Immer mehr Kinder erkranken in OÖ an Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis

Dr. Beatrix Wintersteiger, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Klinikum Wels-Grieskirchen, Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Erika von Mutius, Hauner Children’s Hospital, Klinikum der Universität München, und Elisabeth Schm | Foto: Land OÖ/Kraml
  • Dr. Beatrix Wintersteiger, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Klinikum Wels-Grieskirchen, Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Erika von Mutius, Hauner Children’s Hospital, Klinikum der Universität München, und Elisabeth Schm
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OÖ. „Zahlreichen Studien belegen heute, dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, im Vergleich zu Nachbarskindern im gleichen Dorf ohne Landwirtschaft deutlich seltener an Asthma und Heuschnupfen erkranken und signifikant niedrigere Raten an allergischer Sensibilisierung aufweisen“, berichtet Professor Erika Von Mutius. Der sogenannte Bauernhof-Effekt ist eines der reproduzierbarsten und konsistentesten epidemiologischen Signale in der Allergieforschung und wird von zwei Komponenten ganz wesentlich bestimmt: dem Aufenthalt im Kuhstall und dem Konsum der unbehandelten Kuhmilch. Von Mutius: „Der Zeitpunkt der Exposition ist entscheidend: Nur wenn sie früh im Leben, prä- und/oder postnatal erfolgt, ist ein Einfluss auf die Entstehung von allergischen Erkrankungen und Asthma zu erkennen.“

„Im Zeitalter der Apparate- und Pharmamedizin sind Berichte wie jener von Professorin Erika von Mutius zu den Heilkräften im Kuhstall besonders wichtig“, betont Landesrat Hiegelsberger. „Diese Studien sind keine Einzelfälle: Immer mehr aktuelle Untersuchungen untermauern die Kräfte im ländlichen Raum. Zudem wurde über Jahrhunderte hinweg Erfahrungswissen über natürliche Heilmittel aufgebaut. Dieser Erfahrungsschatz wird heute wiederentdeckt, geschätzt und angewandt.“

Mikrobencocktail bewirkt Schutz vor Asthma

Wenn die Mutter während der Schwangerschaft im Kuhstall arbeitet, ist bei ihrem Kind die Entstehung der atopischen Dermatitis (Neurodermitis) im Alter von ein bis zwei Jahren etwa um ein Drittel verringert. Zudem produzieren Zellen aus dem Nabelschnurblut von Neugeborenen, deren Mütter auf dem Bauernhof im Stall gearbeitet haben, mehr Immunbotenstoffe, die gegen eine Allergieentwicklung wirksam sind.

„Es stellt sich die Frage, wofür die mütterliche Exposition im Stall steht. In Tierställen sind zahlreiche Bakterien, Schimmelpilze, Pflanzenbestandteile und anderes nachweisbar“, erklärt Von Mutius. „Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass vermehrter Gehalt an Bestandteile von Bakterienzellwänden im Innenraum mit dem Schutz vor einer atopischen Sensibilisierung assoziiert ist.“ Einige Untersuchungen sind nicht in bäuerlicher, sondern in städtischer Umgebung durchgeführt worden, konnten aber diese Schutzeffekte bestätigen.

„Heute kann man wie in der Kriminalistik genetische Fingerabdrücke von Bakterien und Schimmelpilzen erhalten, die es erlauben, genau den Übeltäter bzw. den Wohltäter zu identifizieren“, erklärt Von Mutius. Es zeigte sich, dass es nicht nur ein Wohltäter, sondern ein ganzer Mikrobencocktail ist, der den Schutz vor Asthma bewirkt.

Neben der Stallexposition spielt auch der Konsum von nicht verarbeiteter Rohmilch eine wichtige Rolle beim Schutz vor Asthma und Allergien. Wenn die Milch vor dem Konsum abgekocht wird, verschwindet der Effekt. Von Mutius: „Es konnte klar belegt werden, dass Eiweißstoffe in der Molke mit dem Schutz vor Asthma und allergischen Erkrankungen verbunden sind.“ Die Ergebnisse dürfen aber keinesfalls so interpretiert werden, dass Rohmilchkonsum eine Möglichkeit der Vorbeugung gegen Asthma und allergische Erkrankungen darstellt. Die Proben enthielten krankmachende Erreger, die ein erhebliches Erkrankungsrisiko – insbesondere bei Kindern, die nicht auf einem Bauernhof aufwachsen – mit sich bringen. „Die Wissenschaft muss erst genauer klären, welche Schutzfaktoren in dieser Milch existieren, um dann neue, mikrobiologisch sichere Produkte auf den Markt zu bringen“, so die Expertin.

Mehr Kinder in OÖ haben Asthma, Heuschnupfen und/oder Neurodermitis

Mittels der Studie ISAAC (International Study of Asthma and Allergies in Childhood) wurde versucht, in möglichst vielen Ländern eine einheitliche Untersuchung über die Häufigkeit von Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitits bei Kindern durchzuführen – u.a. in Oberösterreich.

In den Vorschulklassen sowie den 1. und 2. Klassen Volksschule in den Bezirken Eferding, Freistadt, Grieskirchen, Linz-Land, Perg, Urfahr-Umgebung und Wels- Land und in den 3. und 4. Klassen Hauptschule im Bezirk Urfahr-Umgebung wurde die Häufigkeit von Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis erhoben (2001-2003).
Dabei zeigte sich, dass 5 % der Kinder bzw. 7 % der Jugendlichen Asthma, 4,5 % der Kinder bzw. 17 % der Jugendlichen Heuschnupfen und 13,6 % der Kinder bzw. 11,7 % der Jugendlichen Neurodermitis hatten. „Im Vergleich zum Zeitraum 1995 bis 1997 ist das Vorkommen angestiegen“, so die Medizinerin.

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