Bezirk Mattersburg
Aus Internet-Liebe wurde toxische Gewalt-Beziehung
Eine Internet-Beziehung mit toxischen Auswüchsen. In der anfängliche Liebe zu roher Gewalt mutierte. Mit Polizei-Einsatz, Wegweisung und Kontaktverbot. Sie attraktiv, zierlich, schüchtern. Er ein 186 cm großer Schlosser. Der mit Verharmlosungs-Floskeln im Landesgericht Eisenstadt sowohl Opfer-Anwältin als auch Richterin herausforderte...
BEZIRK MATTERSBURG. Elf Monate dauerte diese Liaison. Wohnte der 36-jährige Niederösterreicher, arbeitslos, ledig, bei seiner übers Internet kennengelernten Traumfrau. 38, Ungarin, fleißige Pflegeassistentin mit Wohnsitz im Bezirk Mattersburg, geschieden und zweifache Mutter. Was mit Romantik und Idylle begann, wandelte sich Monat für Monat immer mehr zu einer eskalierenden Beziehung. Mit steigender Intensität. Von verbalen Auseinandersetzungen. Demütigungen. Streit. Schubsern. Über Handgreiflichkeiten wie Haare reißen. Hals packen - bis hin zu Gewaltexzessen mit Prügel und Schlägen. Mündend mit Verletzungen beim Showdown und Eklat am 7. November 2022.
Schlafzimmertüre aufgebrochen
Der Angeklagte stellte seine brutalen Aktionen generell als Reaktion auf Fehlverhalten seiner Freundin dar. Immerhin sei sie es gewesen, die ihn attackiert hatte. Er wollte ihr lediglich zeigen, dass nicht richtig ist, was sie da tut. „Wenn sie mich an den Haaren gezogen oder am Hals gepackt hat - dann hab ich das auch bei ihr gemacht!“ „Warum ist der Streit im November so eskaliert?“, wollte Richterin Birgit Falb wissen. „Sie hat sich im Schlafzimmer eingesperrt. Da habe ich die Türe aufgebrochen!“ „Was heißt aufgebrochen?“ „Bin mit meiner Schulter dagegen!“ „Aha. Wie im Film... Und warum haben sie das getan?“ „Weil sie mir meine Rauchsachen weggenommen hat und die drinnen gelegen sind!“
Nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen
Die Vorsitzende verwundert: „Deshalb zertrümmerten sie die Türe? Ich habe hier Fotos im Akt - die Türe schaut wüst aus!“ „Ich sehe nicht ein, wenn man mir was wegnimmt!“ „Wohl eine Überreaktion, oder?“ „Nein, ich wollte meine Sachen!“ „Wie ging es dann weiter?“ „Sie stand in der Türe und hat mir den Weg versperrt. Da bin ich vorbeigegangen!“ Die Anwältin des Opfers, Mag. Andrea Posch: „Ohne Schubser. Einfach vorbei, obwohl sie offensichtlich zornig waren?“ „Ich war nicht zornig!“ „Sie treten die Türe ein und waren nicht in Rage?“ „Nein!“ „Sorry. Ich bin ja nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen. Das können sie wem anderen erzählen!“
Keine Ohrfeigen, nur ihre Wangen abgeklopft
„Hören sie. DAS IST DOCH UNGLAUBWÜRDIG“, fauchte die exzellente Richterin dazwischen. „Warum?“ „Es wäre ehrlicher, wenn sie zugeben, dass sie sich zumindest geärgert haben!“ „Na sicher hab ich mich geärgert. Aber ich war nicht wütend...!“ Auf weitere Verharmlosungen konterte die Opfer-Anwältin mit „Unrealistisch“ und „völlig lebensfremd!“ Als mehrere Watschn ins Gesicht der Ungarin thematisiert wurden, erklärte der Angeklagte: „Das waren keine Ohrfeigen. Ich habe ihr nur die Wangen abgeklopft und gesagt, sie soll sich beruhigen, weil sie hysterisch gewesen ist!“
Was ist das für ein Schwachsinn?
Auf diese Argumentation polterte die Vorsitzende: „Wangen abklopfen. WAS IST DAS FÜR EIN SCHWACHSINN?“ Und weiter: „Gestritten wird in jeder Beziehung. Aber bei körperlichen Übergriffen ist bei mir der Ofen aus!“ „Aber sie darf auf mich losgehen... Pfau!“ „NEIN. Beide haben das nicht zu machen!“ Im Zuge weiterer Befragungen schilderte der Schlosser, dass er sich auf die Ellbogen seiner am Boden liegenden Freundin gekniet hat, „damit sie mich nicht verletzt!“ Schließlich lenkte der Mann doch ein. Gestand Fehler, übernahm zumindest teilweise Verantwortung und erklärte, dass es ihm leidtut. Eine Entschuldigung beim anwesenden Opfer im Gerichtssaal wurde allerdings zur Farce, weil der Angeklagte dabei grinste. „Wenn schon, dann ernstgemeint!“, so die Richterin kopfschüttelnd.
Er war ein Häferl und kam als Monster zurück
Zu ihrer toxischen Beziehung befragt, sagte die Krankenpflegerin: „Ich wollte schon früher, dass er aus meiner Wohnung auszieht. Aber er wollte nicht gehen, weil er sagte, er wisse nicht, wohin er soll. Er ist kräftiger als ich!“ Dann berichtete sie über Hämatome im Gesicht. Prellungen. Zerrungen. Um weinend fortzufahren: „Mein ganzer Körper war grün und blau. Sieht man alles auf den Fotos, die von der Polizei gemacht worden sind. Ich bin von mir selbst enttäuscht, dass ich das zugelassen habe!“ Im Zeugenstand schilderte sie abschließend: „Mein Freund war ein Häferl. Schnell zornig. Von 0 auf 100. Wenn er die Stiegen runter ist, war alles in Ordnung. Wenig später kam er als Monster zurück!“
Diversion mit Geldstrafe und Schmerzensgeld
Die Frau, von ihrem zwischenzeitlichen Ex-Freund im Rahmen der Eklat-Streiterei der Körperverletzung beschuldigt, wurde von der Richterin freigesprochen. Unter Hinweis auf ein bestehendes Kontaktverbot sagte sie zum Angeklagten: „Ich will ihnen eine Chance geben, da sie gerade einen Job gefunden haben. Im Rahmen einer Diversion bezahlen sie 480 Euro Geldstrafe und 240 Euro Schmerzensgeld. Eine zweite Chance bekommen sie nicht!“ Während der Schlosser den Spruch annahm, gab die Staatsanwältin keine Erklärung ab. Daher nicht rechtskräftig.
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