Blind auf die schroffsten Felsen

KAUNERTAL (Me.). "Stellt euch vor, ihr werdet wach, schiebt die Vorhänge auf die Seite und in eurem Zimmer ist es immer noch stockdunkel. So muss es ausgesehen haben vor 46 Jahren in meinem Kinderzimmer." Damit und mit keinem angeberischem Gerede eröffnete der blinde Extrembergsteiger Andy Holzer sein Motivationstraining im Kaunertalcenter. Ein Bergsteiger, der es mit Feldwänden aufnehmen will, bringt einen zum Staunen. "Noch mehr aber zum Staunen bringt jemand, der mit einem Handicap klettern geht", zollte Ingeborg Strobl, Tyrolia-Filialleiterin in Landeck, dem Ausnahmetalent Repekt. Gemeinsam mit der Kaunertaler Bergrettung stellte Strobl das Motivationstraining auf die Beine. Absurd fand er erst die Idee "jemanden auf die Bühen zu bitten, der das Rednerpult nicht mal alleine findet", schmunzelte der Profi-Bergsteiger als er im bis auf den letzten Platz gefüllten Kaunertalcenter von Strobls Überredungskünsten erzählte. Und nun den Sehenden die Augen öffnen. "Wie soll das geh'n?", meinte die eine skeptische Zunge. Die andere wusste aber: Der Andy weiß wie.
"Stell dir vor du verlierst dein Augenlicht und gehts trotzdem klettern. Oder machst du etwa behindertengerechten Sport?" Blanke Ironie, schien der Andy mit seinem Grinsen sagen zu wollen. Mit einem bewundernswerten Humor erzählte Holzer von (s)einer Welt, die er schon immer mit vier Sinnen berechnete. "Ich wollte auf keinen Grasbichl rauf steigen und kein Weihnachten für Blinde", erzählte der Andy von seiner Kindheit. "Da waren meine Eltern schon überfordert mit mir. Als Kind hatte ich Fantasien, da bleibt mir heute das Gehirn stehen", lachte Holzer. "Wir waren keine Intelektuellen, wir haben nur ab und zu in Dinge vertraut, die man nicht versteht!" Selbst der Tod seines Onkels, der in den Bergen verunglückte, hielt den Andy nicht davon ab die Berge nicht abzuschreiben...