen bereits jetzt zur Wahlurne – jedoch mit viel Ironie und Humor.
Feuchtfröhlich startete das 30-köpfige Ensemble letzten Freitag in den Theatersommer. Denn zur Uraufführung der Politposse „Die Kluibenschädel-Saga“ von Manfred Schild waren nicht nur zahlreiche Zuseher gekommen, sondern auch Petrus. Der ließ sich die Komödie leider nicht entgehen und öffnete ab der Pause die Himmelsschleusen. Aber es wäre nicht der Schlossberg, wenn das erfahrene Premierenpublikum dafür nicht vorgesorgt hätte. Eingehüllt in warme Decken und Regen-Capes blieben die Zuseher bis zum Schluss sitzen, um den heiteren Schwank selbst im Nieselregen zu verfolgen. Einhelliger Tenor an dem Abend: Es hat sich gelohnt!
Die edlen Lauscher werden von dem Erzähler (wortgewandt von Wolfgang Oehm) durch die Geschichte geführt. Die handelt von Niederober-Unterberg, einem verlassenen Nest im Nirgendwo. Vor der imposanten Naturkulisse der Schlossruine stehen drei riesige Märchenbücher (Bühne Erich Eberharter), die in das Dorfleben von Niederober-Unterberg führen. In dem kleinen verschlafenen Nest hat man keine Pläne, sondern ein Schicksal. Hier grüßt man sich beim Nachnamen und auch sonst lebt man nach den guten alten Traditionen und Werten. So wie es sich seit Generationen gehört. Davon ist auch der Bürgermeister und Metzger aus Leidenschaft Ferdinand Kluibenschädel (grandios von Werner Klikova) überzeugt. Seiner Idee nach, soll das Dorf zu neuem Weltruhm erlangen, indem alle Bürger bei der Nationalratswahl das Gleiche wählen. Für dieses Markenzeichen will der kleine Fleck auf der Landkarte weit über die Grenzen hinaus bekannt werden. Als harmonischstes Dorf Österreichs will man punkten und schreitet zu Wahl. Frei nach dem Motto: Ein Land, ein Hirn, eine Heimat, soll die demonstrative Gedankenharmonie natürlich auch Früchte tragen. Denn der Tourismus soll in Schwung kommen. Schließlich ist für die erhofften Gäste vom „Skiing und Rafting“ bis zum „Airsnapping in the wood“ alles vorbereitet, damit man lächelnd den Rest der Menschheit um sein Urlaubsbudget erleichtern kann. Der Schützenkommandant (traditionell auf Punkt gebracht von Alois Beck) braucht keine neuen Denkmodelle, sondern einen neuen Skilift. Aber natürlich geht es offiziell nur um die Wahrung der Werte. So schön haben sich das die Menschen des kleinen, feinen Dörfchens ausgedacht. Doch am Wahlabend bröckelt die harmonische Wertehochburg, denn unter den ausgezählten Wahlstimmen befindet sich ein Querdenker, ein Kommunist. In den Töpfen der Gerüchteküche brodelt es ordentlich. Die Bollwerke des Abendlandes wanken. Hochwürden (überzeugend von Ludwig Senn) schwört seine „Schafelen“ gegen den Verräter ein. Und selbst aus dem Grab der Ahnen steigt Ferdinand der Erste (irrwitzig schräg von Bernhard Schrettl) empor, um das Erbe der Väter zu bewahren. Man sich einig, dass eine Task-Force – bestehend aus Schützen, Fingerhacklern und Fliegenfischern – den „leninistischen Lackel“ finden und stellen muss.
Die Schlossbergspiele treffen den Zahn der Zeit und haben mit der Kluibenschädel-Saga ein humorvolles Wahldebakel geschaffen, das als ironischer Seitenhieb nicht aktueller sein könnte. Dem Ensemble bleibt zu wünschen, dass die Sonne bei den nächsten Vorstellungen bald ebenso lacht, wie die Zuseher am Premierenabend.

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