Klimakrise in Linz
Klimatologe: "Krisen nicht gegeneinander ausspielen"
Seit 2020 hat die Stadt Linz eine Abteilung, die sich mit dem Stadtklima beschäftigt. Johannes Horak ist seit März 2022 ihr Leiter. Was er macht und mit welchen Auswirkungen der Klimakrise Linzerinnen und Linzer rechnen müssen, erzählte er der BezirksRundschau auf einem Klimaspaziergang durch die Stadt.
LINZ. Von Empfehlungen bei neuen Bauprojekten bis zur Begrünung von Wohnstraßen: In einer Stadt wie Linz kann viel zur Anpassung an den Klimawandel, aber auch zur Bekämpfung der Krise getan werden. Dazu analysieren Stadtklimatologen beispielsweise besonders hitzeanfällige Stadtteile oder sie setzen Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung.
Hitzeinseln in Städten
An den vermehrten Hitzewellen im Sommer leiden vor allem Menschen, die in urbanen Gegenden leben. Aufgrund der Bodenversiegelung können hier besonders leicht Hitzeinseln entstehen. Gebäude und Böden heizen sich am Tag auf und geben die Wärme in der Nacht wieder ab. Zusätzlich kommt es durch die Versiegelung der Straßen zu mehr Überflutungen, da der Boden nur wenig Wasser aufnehmen kann – ein Grund, warum immer wieder Tiefgaragen unter Wasser stehen. Hohe Luftfeuchtigkeit führe weiter dazu, dass die gefühlte Temperatur steigt. Gefährlich und sogar lebensbedrohlich könne das laut Horak werden, wenn es so heiß wird, dass man sich mit seinem eigenen Schweiß nicht mehr abkühlen kann. Das kann beispielsweise in überhitzten Autos der Fall sein.
Windschneisen zur Durchlüftung der Stadt
Hitzefördernd ist auch die Windstille. Abkühlender, frischer Wind kommt meist aus dem Westen und sollte nicht schon vor der Stadt abgebremst werden. Besonders in der nord-westlichen Hügelkette von Linz leiten Schneisen den Wind in die Stadt. Neue Gebäude dürfen Kaltluftabflüsse in die Stadt deshalb nicht behindern.
Temperatur-Messstationen
Bei neuen Bauprojekten ist in Zeiten der Klimakrise, neben der Bauweise, auch die Lage relevant. In manchen Gebieten, wie der Inneren Stadt, dem Kaplanhof- oder dem Frankviertel, ist die Versiegelung besonders hoch. Um diese Hitzeinseln definieren zu können, führen Stadtklimatologen, wie Horak, Klimaanalysen durch, um dann Stellungnahmen zu neuen Bauprojekten abzugeben. Die Daten dafür soll künftig ein Netz aus Messstationen für Luftfeuchtigkeit und Temperatur liefern. Eine erste Station befindet sich bereits am Hauptplatz, 50 sollen es in den nächsten Jahren werden.
1.000 Bäume für Linz
Bäume zu pflanzen, ist ebenfalls eine Anpassungsmöglichkeit bei der Klimaerwärmung, da sie Schatten spenden und kühlend wirken. Zudem nehmen sie CO2 auf und wandeln ihn in Sauerstoff um. Deswegen möchte Linz in den nächsten Jahren jährlich 100 Bäume pflanzen. "Wir müssen jetzt pflanzen, damit uns die Bäume in 20 Jahren gegen die Hitze helfen. Dann ist es nämlich zu spät, neue zu pflanzen," erklärt Horak. Die Begrünung der Kroatengasse ist mit 25 Bäumen eines der ersten Projekte.
Folgen der Klimakrise in Linz
Unter den bereits erwähnten Hitzeinseln und -wellen leiden besonders vulnerable Gruppen wie ältere Menschen, Kinder oder Personen mit chronischen Krankheiten. Laut Horak gibt es neben der Hitze aber noch andere direkte Auswirkungen der Klimakrise auf Linz. Bäume, die wir so dringend notwendig hätten, um die Stadt zu kühlen, werden beispielsweise brauner und lassen ihre Blätter fallen. Weiters leidet die Wasserqualität in Seen und Flüssen an den hohen Temperaturen und die Wasserstände sinken. Für Allergikerinnen und Allergiker werden die längeren Vegetationsperioden der Pflanzen zum Problem. Auch wandern durch die höheren Temperaturen immer mehr exotische Insektenarten, wie die Tigerstechmücke, nach Österreich ein und bringen neue Krankheiten mit.
Horak: "Es braucht eine CO2-Kostenwahrheit."
Um diese Probleme bekämpfen zu können, sei Bewusstseinsbildung laut Horak der erste Schritt. Durch anschaulich aufbereitete Umweltinformationen versuche die Klimaabteilung Privatpersonen und Unternehmen die direkten und regionalen Auswirkungen der Klimaerwärmung näher zu bringen. Natürlich kann man, so Horak, aber nicht alles mit Eigenverantwortung lösen. Die Politik müsse Vorgaben machen: „Wenn ich beim Altstoffsammelzentrum meinen Bauschutt ablege, zahle ich etwas. Wenn ich aber beim Autofahren Treibhausgas ausstoße, dann ist das kein Thema, obwohl man dabei ebenfalls langfristig und nachhaltig den Planeten zerstört", so Horak. Es brauche Kostenwahrheit beim Treibhausgasaustoß. Besonders in der Mobilität könne viel reguliert werden. Für Horak gilt: "Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten." Trotzdem müsse man immer abwägen, denn neue Brücken können zum Beispiel auch Platz für Anpassungen im städtischen Bereich schaffen.
Horak: "Krisen nicht gegeneinander ausspielen."
Trotz der vielen Herausforderungen gibt sich Horak optimistisch, dass die Menschheit die Klimakrise in den Griff bekommen wird: "Wenn wir es schaffen, das Klima zu retten, finden wir auch Lösungen für die anderen Krisen." Deswegen sei es laut ihm besonders wichtig, den Klimawandel nicht wegen anderen Problemen in den Hintergrund zu drängen. Am Ende würde nämlich alles zusammenhängen.
Klimaspaziergang des Klimabündnis
Wer sich für die Auswirkungen des Klimawandels in Linz interessiert, kann sich etwa bei einem Klimaspaziergang des Klimabündnisses informieren. Dieser wird im Rahmen des EU-Projektes KlimaAlps gemeinsam mit anderen Initiativen organisiert. Auf einer interaktiven Karte online sind verschiedene Routen und Stationen eingezeichnet. Der Spaziergang bietet eine gute Möglichkeit, sich mit allen Sinnen mit dem Klimawandel in Linz befassen.
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