Elisabeth "Liesi" Löcker
"Als Frau alleine bist du Freiwild"

Elisabeth Löcker. Im Lungau nennt man sie schlicht "Liesi". | Foto: Peter J. Wieland
  • Elisabeth Löcker. Im Lungau nennt man sie schlicht "Liesi".
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"Als Frau alleine bist du Freiwild", sagt Lungaus Frauen-Netzwerk-Obfrau Liesi Löcker bei uns im Interview.

ST. MARGARETHEN. Sie sind die Obfrau des Lungauer Frauen Netzwerkes. Was motiviert Sie, sich im Frauen Netzwerk zu engagieren?
ELISABETH LÖCKER:
"Vor 17 Jahren haben wir Frauen das Lungauer Frauen Netzwerk gegründet, weil es für uns wichtig war, Verbündete zu haben. Als Frau alleine bist du Freiwild. Ich trau mich zu sagen, wenn es das Lungauer Frauen Netzwerk nicht gäbe, hätten wir auch keinen Biosphärenpark im Lungau. Es war eine Gruppe Frauen um mich herum, die diese Chance für unsere Region sofort erkannte. Die männlichen Entscheidungsträger mussten erst dazu aufgefordert werden und das ziemlich lange, bis wir so viel Druck aufbauen konnten, dass unser Anliegen geprüft und für gut befunden wurde.
Viele Aktionen von mir, wie zum Beispiel die Kandidatur als Bürgermeisterin in St. Margarethen 2009 konnte ich gut durchstehen, weil die Frauen im Netzwerk mir den Rücken stärkten. So möchte das Netzwerk auch weiter Lungauer Frauen den Rücken stärken."

Wie viele Frauen sind beim Frauen Netzwerk aktiv engagiert?
LÖCKER:
"Das Lungauer Frauen Netzwerk hat zirka 70 Mitgliedsfrauen, davon sind zehn Frauen im Vorstand: wir nennen es Kernteam, die sich regelmäßig treffen, das Programm erarbeiten und bei Veranstaltungen mithelfen. Angestellt haben wir eine Geschäftsführerin und eine Team-Assistentin. Unsere Treffen sind arbeitsintensiv, lustig und sehr bereichernd, weil hier Frauen aus verschiedenen Bereichen ihre Perspektiven einbringen. Ich mag das zielgerichtete Arbeiten in Frauengruppen, da geht es ums Thema und nicht um die Egos."

"Im Regionalverband sitzen nur Männer, Frauen sind mindestens so gut als Führungspersonen, wir sind es nur nicht gewohnt, dass Frauen Bürgermeisterinnen sind. Das müssen wir lernen – Frauen wie Männer."
Elisabeth Löcker, Power-Frau aus dem Lungau

Sie sind Biobäuerin. Was ist in diesem Beruf die Quelle Ihrer Motivation?
LÖCKER:
"Die Natur ist etwas Wunderbares, sie schenkt uns so viel, und es gibt so viel zu entdecken, so viel zu lernen, die Natur ist viel klüger als unser kleiner Menschenverstand. Die Verbindung zum Boden, zur Natur, zum Wetter ist eine viel stärkere als in anderen Berufen. Wie schön ist es doch, ernten zu dürfen. Einen Silo voller Getreide zu haben, zu wissen, das ist unser Brot, ist Reichtum für mich. Ich kann die besten Lebensmittel unverfälscht erzeugt und ohne Verpackung und Transport genießen.
Motivierend ist für mich das eigenständige Arbeiten und Entscheiden. Auch aus einer sehr kleinen Landwirtschaft, wie wir sie betreiben, kann man Großes hervorbringen. Viele glauben, wir haben einen Riesenbetrieb und sind erstaunt, wenn sie erfahren, wie klein unsere Landwirtschaft ist."

Sie sind eine von zwölf AnbieterInnen im Geschäft „kuh“. Ist das „kuh“ in den letzten Jahren eigentlich eine Art Frauentreffpunkt in Tamsweg geworden? Kann dieser Fremd-Eindruck stimmen?
LÖCKER:
"Ja, es kommen sehr viele Frauen ins "kuh". Manche auch zwischendurch, um einmal eine Runde zu drehen und das angenehme Flair des Geschäftes zu genießen und sich Inspiration für die nächsten Geschenke zu holen. Die Waren, die hier angeboten werden, stellen die Frauen selber her, vom Kräuterwissen bis hin zur handgenähten Kinderkleidung; da steckt sehr viel positive Energie in den Waren. Viele Frauen verschenken gerne Selbstgemachtes, wer keine Zeit oder Talent dazu hat, kann sich das im "kuh" holen.
Wir Frauen plus ein Mann stehen selber im Geschäft und können die KundInnen beraten. Es ist eine tolle Gruppe, die Freude hat, gemeinsam zu arbeiten und das spüren die KundInnen."

Sie sind eine politisch denkende Frau. Für welche Frauen-spezifischen Probleme im Lungau braucht es noch Lösungen?
LÖCKER:
"Es gibt noch viele Anliegen im Frauenbereich, die noch behandelt werden müssen; von der Gewalt in Familien bis zur Armut, die für Frauen am Land sehr viel schwieriger ist, weil hier jeder jeden kennt.
Eines meiner wichtigsten Anliegen ist es, das Frauenbild zu verändern, Frauen leisten so viel für die Region und haben so wenig Mitsprache. Im Tourismus arbeiten so viele Frauen maßgeblich und die Männer schaffen an und nicht immer zum Wohl der Region, sondern da geht oft nichts mehr, weil die Gedanken so eng sind. Im Regionalverband sitzen nur Männer, Frauen sind mindestens so gut als Führungspersonen, wir sind es nur nicht gewohnt, dass Frauen Bürgermeisterinnen sind. Das müssen wir lernen – Frauen wie Männer! Der Jammerei der Parteipolitiker, dass sie keine Frauen für ihre Listen finden, kann ich gar nichts abgewinnen. Wenn es Praxis wird, die besten Köpfe für eine Gemeinde aufzustellen, finden sich genügend Frauen, da bin ich mir sicher. Frauen müssen nach vorne, weil sie was können und nicht weil sie Frauen sind."

Man sagt ja gerne, Frauen seien den Männern gegenüber oftmals benachteiligt. Drehen wir den Spieß mal um: Was meinen Sie, wo sind Frauen den Männern gegenüber im Vorteil?
LÖCKER:
"Da gibt es viele Vorteile, als Beispiel sind Frauen jene, die im sozialen Gefüge, im täglichen Miteinander, die Fäden ziehen. Sie managen das tägliche, vor allem private Leben von Partnerschaften und Familien. Es gibt ja den Spruch: 'Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine kompetente Frau'. Frauen können das alles, sie brauchen sich nicht hinter ihren Männern verstecken. Viele Vorteile wie, dass Männer die Zeche bezahlen, dass Frauen den Vortritt erhalten und vieles mehr – die früher üblich waren – haben sich heute schon verändert; und das ist gut so."

>> Umfrage für dich zum Mitmachen, wenn du magst:

Welche Ziele haben Sie derzeit, an welchen Dingen sind Sie derzeit persönlich dran?
LÖCKER:
"Einmal das Ziel, unseren Bauernhof möglichst gut aufzustellen, um diesen in einigen Jahren an die nächste Generation weitergeben zu können. Regional haben mein Mann und ich uns zum Ziel gemacht, den Lungau giftfrei zu machen – kein Einsatz mehr von Pestiziden in Landwirtschaft und öffentlichem Raum, das wäre ein toller Marketing-Punkt für den Biosphärenpark und natürlich für die Natur ein großer Vorteil, weil wir ja schon die besten Voraussetzungen haben. Es ist uns gelungen, das Projekt 'Insekten-Leben' in den Lungau zu holen. Hier gibt es gerade Schulungen für Gemeinden und Bauhof-MitarbeiterInnen. Wenn wir die Natur verstehen, können wir sie erhalten, mit allen Mitlebewesen, die um uns herum kreuchen und fleuchen. Denn, wenn die Umwelt mit ihren Wildtieren und Pflanzen so gedrängt wird, fördert das auch Krankheiten, wie die jetzige Coronapandemie zeigt."

Gibt es etwas, das kaum jemand über Sie weiß, das aber erzählenswert wäre?
LÖCKER:
"Was mich sehr bewegt und gefreut hat, war die Verleihung des ersten Annemarie Indinger-Preises vor zwei Jahren. Diese Anerkennung in Verbindung mit einer so großen Vordenkerin für den Lungau, darauf bin ich schon stolz."

Wenn Sie gerne noch ein persönliches Statement anbringen wollen, dann räume ich Ihnen an dieser Stelle gerne Platz dafür ein!?
LÖCKER:
"Wir müssen wissen, dass Geld nur ein Tauschmittel ist, um das Leben einfacher zu machen, Geld darf nie Lebenssinn und -zweck werden. Die Welt ist rund, und alles was wir auf die eine Seite auslagern, kommt auf der anderen Seite wieder zurück. Wenn wir Achtung vor der Natur und ihren Wesen haben, können alle ihr Bestes einbringen. Frauen, Männer und alle mittendrin, genauso wie Tiere und Pflanzen, dann kann sich der Kreislauf schließen."

>> Weitere Artikel von Peter J. Wieland findest du >>HIER<<

>> Mehr Lungau-News findest du >>HIER<<

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