Umstritten
Was taugt der Plan B für den Heumarkt?
Das umstrittene Projekt am Heumarkt ist wieder in aller Munde. Details zu einem Plan B wurden vor Kurzem öffentlich. Ob dieser die Stadt Wien Weltkulturerbe-tauglich macht, wird aber bezweifelt.
WIEN/LANDSTRASSE. Die Causa geht zurück bis ins Jahr 2012: Der Investor Michael Tojner kaufte das Hotel Intercontinental und plant auf dem Areal des Hotels ein Immobilienprojekt. Es dauerte nicht lange und die Proteste begannen: Von Anfang an stand der geplante Turm in Diskussion. Dieser sollte ursprünglich 74 Meter hoch sein. Nach politischen Diskrepanzen wurde die Turmhöhe auf 66,3 Meter herabgesetzt.
Das war aber noch immer zu hoch. Im Juli 2017 erfolgte deswegen der Eintrag des historischen Stadtzentrum Wiens in die Rote Liste des Weltkulturerbes. Seit diesem Tag ebben die Proteste gegen Investor Tojner (WertInvest) nicht ab.
Kein Turm, aber höheres Hotel
Um Wiens Welterbe-Status zu retten, hat die Stadt 2019 ein neues Baukonzept für das Areal vorgestellt, den „Plan B“, in Abstimmung mit Tojner. Details blieb man schuldig – bis zuletzt: Laut eigenen Angaben liegt der Tageszeitung Kurier das 17-seitige Konzept vor, und dieses sorgt für Aufregung.
Der geplante, 66 Meter hohe Wohnturm soll nun doch nicht kommen. Dafür aber wird der vorgesehene Hotelblock höher, insgesamt 55,2 Meter soll dieser betragen. Die rote Linie der UNESCO liege aber bei 43 Metern, so der Kurier.
Das stimmt so nicht ganz, wie die Österreichische UNESCO-Kommission berichtet: "Im Vordergrund steht letztendlich, wie gut sich ein neues Gebäude in das historische Stadtbild einfügt. Dazu muss es sich vor allem an den Höhen der bestehenden Bebauung orientieren – im Falle des Heumarktes liegt diese 'Bestandshöhe' bei aktuell rund 38 Metern."
Was der Plan auch beinhaltet, ist eine Aufstockung des Bürogebäudes von 20 auf 27,18 Meter, was allerdings für den Welterbe-Status unerheblich ist.
Kritik: Die geheime Studie
Dass dieser Plan B Welterbe-verträglich sei, soll aus einer Studie hervorgehen, die die Stadt Wien beim Architektur-Professor Manfred Wehdorn in Auftrag gegeben hatte. Nachlesen kann man diese aber nirgends, denn die Stadt hält die Studie unter Verschluss. Nach neuesten Erkenntnissen der Initiative Stadtbildschutz bzw. des Landtagspräsidenten Ernst Woller (SPÖ), soll diese Studie nun am 13. April auf der Homepage der Stadt Wien veröffentlicht werden.
Dass man von dem Plan B erst aus den Medien erfahren hatte und die Studie unter Verschluss gehalten wird, wurde seitens ÖVP und FPÖ bereits kritisiert. Auch in der Bezirksvorstehung Landstraße wusste man bis zum Bericht von Kurier nichts von dem neuen Heumarkt-Plan. "Die Geheimniskrämerei um die 90.000-Euro-Studie wird aus Sicht der SPÖ vielleicht Gründe haben, ist gegenüber den Wienern aber einem roten Schildbürgerstreich gleichzuhalten“, äußert sich Wiens FPÖ-Landesparteiobmann Dominik Nepp. Er fordert einen Runden Tisch mit Vertretern aller Rathaus-Parteien.
„Rot-Pink muss allen offenen Fragen rund um dieses Projekt Antwort stehen, andererseits droht Wien durch diese Aktion seinen Welterbekulturstatus tatsächlich zu verlieren. Das kann der Stadt sowie den Menschen nicht zugemutet werden“, so Planungssprecherin Elisabeth Olischar (ÖVP).
Folgen für Umwelt und Sicherheit
Herbert Rasinger, Obmann der Initiative Stadtbildschutz beschäftigt sich schon länger mit dem Projekt am Heumarkt. Er bedauert, dass es durch das Vorhaben zu einem Verlust an Grünflächen komme und die Lothringerstraße weg vom Hotel Intercontinental hin zum Akademischen Gymnasium verlegt werden soll, was zu gefährlichen Situationen für die Schüler führen könnte.
Als das Hotel Intercontinental 1960 gebaut wurde, setzte die Gemeinde Wien die Höhe von 38 Meter fest. Der Grund: einerseits der berühmte "Canaletto-Blick" vom Belvedere in die Innenstadt und in Rücksicht auf die Bäume des Stadtparks sowie den Erholungswert für die Wiener. Das 100 Meter breite und 55,2 Meter hohe Intercontinental Hotel bildet laut Plan B eine Staumauer für die Frischluftzuführung zum Stadtpark, mit negativen Folgen für die Natur.
Ein Managementplan fehlt (noch)
WertInvest hofft, dass die 55 Meter von der UNESCO abgesegnet werden. Das wird allerdings vielfach kritisch gesehen. Gemäß den Richtlinien der UNESCO ist zur Verwaltung von Weltkulturerbegebieten ein Managementplan zu erstellen. Am 6. Dezember 2006 präsentierte Wien die Publikation "Weltkulturerbe Wien - Der Stand der Dinge", als Bestandteil dieses Plans. Darin werden die Strategien und die von der Stadt gesetzten Maßnahmen erläutert, die dem Schutz des Welterbegebietes dienen. Festgehalten ist darin, dass Wien keine Hochhäuser in Welterbearealen der Stadt errichten wird. Mit dem neuen Plan B passt das also nach wie vor nicht zusammen.
"Eine Publikation ist noch lange kein Plan. Ein wesentlicher Grund, wieso das historische Zentrum von Wien überhaupt auf die rote Liste gesetzt wurde war, weil kein wirksames Managementsystem existiert. Viele dieser jahrelangen Diskussionen hätte man damit auch vermutlich vermeiden können", heißt es von der Österreichischen UNESCO-Kommission. Der Managementplan ist gerade in Erarbeitung.
Wie geht es weiter mit dem Welterbe-Status?
Was es zur weiteren Beurteilung des Welterbe-Status von Wien braucht, ist eine Kulturverträglichkeitsprüfung, ein sogenanntes Heritage Impact Assessment (HIA) für den neuen Plan zum Heumarkt-Projekt. Beim ursprünglichen Plan geschah das bereits 2019 und die Untersuchung zeigte, dass durch den Maßstab des "Heumarkt Neu" sehr starke Beeinträchtigungen der visuellen Integrität des historischen Zentrums von Wien entstehen und damit dem Vorhaben die Welterbeverträglichkeit abgesprochen wird. Das dürfte sich auch mit dem "Plan B" nicht groß ändern, vermutet Rasinger.
Seitens der Österreichischen UNESCO-Kommission stellt man den neuen Plan und die vorgesehenen 55 Meter für das Hotel ebenfalls in Frage. Wie seitens der UNESCO auf den Plan B reagiert werden wird, ist aber schwer absehbar. Neben einem Managementplan fehlen bisher konkrete Pläne und vergleichbare Studien. Außerdem richtet sich die Beurteilung nach vielen verschiedenen Kriterien. Nicht nur die Gebäudehöhe spielt eine Rolle, sondern auch die Bauart und wie das Gebäude überhaupt aussehen soll. Das ist aber alles noch unklar.
Im Juli ist die nächste Konferenz des Welterbekomitees geplant, wo Wien und sein Welterbe-Status ebenfalls Thema sein werden. Ob die Stadt weiterhin auf der Roten Liste bleiben wird, ist bis dahin offen.
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