Immer mehr Suizide in Oberösterreich

Die Zahl der Suizide ist in Oberösterreich im Steigen begriffen. | Foto: Archiv

BEZIRK (red). Die Weihnachtszeit ist dafür bekannt, dass psychische Probleme in der Bevölkerung zunehmen. Vor allem die Anzahl an Depressionen steigt an, im schlimmsten Fall können diese sehr tragisch enden – mit einem Selbstmord. Suizid ist die häufigste Todesursache bei den unter 40-jährigen in Österreich! Im Vergleich dazu: die Anzahl der Verkehrstoten liegt seit Mitte der 80er Jahre unter der Zahl der Suizide. Im Jahr 2010 gab es in Österreich bereits mehr als doppelt so viele Suizide als Verkehrstote.

„Ernsthafte Suizidgedanken kommen meistens nicht über Nacht. Sie sind das Resultat einer längeren Periode, in der es der/dem Betroffenen psychisch nicht gut geht“, sagt Prof.Univ.Doz.Dr. Werner Schöny, Vorstandsvorsitzender von pro mente OÖ. „Gerade hier ist es wichtig, sich rechtzeitig professionelle Hilfe zu suchen, um dramatische Ereignisse, wie Suizide zu verhindern. Präventive Maßnahmen sind hier das Um und Auf!“

2011 haben sich von den 190 Männern 2 Jugendliche im Alter zwischen 5 und 15 Jahren und 12 junge Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren suizidiert. Von den 49 Frauen waren 5 zwischen 15 und 25 Jahre alt.
Die Suizidrate von Kindern und Jugendlichen Österreichs steigt. Im Vergleich der OECD Länder befindet sie sich im oberen Drittel -nämlich an 6. Stelle, von 29 Ländern (bei den 15 – 19jährigen), im europäischen Vergleich (WHO-Daten) hingegen im oberen Mittelfeld an 12. Stelle, von 33 Ländern. Dass grundsätzlich bei Jugendlichen ein Handlungsbedarf bezüglich Suizidprävention besteht, geht aus der OECD-Studie 2009 deutlich hervor.

Zum Vergleich: die Anzahl der Verkehrstoten in Oberösterreich nimmt ab, die Suizidzahlen nehmen zu. „Daher kann man davon ausgehen, dass für Verkehrssicherheit präventiv viel getan wird und das ist auch gut. Aber auch bei der psychosozialen Sicherheit muss noch mehr getan werden“, sagt Monika Czamler, Psychotherapeutin und Geschäftfeldleiterin des Psychosozialen Notdienstes (PND) von pro mente OÖ. „Suizid ist nach wie vor ein Tabu in unserer Gesellschaft, es gibt darüber viele Mythen. Es ist wichtig, dass man dieses Thema, auch wenn es nicht angenehm ist, in der Öffentlichkeit anspricht.“

Zum zweiten Mal nach 1971 ist die Suizidprävention im Regierungsprogramm der Gesetzgebungsperiode bis 2013 verankert. Geplant ist die „Weiterentwicklung einer nationalen Sucht- und Suidzipräventionsstrategie mit besonderem Augenmerk auf die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen“ (Seite 179/7; Zitat aus dem Koalitionsabkommen).

Der Psychosoziale Notdienst hilft in Oberösterreich

Im Suizidpräventionsprogramm werden 24 Stunden Notdienste, Kriseninterventionszentren und mobile Dienste empfohlen.
„Neben der täglichen rund um die Uhr-Verfügbarkeit für Menschen in akuten Krisensituationen und bei suizidalen Krisen, Betreuung von anderen mittelbar oder unmittelbar Betroffenen, Hausbesuchen in fünf Bezirken, sind wir bei vielen Begleitungen von Angehörigen nach einem Suizid tätig – und dies bei Erwachsenen und immer öfter auch bei Jugendlichen. Andererseits helfen wir auch bei den in letzter Zeit gehäuft aufgetretenen dramatischen Verkehrsunfällen, bei denen vor allem junge Menschen ums Leben kommen, vor Ort. Auch Gewalttaten kommen in den jungen Kreisen oft vor. Sowohl Angehörige, als auch Opfer suchen bei uns Unterstützung“, so Czamler.
Suizide sind für die HelferInnen große Herausforderungen und gehen manchmal bis an die Grenzen der Belastbarkeit. „Wenn Jugendliche überraschend ums Leben kommen ist unsere Aufgabe meist eine sehr komplexe und eng verschränkt mit der Tätigkeit der KollegInnen vom Roten Kreuz. Es gibt viele Ebenen der Betreuung wie zum Beispiel Familie, Freunde, Schulklassen, überlebende Unfallbeteiligte, Zeugen, Ersthelfer etc.“, sagt Czamler.

Eine Herausforderung bei der Arbeit mit Jugendlichen ist, dass sie den Anspruch von Autonomie in der Form und im Ausdruck ihrer Betroffenheit zeigen, gleichzeitig aber sehr viele betroffene Jugendliche (mit)leiden, für die es wichtig und notwendig ist, bei Gedenkfeiern, Verabschiedungen etc. einen gemeinsamen Rahmen vorzugeben. Trotzdem wollen sie auch die Möglichkeit haben einen Abschied mit zu gestalten. Positiv fällt dabei auf, dass sich Jugendliche untereinander meist sehr sozial verhalten und auch einmal bestimmte Traditionen und Vorurteile hinten angestellt werden (z.B.: Moslems und Christen feiern gemeinsam Abschied).

Bei Verkehrsunfällen kann man generell mit einem hohen Arbeitsaufwand rechnen – hier ein Extremfall: 66 Einsatzstunden von 6 KollegInnen beginnend in der Nacht des Unfalls direkt am Unfallort gemeinsam mit den KollegInnen vom RK sind üblich. Danach folgt die Weiterbegleitung verschiedener Betroffenengruppen und Personen mit unterschiedlicher Häufigkeit und Intensität, je nach Bedarf und Wunsch der Betroffenen.
Anders gelagert ist die Betreuung von Jugendlichen und natürlich auch von Erwachsenen nach einem Suizid. Der Tod eines nahe stehenden Menschen, eines Freundes, durch Suizid lässt viele Fragen offen, die manchmal auch nicht beantwortet werden können. Vor allem die Fragen, wäre dieser Tod zu verhindern gewesen, oder, haben wir etwas übersehen, ist meistens sehr belastend. Oft ist auch der Wunsch da, Informationen zum Thema Krisen und Suizidalität zu bekommen, mehr darüber zu wissen, warum Menschen diesen Schritt machen.
Die PND-MitarbeiterInnen müssen vor allem als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung stehen für all die heiklen Fragen, die vor allem bei Jugendlichen eher im Freundeskreis untereinander besprochen werden, aber auch Abschiedsbriefe werden gemeinsam gelesen, unterschiedlichste Gefühle besprochen und zugelassen: Trauer, Verzweiflung, Wut, Angst, etc. Und Aufgabe ist es auch, diagnostisch eventuell vorhandene Gefährdungen einzuschätzen, die durch den aktuellen Suizid virulent geworden sind.
„Diese Tätigkeiten sind einerseits in der akuten Situation eine Entlastungs- und Unterstützungsmaßnahme und längerfristig gesehen, eine sehr wesentliche Intervention im Sinne der Prävention vor längerfristigen Belastungssyndromen und, natürlich nicht zuletzt, auch wesentlich in der Suizidprävention“, so Czamler.

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