Interview
"Die FPÖ ist der einzige Fels in der Brandung"

Gesundheitsstadtrat Michael Raml unterstützt die Aufhebung der Quarantäne-Regelungen durch die Bundesregierung. | Foto: BRS/Diabl
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  • Gesundheitsstadtrat Michael Raml unterstützt die Aufhebung der Quarantäne-Regelungen durch die Bundesregierung.
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Stadtrat Michael Raml (FPÖ) im Sommergespräch über Wahlniederlagen, die Teuerung, Corona, Hitze und Russland.

LINZ. Michael Raml ist Stadtrat und steht seit dem Rückzug von Markus Hein an der Spitze der Linzer FPÖ.

Wie ist Ihre Bilanz über das abgelaufene Gemeinderatsjahr?
Raml: Der Gemeinderat ist insgesamt gesellschaftspolitisch deutlich weiter nach links gerückt, inklusive der ÖVP, die mittlerweile einen anderen Kurs fährt. Die FPÖ ist der einzige Fels in der Brandung, wenn es um eine traditionsbewusste und sichere Heimatstadt geht.

Die FPÖ war der große Verlierer der Gemeinderatswahl. Die Aufarbeitung müsste mittlerweile erfolgt sein. Woran ist hat es gelegen?
Ich bin überzeugt, dass wir in der letzten Periode eine sehr konstruktive Kraft in Linz waren, aber auch den Finger in die Wunde gelegt haben, wenn es darum gegangen ist, Probleme anzusprechen. Wir haben tolle Erfolge erzielen können, wie die Aufwertung des Ordnungsdienstes oder den raschen Bau der neuen Eisenbahnbrücke. Leider ist diese Arbeit bei der Wahl nicht so belohnt worden, wie wir uns das erhofft haben. Ich bin aber zuversichtlich, dass das bei der nächsten Wahl wieder anders aussieht. 

Tut sich die FPÖ als klassische Oppositionspartei schwer, Erfolge in der Regierungsarbeit in Wahlerfolge umzumünzen?
Bei jeder Wahl gibt es verschiedene Einflüsse. Bürgermeister Andreas Rabl zeigt in Wels sehr wohl, dass die FPÖ in Regierungsverantwortung erfolgreich sein kann. 

Der Gemeinderat ist bunter als zuvor. Wie sehen Sie die FPÖ im freien Spiel der Kräfte?
Wir leisten verlässliche Ressortarbeit, bringen uns aber auch in anderen Bereichen, etwa im Verkehr ein, wo auf unseren Antrag hin ein Verkehrskonzept für Großveranstaltungen beschlossen wurde.

"Es kann zu einer blauen Überraschung kommen"

Die Linzerin Susanne Fürst wurde lange als blaue Bundespräsidentschaftskandidatin gehandelt. Hatte Sie Ihre Unterstützung?
Die Entscheidung ist in Wien vom Bundesparteiobmann und dem Bundesparteivorstand getroffen worden. Susanne Fürst war sicher eine gute Option, ich glaube aber, dass Walter Rosenkranz der geeignetste Kandidat war und bin überzeugt, dass er gute Chancen hat. Es kann wirklich zu einer blauen Überraschung kommen.

Michael Raml ist seit der Gemeinderatswahl der einzige FPÖ-Vertreter in der Stadtregierung. | Foto: BRS/Diabl
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Sie gelten als Personalreserve für die Landes-FPÖ. Wäre das eine Option?
Ich sehe meinen Platz derzeit ganz klar in der Landeshauptstadt. Ich mache das wirklich aus voller Überzeugung, habe da neue Herausforderungen, weil ich seit Jänner auch Bezirksparteiobmann bin. Ich kann aber nicht sagen, wo ich in zwanzig Jahren sein werde. 

Wo sehen Sie politischen Handlungsbedarf in Linz?
Das große Thema ist derzeit die Teuerung. Aber nicht zu vergessen der Integrationsbereich. Wir haben in Linz seit vielen Jahren Integrationsversäumnisse und die FPÖ fordert ein Umdenken, auch im Integrationsbüro. 

"Energiesparen ist richtig und wichtig"

Welche Maßnahmen wollen Sie beim Energiesparen setzen?
Energiesparen ist richtig und wichtig, auch in Nichtkrisenzeiten. Ich habe im Jänner einen Antrag für eine smarte, also intelligente Beleuchtung eingebracht. Das Licht wird in der Nacht auf 15 Prozent heruntergedimmt, erkennt aber durch Bewegungssensoren, wenn jemand kommt und dimmt wieder auf. Damit vereint man Sicherheit mit Energiesparen. Die aktuelle Symbolpolitik sehe ich kritisch.

Die FPÖ gilt als vehementer Gegner von Geschwindigkeitsbegrenzungen. Wenn man das schon nicht für die Bekämpfung der Klimakrise tun will, so vielleicht jetzt, damit die Wohnungen im Winter warm bleiben?
Wir müssen die Ursachen dieser Energiekrise bekämpfen und die sind eine falsche Politik auf europäischer Ebene. Selbstverständlich ist der Angriffskrieg Russlands zu verurteilen, aber ich halte es für brandgefährlich, verantwortungslos, ja sogar schwachsinnig, dass man Sanktionen verhängt, die dem eigentlich Sanktionierten weniger weh tun als dem eigenen Land. Die Energiekrise ist künstlich erzeugt und dagegen wehre ich mich. Das sehen auch weite Teile der Wirtschaft so.

"Ich bin absolut gegen Waffenlieferungen"

Was wäre denn eine angemessene Reaktion auf den Angriffskrieg?
Die Bundesregierung hat es leider verabsäumt, Österreich von Beginn an als neutralen Verhandlungsboden anzubieten. Dieser Krieg kann nur am Verhandlungstisch gelöst werden. Ich bin auch absolut gegen Waffenlieferungen, das verlängert das Leid der ukrainischen Bevölkerung. 

Die Teuerung dürfte sich im Herbst noch verschärfen. Was kann und soll die Stadt tun?
Erstens darf die Linz AG keinen Gewinn aus der Krise machen. Zweitens dränge ich auf eine Reform des Aktiv-Passes. Man muss die Einkommensgrenze hinaufsetzen, etwa auf 1.500 Euro, gleichzeitig aber die deutsche Sprache und einen mehrjährigen Aufenthalt in Linz als Voraussetzung einführen.

Michael Raml will den Aktiv-Pass reformieren und das Erlernen der deutschen Sprache als Voraussetzung verankern. | Foto: BRS/Püringer
  • Michael Raml will den Aktiv-Pass reformieren und das Erlernen der deutschen Sprache als Voraussetzung verankern.
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Hat sich die Koppelung der Wohnbeihilfe auf Landesebene bewährt. Lernen jetzt mehr Menschen Deutsch?
Das müssen Sie das Ressort Haimbuchner fragen, aber ich bin überzeugt, dass das der richtige Zugang ist, um Leute auszusieben, die kein Bemühen zur Integration zeigen. Deutsch muss die Grundvoraussetzung für jede Sozialleistung sein.

Die Stadtsenatsmitglieder wurden angehalten, ihre Budgets zu durchforsten und Mittel für Teuerungs-Hilfe freizumachen. Sind Sie schon fündig geworden?
Natürlich habe ich mein Ressort durchforstet, es umfasst aber wirklich Kernaufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge, wie Feuerwehr oder der Gesundheitsbereich. Das Einzige wären die Städtekontakte, aber da habe ich ein Jahresbudget von 20.000 Euro für die Betreuung von 20 Partnerstädten. Da wird man nicht groß fündig werden. Wir haben aber Luxusausgaben in der Stadt, die wir durchforsten müssen, wie den Kulturbereich, vor allem das Lentos. 

Woher soll das Geld noch kommen?
Die Stadt hat vom Bund 1,9 Millionen Euro für eine Impfkampagne überwiesen bekommen, die sollte man für einen Hilfsfonds verwenden.

"Corona hat sich massiv verändert"

Hat sich Corona für Sie als Gesundheitsstadtrat eigentlich erledigt?
Corona hat sich gerade in den letzten Monaten durch die neuen Varianten massiv verändert und ist zum Teil wirklich ein Erkältungsvirus mit fast ausschließlich sehr milden Symptomen geworden. Eine Glaskugel besitze ich auch nicht. Ich begrüße aber die Grundsatzentscheidung der Bundesregierung, die Quarantäne zu beenden, weil so ein massiver Grundrechtseingriff unbedingt verhältnismäßig sein muss. Für mich gilt: Wer krank ist, bleibt zu Hause und wer gesund ist, kann auch arbeiten gehen. 

Den Linzer Weg, den Bürgermeister Luger ausgerufen hat, unterstützen Sie nicht?
Man muss unterscheiden: Zu was verpflichtet mich der Staat und was entscheidet das jeweilige Unternehmen. Es ist eine freie Entscheidung des Linzer Magistrats, dass er nicht möchte, dass Infizierte in die Arbeit gehen, auch wenn sie symptomlos sind. Wenn sich das Magistrat das leisten kann, dann ist dieser Weg legitim. 

FPÖ-Landesrat Haimbuchner ist im vergangenen Jahr immer wieder auf Distanz zu Kickls Corona-Kurs gegangen. Wo stehen Sie?
Der Weg war insgesamt ein einheitlicher Richtung Freiheit und Eigenverantwortung, mit ein paar verschiedenen Phrasierungen. Mein Weg als Gesundheitsstadtrat war immer, die Corona-Krankheit nicht künstlich herab- oder hinaufzuspielen, sondern da einfach einen Weg mit Hausverstand zu gehen.  

"Impfen ist eine höchst individuelle Entscheidung"

Immerhin haben Sie und Haimbuchner im November gesagt, es sei sinnvoll, sich zu impfen. Bleiben Sie dabei?
Das Thema Impfen ist eine höchst individuelle Entscheidung. Das muss jeder für sich selbst entscheiden und dabei bleibe ich auch. 

Bleibt die Impfempfehlung?
Wenn jemand eine Impfung überlegt und Zweifel hat, soll er zu seinem Arzt des Vertrauens gehen.  

"Man hat zu wenig Ärzte ausgebildet"

Es gibt im Gesundheitsbereich massive Personalprobleme. Wie kriegt man das in den Griff?
Verschobene Operationen hat es schon viel länger gegeben. Im KUK fehlen scheinbar heute noch um die 20 Anästhesisten und das nicht wegen Corona. Man hat zu wenig Ärzte ausgebildet. Wir brauchen mehr Studienplätze und neue Arbeitsmodelle für Mediziner in Österreich, neue Vertragsmodelle, mehr Unterstützung in der Organisation. Und den Pflegeberuf hat man über viele Jahre vernachlässigt, auch was das Image und die Entlohnung betrifft. 

Kann das ohne Fachkräfte aus dem Ausland gehen?
Das Wichtigste wäre, österreichische Familien zu fördern, damit sie sich wieder mehr Kinder leisten können. Qualifizierte Zuwanderung soll aber natürlich weiter ermöglicht werden. 

Gesundheitsstadtrat Michael Raml unterstützt die Aufhebung der Quarantäne-Regelungen durch die Bundesregierung. | Foto: BRS/Diabl
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Wo soll die Stadt ansetzen, um etwas gegen die Klimakrise zu tun?
Die Stadt und alle Linzer können einen Beitrag leisten, in dem man noch stärker auf regionale Lebensmittel zurückgreift und damit lange Transportwege vermeidet.   

Die Hitze ist ein Gesundheitsrisiko. Was empfiehlt der Gesundheitsstadtrat?
Man sollte zum Beispiel die Hitze tagsüber gar nicht hereinlassen, in dem ich in der Früh die Rollladen runtergebe.  

"Ich bin gegen Symbolpolitik"

Warum haben Sie die Baumpflanzungen im Rathausviertel nicht unterstützt?
Der günstigste und sinnvollste Weg wäre, dass man den Menschen die bestehenden Parks als Erholungsflächen anbietet und nicht nur Randgruppen. Daher habe ich auch die neue Schutzverordnung für die städtischen Parks und Grünanlagen auf den Weg gebracht. Bäume pflanzen, ja, selbstverständlich. Ich bin aber gegen eine Symbolpolitik, dass man 50 Minibäume um 800.000 Euro hinstellt.

Wie stehen Sie zu Gratis-Öffis?
Die Linz Linien haben jetzt schon ein jährliches Defizit von 40 Millionen Euro. Den Wunsch nach Gratisleistungen verstehe ich, ich sehe nur nicht, wie man das finanzieren soll.

Im Frühling sind viele Geflüchtete aus der Ukraine zu uns gekommen. Wie hat das in Linz und Österreich funktioniert?
Das waren echte Flüchtlinge und keine Wirtschaftsmigranten, zum größten Teil Frauen und Kinder. Für mich war klar, dass wir die auch unterstützen. Es sind dann weit nicht so viel gekommen, wie prognostiziert wurde und wir haben mit ihnen in Linz kein Problem. 

"Ich war noch nie in Russland"

Gibt es die Russland-Connection in der Linzer FPÖ noch?
Ich war noch nie in Russland, glaube aber trotzdem, dass Russland in den letzten Jahrzehnten ein verlässlicher Lieferant von Energie war und sehe daher diese Sanktionen umso kritischer. 

Angesichts der vielen Krisen, vor allem aber der Klimakrise. Kriegt die Menschheit das noch hin? Sind Sie in diesem Jahr optimistischer oder pessimistischer geworden?
Natürlich ist es frustrierend, dass man von einer Krise in die nächste gehumpelt ist. Ich bin aber trotzdem ein optimistischer Mensch, aber es braucht eine andere Politik, dann wird es auch wieder besser werden.

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