Künftig wird es bei uns eine Zweiklassenmedizin geben

Walter Aichinger | Foto: Fotos: BRS

Rot-Kreuz-Präsident Aichinger erwartet ein System wie in den USA

Die Folgen des Ärzte-mangels, neue Heraus-forderungen für das Rote Kreuz und wie wichtig eine Medizinuniversität für Oberösterreich wäre: Darüber spricht der neue Präsident des Roten Kreuzes OÖ, Walter Aichinger, im BezirksRundschau-Interview.

BezirksRundschau: Abseits des Rettungsdienstes, was sind die Herausforderungen der Zukunft für das Rote Kreuz in Oberösterreich?
Walter Aichinger: Mein Vorgänger, Leo Pallwein-Prettner, hat ein sehr solides Fundament aufgebaut. Das manifestiert sich zum Beispiel in den neu gestalteten Ortsstellen und im technisch einheitlich perfekten Fuhrpark. Hier müssen wir die hohe Qualität halten. Das Rote Kreuz ist aber auch im Gesundheits- und Sozialdienst aktiv und in der Hauskrankenpflege. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es immer mehr ältere Leute geben, die immer länger leben. Das ist eine große Herausforderung, nicht nur für das Rote Kreuz.
BezirksRundschau: Wird es in Zukunft genügend Personal für die-
se Aufgaben geben?
Aichinger: Das ist von Bereich zu Bereich verschieden, für Altenheime ist es heute schon schwierig, Personal zu finden. Ich glaube, dass sich bei den Berufsbildern etwas ändern muss. Es muss mehr Zwischenstufen geben, modulare Ausbildungen, die in keine Sackgasse führen. Im Pflegebereich gibt es Ansätze, zuerst wird man Pflegehelfer, dann über eine Zusatzausbildung Altenfachbetreuer.
BezirksRundschau: Wie entwickelt sich der Blutspendebereich, der ja eine weitere wichtige Säule des Roten Kreuzes ist?
Aichinger: Es wird öffentlich zu wenig wahrgenommen, was für ein aufwendiger Bereich das ist, wie aufwendig es ist, Qualität und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Bereitschaft, Blut zu spenden, ist von vielen Faktoren abhängig, an Feiertagen oder während einer Fußball-EM schaut es katastrophal aus. Dabei ist die Blutspende die effizienteste Vorsorgeuntersuchung, die es gibt. Jedes Jahr filtern wir etwa Leute heraus, die Leukämie haben und zwar rechtzeitig.

BezirksRundschau: Dass das Rote Kreuz neben einer Blut- auch eine Gewebebank betreibt, ist nur wenigen bekannt ...
Aichinger: Wir betreiben in Linz eine der wenigen Einrichtungen in ganz Österreich, in der Knochen, Knorpel, Hornhäute, Ei-häute, Stammzellen und anderes Gewebe für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche aufbewahrt wird. Außerdem ist unsere Gewebebank eine der wenigen medizinischen Forschungsstellen in Oberösterreich.

BezirksRundschau: Stichwort Forschung. Wie wichtig wäre eine Medizin-Universität für unser Bundesland?
Aichinger: Als Rot-Kreuz-Präsident unterstütze ich alles, was dem drohenden Ärztemangel entgegenwirkt. Wir haben derzeit weniger als 100 Studenten, die Medizin studieren. Das wird jetzt schlagend und wir müssen erkennen, dass wir keine Turnus-
ärzte mehr in Oberösterreich haben. Außerdem bleiben viele Absolventen in den Unistädten oder gehen ins Ausland, weil sie dort das Doppelte verdienen. Wenn wir 300 Studienanfänger pro Jahr hätten, könnten wir den Eigenbedarf decken. Nur zum Verständnis: Ab 2017 gehen jedes Jahr 180 Ärzte in Pension.

BezirksRundschau: Was ist die Konsequenz des Ärztemangels?
Aichinger: Es wird eine Zweiklassenmedizin geben, ganz klar. Das öffentliche Gesundheitssystem wird eine Art Basisversorgung sein. Daneben wird sich eine private Medizin entwickeln, wie etwa in den USA.

BezirksRundschau: Dann hat die Politik unrecht, wenn sie davon spricht, wir hätten das beste Gesundheitssystem der Welt.
Aichinger: Das wird so nicht haltbar sein. Nicht, weil es die Politik nicht will, sondern, weil die Gefahr besteht, dass die Ärzte, vor allem die guten, nicht mehr in diesem System arbeiten wollen. Auch wenn der Bund jetzt die Zahl der Medizinanfänger an den Unis von 1600 auf 2000 aufstockt, wirkt das erst in 15 Jahren. Ich fürchte, dass diese Reaktion kommt, weil es die billigere Variante ist. Darum machen der Landeshauptmann und der Linzer Bürgermeister auch das Angebot, die Medizin-Uni mitzufinanzieren.

BezirksRundschau: Zum Abschluss: Hat das Rote Kreuz in OÖ genügend Ehrenamtliche?
Aichinger: Mit über 70.000 Ehrenamtlichen sind wir im Vergleich mit anderen Landesorganisationen hervorragend aufgestellt. Seit 2009 haben wir 2500 Ehrenamtliche dazugewonnen.

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