"Das Internet ist kein rechtsfreier Raum"

Die Verurteilungsquote bei Verhetzung: Im Schnitt enden 21 Prozent mit einer strafgerichtlichen Verurteilung. Foto: strixcode/Fotolia
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Glei weg damit. A 9 mm kost net viel“. Mit diesem Sager versehen hat der 27-jährige Wolfgang A. einen Beitrag zum Thema Asylwerber in Österreich auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht. Anfang dieser Woche stand er deswegen in Linz vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft warf ihm das Vergehen der Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen nach § 283 des Strafgesetzbuches vor. Bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe drohen im schlimmsten Fall. Nachdem der Mann aber unbescholten ist, erhielt er vom Richter ein vergleichsweise mildes Urteil: Drei Monate bedingte Haft in Begleitung eines Bewährungshelfers – Urteil ist noch nicht rechtskräftig. „Ich habe einfach nicht nachgedacht. Ich wollte mit dem Posting sagen, dass sich alle Menschen, die bei uns leben, auch an die Regeln halten sollen“, so der 27-Jährige.

Hasspostings nehmen zu
Ein zweiter, ähnlicher Fall wurde am Montag am Landesgericht behandelt. Ein 41-Jähriger wird beschuldigt, durch Postings auf Facebook zu Gewalt, Körperverletzung bis hin zu Mord gegen Muslime aufgerufen zu haben. „Wir werfen Bomben inmitten von Muslimen“ soll auf seiner Facebook-Seite gestanden haben. Auch über einem Bild des germanischen Gottes Thor mit dessen Hammer stand: „Seht ihn euch an, dieser Hammer wird das Symbol eures Unterganges sein.“ Die Staatsanwaltschaft sah in den Postings auch den Tatbestand des versuchten Landzwangs verwirklicht. Der zuständige Richter fällte ein Unzuständigkeitsurteil: Die Vorwürfe seien zu schwer für einen Einzelrichter, ein Schöffensenat müsse sich damit befassen. Ein neuer Verhandlungstermin wurde deshalb vereinbart. Fälle wie diese sind keine Seltenheit und könnten in Zukunft immer häufiger Gegenstand von Gerichtsverhandlungen sein. „In den letzten Wochen, wo das Asylthema sehr präsent ist, werden Postings einerseits zunehmend radikaler aber vor allem auch quantitativ mehr“, sagt Manfred Walter, Sprecher von „Heimat ohne Hass“, eine Organisation die Hasspostings zur Anzeige bringt. Infos: www.heimat-ohne-hass.at

Deutliche Botschaft
Das Thema Hasspostings und Cybermobbing beschäftigt auch den Nationalrat vor seiner Sommerpause. Eine Reform des Strafrechts, die dem Parlament zum Beschluss vorliegt, sieht eine Verschärfung vor. Die Größe der Öffentlichkeit, in der Verhetzung strafbar wird, soll deutlich verkleinert werden. Laut Justizminister Wolfgang Brandstetter wird dadurch aber nicht jedes gedankenlose Gerede am Stammtisch belangt. Für Strafrechtsexperten, JKU-Professor Alois Birklbauer, hat das neue Gesetz eine klare Botschaft: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Mit dem neuen Gesetz sollen vor allem bestehende Schlupflöcher geschlossen werden.“ Verhetzung gegen Religion, Hautfarbe oder Volkszugehörigkeit sind strafbar, verwendet man allerdings Formulierungen wie „die Ausländer“, so ist das Posting strafrechtlich nicht relevant, weil diese Gruppe im Strafrecht nicht definiert ist. „Eine Verschärfung des Strafgesetzes bringt nicht immer das gewünschte Ergebnis. Bewusstseinsbildung ist deutlich wirkungsvoller. Studien beweisen, dass eine Enttäuschung auf Beziehungsebene etwa zwischen Kind und Eltern mehr bewirkt“, so Birklbauer. Nicht nur Asylwerber oder Muslime sind hierzulande von Hasspostings betroffen. Immer öfter werden auch Prominente und Politiker Ziel von geschmacklosen Einträgen. „Screenshot eines Postings sind vor Gericht zulässig. Fake-Accounts machen die Sache allerdings deutlich schwieriger“, so der Experte.

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