NMS Hainfeld
Neubeginn in der Schulgasse – Schulzeit anno 1950

- Frau Erika Karger - Schülerin 1950
- Foto: NMS Hainfeld
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Zeitzeuginnen Leopoldine Radinger und Erika Karger berichten über ihren Alltag als Schülerinnen der Hauptschule Hainfeld
Schulstart im neuen Gebäude
Leopoldine Radinger und Erika Karger gehörten zu den ersten Jahrgängen, die das neue Schulgebäude in der Schulgasse besuchen durften. Mit dem Schuljahr 1950/51 begann für sie – und viele andere Kinder – ein neuer Abschnitt in einer geregelten Schulumgebung.
Erstmals wurde der Unterricht nicht mehr in provisorischen Ausweichquartieren abgehalten, sondern in einem eigens errichteten Schulhaus – ein sichtbares Zeichen des Aufbruchs in der noch jungen Zweiten Republik.
Der Schulweg – lang, oft beschwerlich und Teil des Alltags
Der tägliche Weg zur Schule war lang – und für viele Kinder ganz selbstverständlich zu Fuß zu bewältigen. Leopoldine Radinger etwa legte jeden Tag rund sechs Kilometer zurück.
„Wir mussten um 6:15 Uhr losgehen“, erzählt sie. Auf dem Weg durch Wald und über Landstraßen schlossen sich weitere Kinder an – „wie eine Karawane“. Erst später durfte sie mit dem Fahrrad fahren. Ein Schulbus? „So etwas gab’s nicht.“
Erika Karger hatte es kürzer – etwa 15 Minuten zu Fuß –, dafür begann ihr Tag besonders früh: Schon vor dem Unterricht trug sie Zeitungen aus.
„Ich bin zum Bahnhof gefahren, habe das Volksblatt, das Neue Österreich und die Arbeiterzeitung für meine Oma geholt und anschließend in mehreren Straßen, wie etwa der Ramsauerstraße oder Bräuhausgasse, ausgetragen.“
Disziplin, Fleiß und volle Klassen
Der Unterricht war geprägt von Disziplin und klaren Strukturen.
„In meiner Abschlussklasse saßen 46 Kinder“, erinnert sich Erika. Die Ausstattung: Tafel, Lehrerpult, Holzbänke – mehr war nicht nötig. Mädchen und Buben wurden getrennt unterrichtet.
„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass wir gemeinsam im Klassenzimmer gesessen wären“, sagt Leopoldine.
Die Pausen verbrachten die Kinder in der Klasse – ohne Spielgeräte, aber meist mit einer mitgebrachten Jause.
Freizeit war selten.
„Ich musste arbeiten – Holz schneiden, Unkraut zupfen, im Haushalt helfen“, sagt Erika.
Leopoldine lernte mit dem Nachbarsbuben auf dem Heimweg das Einmaleins.
„Das hat sogar Spaß gemacht.“
Musik, Ausflüge – und gestohlene Schuhbänder
Musik war ein Lichtblick im Schulalltag.
„Ich hatte eine Altstimme – meine Lehrerin hat gesagt: ‚Erika, du musst zu mir zum Singen kommen!‘“, erzählt Frau Karger stolz.
Leopoldine sang beim Liedwettbewerb in St. Pölten das bekannte Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“.
Ein Erlebnis, das Erika nie vergessen hat:
„Ein Schulkollege hat mir in der ersten Klasse die Schuhbänder aus meinem einzigen Paar Schuhe gestohlen – ich bin ihm bis zum Hauptplatz nachgelaufen, ich hätte daheim sonst richtig Ärger bekommen.“
Ein Highlight für beide: ein Ausflug mit dem Zug nach Salzburg – „das war richtig schön.“
Ohne Polytechnische Schule, aber mit Prinzipien
Berufsorientierung? Fehlanzeige. Leopoldine hätte gerne Lehrerin werden wollen, aber: „Wir konnten uns das einfach nicht leisten.“
Die Polytechnische Schule gab es damals noch nicht. Erika absolvierte eine Ausbildung zur Kindergärtnerin im Kloster – ohne Freizeit, aber mit großer Zielstrebigkeit.
Ihr Rat an die Jugend von heute
„Lernt’s brav“, sagt Erika Karger.
Leopoldine Radinger ergänzt:
„Und seid dankbar – heute gibt’s so viel mehr Möglichkeiten als damals.“


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