Wiener Mindestsicherung: Anreize statt Kürzungen
Die rot-grüne Stadtregierung hat am Dienstag das neue Mindestsicherungs-Modell für Wien vorgestellt. Es gibt keine Kürzungen, keine Deckelungen und keine Wartefristen für neu nach Wien zugezogene Bezieher. Voraussetzungen sollen aber verschärft werden.
WIEN. Nach monatelangen Verhandlungen wurde gestern das Wiener-Mindestsicherungs-Modell vorgestellt. Die neue Regelung für Wien war notwendig, weil es keine bundesweit einheitliche Lösung mehr gibt. Das sind die Neuerungen:
Strengere Voraussetzungen für Junge
Für junge Bezieher, die noch bei den Eltern wohnen, wird die Mindestsicherung auf 75 Prozent gekürzt. Für den Bezug müssen sie Ausbildung oder Beschäftigung nachweisen. Fehlt die Bereitschaft dazu, kann der Betrag sogar auf 50 Prozent gekürzt werden. Damit wolle man die Arbeitsanreize verstärken und Dauerabhängigkeit vermeiden. "Wien schaffe damit als erstes Bundesland „Mindeststandards“ für junge Erwachsene bis 25 Jahre", betont Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Dazu wird ein eigenes Jugendunterstützungsgesetz geschmiedet. Gleichzeitig werden die Kurs- und Ausbildungsangebote sowie die Betreuung durch Sozialarbeiter verstärkt. Das neue Gesetz soll im Herbst beschlossen werden und Anfang 2018 in Kraft treten.
Anlaufstelle für unter 25-Jährige
Betroffene sollen auch intensiver betreut werden, eine zentrale Anlaufstelle für Menschen unter 25 eingerichtet werden, wo sie vom AMS und dem Magistrat gemeinsam beraten werden. Gleichzeitig werden die Wiener Jugendunterstützung „Back to the Future“ fortgeführt und Beschäftigungsmaßnahmen verstärkt, wurde versprochen.
Beschäftigungsbonus
Menschen, die eine gewisse Zeit berufstätig sind, sollen mit einer Extrazahlung belohnt werden. Der sogenannte „Wiener Beschäftigungsbonus“ soll den Anreiz, wieder arbeiten zu gehen, verstärken. Wer ein Jahr arbeitet, statt nur Mindestsicherung zu beziehen, erhält einmal rund 800 Euro ausgezahlt. Bei Unter-25-Jährigen reicht dazu schon ein halbes Jahr.
Mehr Sachleistungen
Teilweise werden Zuwendungen auch in Richtung Sachleistungen verlagert. So werden zum Beispiel die Sonderzahlungen für Dauerleistungsbezieher mit befristeter Arbeitsunfähigkeit gestrichen. Diese Zielgruppe erhält stattdessen Zugang zu Unterstützungsleistungen der Wiener Gebietskrankenkasse. Auch die Möglichkeit einer direkten Überweisung ist künftig vorgesehen. Sprich: Miete oder Energiekosten werden von der Behörde unmittelbar beglichen.
Aufteilung auf zwei Konten möglich
Bei Familien ist die Auszahlung auf zwei Konten möglich. Das soll vor allem eine mögliche Benachteiligung von Frauen verhindern. Sie sollen ihr eigenes Geld auf einem eigenen Konto verwalten können. Bezieher der Wiener Mindestsicherung müssen auch bereit sein, an Integrationsmaßnahmen mitzuwirken. Sanktionen sollen generell zeitnaher und intensiver erfolgen. Die Daten zur Mindestsicherung sollen zudem noch transparenter und außerdem regelmäßig veröffentlicht werden.
Kein Sparpaket
Wartefristen, um die Zuwanderung aus anderen Bundesländern zu bremsen, wird es keine geben. "Die Menschen kommen nach Wien weil es hier bessere Chancen gibt. Das sei völlig natürlich", erklärt Stadträtin Sandra Frauenberber (SPÖ) die Gründe, warum sich die Regierung dagegen entschieden hat. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung sei das „letzte soziale Netz“ in Wien. Deshalb habe man sich bei den Verhandlungen auf die Arbeitsmarktintegration konzentriert und nicht auf Kürzungen und Deckelungen" so Häupl und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne). Bei der Wiener-Mindestsicherung (WMS) handle es sich um kein „Sparpaket“, denn nicht die Armen, sondern die Armut wolle man bekämpfen“, so Häupl. Die Schuld am Scheitern der bundesweiten Regelung sieht Häupl bei der ÖVP. Diese habe die Mindestsicherung „bewusst zerstört“. Und Vassilakou bringt es so auf den Punkt: "Wien gehe den Weg der Kürzung nicht mit. Unsere Stadt lässt niemanden im Stich.“
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