Bohuslav: "Der Tischler plant die Küche künftig vor Ort"
NÖ Wirtschafts-Talk: Landesrätin Petra Bohuslav über "Wirtschaft 4.0" und turbulente Export-Zeiten.
Zwölf Kandidaten präsentierten im Finale von "120 Sekunden" ihre Ideen, vom intelligenten Schuh bis zum Saunaschal. Kann Sie eigentlich noch irgendetwas begeistern oder haben Sie schon alles gesehen?
PETRA BOHUSLAV: Ich bin immer noch fasziniert von den Ideen und vor allem von der Umsetzung, denn das ist oft das Schwierige. Die Kandidaten müssen kreativ und geschäftstüchtig sein und auch noch präsentieren können. Jeder, der auf der Bühne steht, ist in Wahrheit ein Multitalent.
Niederösterreich ist ja ein Land der Gründer. Machen gerade diese unser Land zukunftsfit?
Vor zwei Wochen haben wir den Innovationspreis vergeben. Wenn man die jungen Forscher sieht, geht einem das Herz auf und es gibt so viele großartige Ideen, die unseren Wirtschaftsstandort stärker machen. Ich bin selbst sehr technologie-affin und "Wirtschaft 4.0" wird unser Leben verändern – und einfacher machen.
Gutes Stichwort: Was ist "Wirtschaft 4.0" und wie wird es den einfachen Bürger betreffen?
"Wirtschaft 4.0" ist nichts, was morgen anfängt – wir sind schon mittendrin. Fast jeder hat ein Smartphone und genau diese Vernetzung, etwa über das Navi am Handy oder die Google-Suche unterwegs, ist ein Teil der digitalen Vernetzung. Bei "4.0" geht es nun wieder darum, Arbeitsabläufe zu optimieren.
Etwa, indem mehr Roboter für Arbeiten eingesetzt werden?
Genau, aber das ist nichts Böses wie viele glauben. Der Mensch steht bei "Wirtschaft 4.0" im Mittelpunkt und die Roboter sind zur Unterstützung da. Der Roboter nimmt schwere Arbeiten ab, die Mitarbeiter werden aufgeschult und können sich um Spezialaufträge kümmern. Man hatte auch einmal Angst, der Computer würde Sekretärinnen ersetzen. Es gibt sie immer noch, sie arbeiten heute nur anders – eben mit Computern.
Das klingt alles logisch. Aber machen NÖs Kleinunternehmen da mit?
Der selbstständige Tischler kann heute mit seinem Tablet direkt beim Kunden etwas planen und diesen Plan digital ans Sägewerk schicken, wo wiederum die richtigen Hölzer geschnitten werden. Aber ja, es ist eine Herausforderung diesen Gedanken in die Unternehmen zu tragen. Wir machen dies anhand von Beispielen, wo klar wird, wie es funktioniert und worin der Vorteil für den Betrieb liegt. "Wirtschaft 4.0" ist keine Gefahr, es ist vielmehr eine Chance für alle.
Wo steht NÖs Wirtschafts-Stimmungsbarometer?
Die Stimmung grundsätzlich ist gut, wenn es um die Auftragslage geht. Weiterhin besteht – zu Recht – die Forderung, die Wirtschaft bei der Bürokratie zu entlasten. Wir brauchen etwa flexible Arbeitszeitmodelle, gerade für "Wirtschaft 4.0". Es wird künftig egal sein, wo und wann Sie Ihre Arbeit machen – was wiederum Chancen eröffnet, etwa für Mütter die flexibler arbeiten können.
Exportorientierte Wirtschaftspolitik war ja schon einmal einfacher, Stichwort Brexit und Türkei. Welche Optionen haben Sie hier?
Die Betriebe wissen: Export ist immer mit Herausforderungen und Risiken behaftet. Und wir versuchen an der Seite der Unternehmen diese zu meistern und neue Märkte zu öffnen. Es fing an mit Russland, mit dem wir gute Geschäfte hatten, dann kamen die Sanktionen. Und für was? Es hat die getroffen, die am wenigstens dafür können: die Wirtschaft. Dann kam die Türkei, gefolgt vom Brexit. Und jetzt Trump. Sie sehen, all diese Märkte sind Schwankungen unterworfen, die man zum Teil nie voraussehen konnte.
Aber wir geben diese Märkte nicht auf. Manchmal braucht man, wenn man neue Märkte erobern will, eben einen langen Atem.
Das Gespräch führte Christian Trinkl.
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