Archäologen stoßen in Ramingstein auf wertvolle Funde
Eines der ältesten Bauernhäuser in Salzburg – die "Rainerkeusche" – wird vor seiner Übersiedelung ins Freilichtmuseum auf Fundstücke untersucht; bereits jetzt kam so mancher Schatz zum Vorschein.
RAMINGSTEIN. Die "Rainerkeusche" in Ramingstein ist eines der ältesten Bauernhäuser des Landes Salzburg; sie soll ins Freilichtmuseum nach Großgmain übersiedelt werden. Nach Übertragung und Sicherung der baulichen Bestandteile soll das Objekt im nächsten Jahr im Bereich "Lungau" wieder errichtet und im Herbst 2018 als neue Attraktion wieder eröffnet werden; doch zuvor wird das historische Gebäude auf Fundstücke bis ins 15. Jahrhundert zurück untersucht.
Bereits einige hochwertige Fundstücke
Insgesamt fünf Archäologen graben bereits seit zwei Wochen im Inneren des alten Bauernhauses in Ramingstein in der Hoffnung, auf einige historische Fundstücke zu stoßen. Alte Ofenkacheln aus dem 17. Jahrhundert, ein Nürnberger Rechenpfennig oder etwa ein Schlüssel für eine Taschenuhr aus dem 18. Jahrhundert konnten bereits sichergestellt werden, wie das Landes-Medienzentrum informierte. "Ich bin fasziniert, welche Schätze in diesem alten Bauernhaus aus dem Jahr 1482 bereits gefunden wurden", sagt Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn. "Bevor dieses Haus ins Freilichtmuseum übersiedelt, wird eine sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Dokumentation erstellt. Die Fundstücke, aber auch die Archivrecherche, geben Rückschlüsse auf das Leben der Menschen in diesem Haus und ihre Geschichten. Und genau diese Geschichten gilt es jetzt festzuhalten, damit die Besucherinnen und Besucher dann später im Freilichtmuseum einen besseren Einblick in das Leben und die damaligen Verhältnisse bekommen."
Sehen Sie hier ein Video, welches das Landes-Medienzentrum Salzburg zur Verfügung gestellt hat:
Viele Experten sind beteiligt
Dieses archäologische Rechercheprojekt findet unter der Leitung des Salzburger Freilichtmuseums in Kooperation mit dem Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit sowie der Universität Salzburg statt und sei laut den Ausführungenen seitens des LMZ "aktuell ein für Salzburg und darüber hinaus höchst innovatives Projekt"; denn: Erstmals wird bei der Übertragung eines Bauernhauses in das Freilichtmuseum die Bau- und Nutzungsgeschichte auf breiter wissenschaftlicher Basis und mit modernsten Dokumentationsmethoden erarbeitet.
Errichtung des Hauses im Lungau um 1482
Die "Rainerkeusche" bildet als vergleichsweise kleines Wohnhaus in Holzbauweise zwar auf den ersten Blick ein Kontrastprogramm zu den großen Höfen, die im Freilichtmuseum zu bewundern sind, besticht aber durch sein hohes Alter: Mittels dendrochronologischer Altersbestimmung, die über charakteristische Jahresringabfolgen im Bauholz das Fälldatum der Hölzer zu bestimmen vermag, konnte die Errichtung des Hauses um 1482 datiert werden. Damit sei die "Rainerkeusche" eines der ältesten datierten bäuerlichen Wohngebäude auf dem Gebiet des Bundeslands Salzburg, welches noch in seiner ursprünglichen Dimension erhalten ist. Das fasste das LMZ zusammen.
Lässt Schlussfolgerungen auf damals zu
Mit seiner mehr als 500-jährigen Geschichte biete es hervorragende Möglichkeiten, die Nutzungen eines derartigen kleinbäuerlichen Anwesens und damit die Lebensumstände seiner Bewohnerinnen und Bewohner vom Spätmittelalter bis in die jüngste Zeit nachzuzeichnen. Um diesem Ziel gerecht zu werden, arbeiteten in enger wechselseitiger Abstimmung die Fachleute des Freilichtmuseums mit Spezialistinnen und Spezialisten aus den Bereichen Restaurierung und der Archäologie zusammen. Die wissenschaftlichen Voruntersuchungen werden vom Bundesdenkmalamt, Abteilung für Archäologie, sowie mit Geldern des Freilichtmuseums finanziert, heißt es in der LMZ-Mitteilung weiter.
Völlige neue Erkenntnis-Qualität
Während die restauratorischen Befundungen bereits Ende September abgeschlossen wurden, laufen seit 25. September bis einschließlich 13. Oktober die archäologischen Untersuchungen im Inneren des Hauses. Schicht für Schicht werden die Fußböden sowie die im Boden erhaltenen Reste älterer Einbauten abgetragen und mit den Erkenntnissen aus der bauhistorisch-restauratorischen Analyse in Beziehung gesetzt.
"Dass hier erstmals die bauhistorischen Untersuchungen im Vorfeld und als Begleitung der Abtragung dieses Bauernhauses vom Salzburger Freilichtmuseum gemeinsam mit Archäologinnen, Restauratoren und dem Bundesdenkmalamt durchgeführt werden, führt den Erkenntnisgewinn zu einer völlig neuen Qualität. Diese Analysen lassen uns nun noch tiefer in die Lebensgeschichten vergangener Jahrhunderte blicken, werfen aber gleichzeitig auch neue Fragen auf", so Museumsdirektor Michael Weese.
Überraschende Ergebnisse
Auch wenn derzeit die Grabungen voll im Gang sind, zeichnen sich schon erste überraschende Ergebnisse ab, was die jüngere Nutzungsgeschichte betrifft – das LMZ fasst zusammen: Während die Bezeichnung "Rainerkeusche" sowie die archivalische Überlieferung eher auf eine Behausung für Personen aus den unteren sozialen Schichten auf dem Land, wie einfachen Land- oder Waldarbeitern, schließen lässt, zeigt die Ausstattung der Stube mit mehrphasigen farbigen Schablonenmalereien, dass zumindest in der Wohnkultur versucht wurde, an die Standards höherer Bevölkerungsschichten anzuschließen. Darauf lassen auch entsprechende Funde, wie Fragmente von Mineral- oder Heilwasserflaschen des 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts oder ein Schlüssel für eine Taschenuhr schließen. Auch für das 17. Jahrhundert liegen Fundobjekte vor, die diesen Eindruck auch für diesen Zeitraum verstärken: Während Fragmente von Ofenkacheln mit Hirschdarstellung auf entsprechende Beheizbarkeit eines Stubenofens mit repräsentativer Ausstattung schließen lassen, gibt der Fund eines sogenannten "Rechenpfennigs" aus Nürnberg Auskunft darüber, dass zumindest ein Bewohner über komplexere rechnerische Fähigkeiten verfügte, die mittels dieser geprägten, münzartigen Stücke auf linierten Tüchern, Brettern oder Tischplatten durchgeführt wurden.
Transdisziplinäre Betrachtung
Das Projekt "Rainerkeusche" schafft nicht zuletzt durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Museum und der Universität Salzburg unter Einbeziehung verschiedener Fachdisziplinen neue Standards für die Zusammenarbeit von Freilichtmuseen, universitärer Forschung und Denkmalpflege und ist somit wegweisend für den zukünftigen Umgang mit den letzten baulichen Zeugen einer vergangenen bäuerlichen Welt.
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