Lavanttaler Tischler
"Wir brauchen junge, motivierte Leute"
Den Tischlern gehen die Lehrlinge aus. Dabei spricht vieles für diesen Ausbildungsweg.
LAVANTTAL. Vom Fachkräftemangel ist überall die Rede. Doch das Problem beginnt ganz am Anfang: bei den Lehrlingen. Zahlreiche Branchen haben Probleme damit, Jugendliche für den Beruf begeistern zu können, beispielsweise die Gastronomen, die Bäcker, aber auch die Tischler. Der St. Georgener Tischlermeister Konrad Hasenbichler kann das bestätigen: „Seit mein Vater den Betrieb 1966 gestartet hat, haben wir jedes Jahr einen bis zwei Lehrlinge ausgebildet. Doch in den letzten Jahren halten sich die Bewerbungen von engagierten und kreativen jungen Leuten in Grenzen."
Fixer Arbeitsplatz
Die Gründe für den Lehrlingsmangel? „Einerseits sind es natürlich die geburtenschwachen Jahrgänge, die alle Branchen gleichermaßen betreffen. Andererseits ist aber auch ein enormer Trend hin zur akademischen Ausbildung zu beobachten“, ist sich Hasenbichler sicher. Im Glauben, den Kindern damit in jedem Fall etwas Gutes zu tun, schicken viele Eltern ihren Nachwuchs in eine höhere Schule. Doch es ist nun einmal nicht jeder zum Akademiker geboren – und es gibt aktuell kaum eine Ausgangslage für einen lebenslangen fixen Arbeitsplatz als eine abgeschlossene Lehre. Hasenbichler: „Gerade wenn man sich die aktuelle Entwicklung ansieht, ist davon auszugehen, dass der Stellenwert des Handwerkers in Zukunft steigen wird. Folglich wird dadurch auch die Entlohnung für hochqualifizierte Handwerker steigen.“
Matura ein Jahr früher
Doch eine Matura und eine Lehre schließen sich nicht aus. Wer besonders motiviert ist, kann Lehre und Matura kombinieren. Der Lehrling arbeitet dann an vier Tagen die Woche im Betrieb, an einem besucht er die Fachberufsschule Wolfsberg zur Maturavorbereitung. Nach vier Jahren – also sogar ein Jahr früher als in einer Berufsbildenden höheren Schule – hat er die Matura in der Tasche und zusätzlich eine abgeschlossene Lehre. Das Tischlerhandwerk bietet den jungen kreativen Menschen zusätzlich noch die Möglichkeit zur Ausbildung als Tischlereitechniker mit Schwerpunkt CNC-Technik und Planung. Auch verschiedenste Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten können vor Ort und berufsbegleitend durchgeführt werden.
Enorm vielseitig
Ein Beispiel, wie man sich als Tischler ein erfüllendes Leben aufbauen kann, ist die 34-jährige Fiona Harms. Die Mitarbeiterin wollte eigentlich Innenarchitektin werden, doch weil keine Ausbildungsplätze mehr frei waren, entschied sie sich für die Holztechnik. „Das war eigentlich nur als Übergangslösung gedacht, doch es hat mir so gut gefallen, dass ich mir gesagt habe: Jetzt werde ich Tischlerin.“ 2012 zog sie ins Lavanttal, seitdem hat sie sich zusätzliche Qualifikationen als technische Zeichnerin und Tischlereitechnikerin erworben. Aktuell arbeitet Harms im Holzbearbeitungszentrum der Lavanttaler Tischlergemeinschaft (LTG) in Wolfsberg. Mit ihrer Berufswahl ist die junge Mutter mehr als zufrieden: „Ich würde alles noch einmal ganz genauso machen. Der Tischlerberuf ist enorm vielseitig. In meiner jetzigen Berufssituation kann mich an keinen Arbeitstag erinnern, an dem die Zeit langsam vergangen wäre.“
Persönliche Entfaltung
Geht es um Ausbildung ist viel die Rede von Verdienstmöglichkeiten und Aufstiegschancen. Das sind wichtige Themen, doch sie führen nicht zwingend dazu, dass man seinen Beruf gern ausübt. Persönliche Entfaltungsmöglichkeiten sind da wichtiger „Man arbeitet im Tischlerhandwerk gemeinsam an Projekten, von der Planung bis zur Montage. In einigen Betrieben ist es sogar möglich, sich bei Bedarf seine eigenen Möbel zu bauen, wie ich es für das Kinderzimmer meiner Kids gemacht habe. Das sind dann Unikate, für die andere Menschen viel Geld zahlen. Auch ein Gesellenstück ist etwas, da man sein Leben lang hat und auf das man stolz sein kann“, meint Harms.
Kollegial im Team
Als Lehrbetrieb bildet man künftige Fachkräfte mit der Hoffnung aus, sie auch nach der Lehre im Betrieb als Facharbeiter halten zu können. Es ist jedoch immer wieder zu beobachten, dass die gut ausgebildeten Jugendlichen direkt nach der Lehre abgeworben werden – oftmals von Industrieriesen, die scheinbar besser zahlen. Für den Lehrbetrieb ist das der schlechteste anzunehmende Fall. Harms kennt aus ihrer Berufserfahrung beide Seiten, sowohl die industrielle Fertigung als auch den kleinen Familienbetrieb. Ihr Fazit: „In einem Tischlerteam ist man nicht einfach nur ein Mitarbeiter von vielen, da jeder besser auf die Bedürfnisse des anderen eingehen kann. Die Arbeit im Handwerk ist kreativ und vielseitig, nicht so eintönig wie am Fließband und es herrscht mehr Kollegialität im Team.“
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.