Schlossinger in Wolfsberg

Plattenspieler sind gefragt wie nie

Der Genuss von Schallplatten ist mehr als ein Retro-Phänomen – es ist eine zeitlose Gegenbewegung zum schnelllebigen Streaming-Konsum.

WOLFSBERG. Mit dem Durchbruch des CD-Formates Ende der 1980er-Jahre wurde unisono das Ende der Vinylära ausgerufen. Heute – über 30 Jahre später – steigen die Verkaufszahlen von Schallplatten allerorts wieder an – die Presswerke sind vollkommen ausgebucht, das Vinylgranulat, das zur Herstellung von Platten gebraucht wird, ist Mangelware. Die klassische Vinylplatte hat alle anderen Formate wie etwa die MiniDisc in den 1990er-Jahren überlebt und feiert nun seit einigen Jahren einen zweiten Frühling. Das kommt nicht von ungefähr: In Zeiten, in denen die Streamingtechnologie Musik zu einem jederzeit und überall verfügbaren Wegwerfprodukt reduziert hat, sehnt sich auch die junge Generation wieder nach einem Musikkonsum, der der Kunst auch gerecht wird.

Platten sind Therapie

„Eigentlich müssten Plattenspieler und Schallplatten auf Rezept erhältlich sein. Wenn man eine Platte auflegt, ist das wie eine Therapie. Das Medium lädt geradezu dazu ein, sich in Ruhe hinzusetzen und zu genießen“, sagt Michael Dotschekal vom Wolfsberger Traditionsbetrieb Schlossinger, der nicht nur von Berufs wegen täglich mit Hifi-Technologie zu tun hat, sondern selbst ein leidenschaftlicher Vinyl-Liebhaber ist und eine Sammlung von rund 6.000 Platten pflegt – darunter zahlreiche wertvolle Originalpressungen.

Musik zum Angreifen

„Ein Musikalbum verfolgt immer eine gewisse Dramaturgie, die sich einem beim schnellen Streamingkonsum nicht offenbart.“, meint der Musikliebhaber. Auch das haptische Erlebnis, ein Tondokument und das dazugehörige Artwork in den Händen halten zu können, spielt eine Rolle: „Fast jeder aus unserer Generation erinnert sich noch an seine allererste Schallplatte – an sein erstes MP3-File wohl eher nicht“, sagt Ines Schlossinger.

Kunden von überall

Das Elektrogeschäft Schlossinger hat sich überregional einen Ruf als Spezialist für Plattenspieler gemacht. Die Kunden kommen aus Nah und Fern, teils aus dem Ausland, um alte Plattenspieler wieder fit machen zu lassen. „Oft kommt es vor, dass die Kinder die Plattensammlung der Eltern für sich entdecken und sie wieder zum Leben erwecken wollen“, berichtet Chefin Ines Schlossinger. Sie haben Glück, denn Techniker Michael Dotschekal bringt so gut wie alle Plattenspieler wieder zum Laufen.

Ab 350 Euro

Auch das Interesse an neuen Geräten ist ungebrochen. Wer sich überlegt, einen Plattenspieler zu kaufen, muss mit einer Investition ab 350 Euro für ein vernünftiges Gerät rechnen. Je feiner und ausgewogener das Gerät – und insbesondere der Tonabnehmer – verarbeitet ist, desto besser ist das Klangerlebnis. Alleine die Wahl der richtigen Nadel, die die Rillen im Vinyl abtastet, ist eine kleine Wissenschaft für sich. „Um eine Platte abzuspielen, braucht man neben dem Plattenspieler selbst auch eine Stereoanlage mit Phono-Eingang oder einen entsprechenden Phono-Verstärker. Wer nichts davon hat, greift zu einem All-Inclusive Set oder zu einem Plattenspieler mit integrierten Lautsprechern. Irgendeine Lösung gibt es immer“, erklärt Dotschekal, der in Zukunft auch wieder die beliebten Hifi-Abenden bei Schlossinger aufleben lassen möchte.