Mattersburg
Erinnerungen an Martin (5), der bei Kindergartenausflug ertrank

Aufgeweckt. Musikalisch. Lebhaft. Martin, ein fünfjähriger Bub, der gerne in den Kindergarten ging. In Walbersdorf bei Mattersburg. Betreut von einer Integrationspädagogin. Denn der Knirps war Autist. Mit besonders ausgeprägter Intelligenz. Emphatisch und impulsiv zugleich. Deshalb bei Ausflügen besonders aufsichtsbedürftig. Wie es dem Kind im Februar gelang, zwei Betreuerinnen davonzulaufen, wird von Kriminalisten noch untersucht. Martin ist, wie berichtet, in einem Biotop ertrunken.

WALBERSDORF. Martin und Miro kamen als Zwillinge auf die Welt. Entwickelten ein starkes Eigenleben. „Bis wir feststellten, dass unsere Buben nicht ganz in das klassische Kinderbild passten. Also gingen wir zu einem Kinderarzt. Der beruhigte uns dahingehend, dass die Entwicklung bei Zwillingen etwas länger braucht und wir als Eltern nicht überbesorgt sein sollten, also eh alles in Ordnung ist“, so Monika, die Mama von Martin und Miro, die damals zwei Jahre alt waren.

Mama Monika, Martin, Papa Martin, Jozefina, Miro (v.l.). Eine fünfköpfige, glückliche Familie trotz Autismus-Diagnose bei den Zwillingen. | Foto: Privat
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Autismus-Diagnose bei den Zwillingen

„Als die Buben mit 3 Jahren in einen Kindergarten im Bezirk Oberpullendorf kamen, hielten sie es dort nur 2 Stunden aus. Mehr schafften sie nicht. Zu Hause reichten ihnen zwei Stunden Schlaf. Alles eigenartig. Daraufhin ließen wir ein medizinisches Gutachten erstellen. Ende 2021 erhielten wir die Diagnose ,frühkindlicher Autismus‘. Bei beiden. Für uns ein riesiger Schock! Anfangs. Dann lernten wir, als fünfköpfige Familie damit zu leben!“ Das konnten aber nicht alle unsere Freunde, resümiert Monika. „Also trennten wir uns von all jenen Menschen, die mit unseren Autismus-Zwillingen nicht umgehen konnten. Und zogen nach Mattersburg, weil es hier im Ortsteil Walbersdorf einen geeigneten Integrations-Kindergarten gab!“

Martin liebe Musik. Spielte Mundharmonika, Trompete, Schlagzeug und vieles mehr. | Foto: Privat
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Mit einem Bussi von Martin verabschiedet

Da fühlten sich die beiden Buben pudelwohl. Blieben von 8 bis 12.30 Uhr im Kreise ihrer Spielfreunde. Auch ihre um ein Jahr ältere Schwester Jozefina ging in denselben Kindergarten. Alles eitel Wonne. Bis zum 20. Februar. „Ein ganz normaler Tag. In der Garderobe gab mir Martin ein Bussi, packte seine Lieblingsbücher, die wir ihm vor drei Monaten gekauft hatten und lief voller Freude in seine Gruppe. Miro und Jozefina auch. Ich bin dann zu meinen Eltern gefahren. Nach einem Kaffee war ich Knabberzeug für ein Faschingsfest im Kindergarten kaufen!“

Das erste selbstgemalte Bild von Martin. | Foto: Privat
  • Das erste selbstgemalte Bild von Martin.
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Habe im Bach nach meinem Sohn gesucht

Um 12.06 Uhr läutete das Handy der Mattersburgerin. „Die angezeigte Nummer war vom Kindergarten. Die Leiterin sagte mir, dass Martin weggelaufen ist. Bei einem Ausflug zur Flurreinigung. Im Bereich der Stierwiese!“ Und weiter: „Wir können ihn nicht finden. Die Polizei ist alarmiert! Daraufhin bin ich ins Auto. Hab meinen Mann und meine Eltern angerufen, die sich sofort auf den Weg gemacht haben. Bis zu deren Eintreffen habe ich, ebenso wie Polizeieinheiten, entlang der Wulka nach Martin gesucht. Bin den Bach teils bauchtief abgegangen. Keine Spur!“

Links hinten die beiden Hügel der Stierwiese. Polizisten und die Mama suchten Martin in der Wulka. Gefunden wurde das Kind in entgegengesetzter Richtung... | Foto: Heigl
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Funknachricht: Bub benötigt dringend Hilfe

Monika weiter: „Dann hab ich für eine Polizistin Martins Haube aus dem Kindergarten geholt, weil sie die für angeforderte Suchhunde benötigt hatte. In diesem Moment kam über Funk die Meldung, dass ein Bub dringend Hilfe benötigt. Hubschrauber und Notarzt sind angefordert!“ Unter Tränen schildert die Frau: „Die Beamtin hat mich an die Fundstelle mitgenommen. Die lag allerdings in entgegengesetzter Richtung zum Bach. Dort hatten wir also umsonst gesucht. Ich bin noch aus dem rollenden Auto gesprungen, weil ich vor einem Haus meinen Martin liegen sah. Jemand machte gerade Herzdruckmassage!“

Der 5-Jährige mit seinen geliebten Handpuppen. | Foto: Privat
  • Der 5-Jährige mit seinen geliebten Handpuppen.
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Seine Augen waren leblos...

„Ich bin auf die Knie gesunken. Habe ,mein Baby‘ geschrien. Dann in seine Augen geschaut. Die waren...“. Nach einer kurzen Pause: „...die waren leblos. Offen. Vom Biotop-Wasser war Martin voll mit Schleim. Ich habe dann, gestützt von meinem Mann und meinen Eltern, auf der Seite gewartet, während sich Sanitäter um ihn gekümmert haben!“ Da der Bub keine messbare Körpertemperatur hatte, war ein Hubschrauberflug nicht möglich. Aus diesem Grund musste Martin mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus nach Wiener Neustadt gebracht werden. „Während der ganzen Fahrt hab ich sein Bein gestreichelt!“

Das letzte Foto mit allen drei Kindern vom 19.2.2023: Miro, Jozefina, Martin (v.l.) | Foto: Privat
  • Das letzte Foto mit allen drei Kindern vom 19.2.2023: Miro, Jozefina, Martin (v.l.)
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Mussten Kindern sagen, dass ihr Bruder tot ist

„Im Spital hat man um sein Leben gekämpft. Aber nach rund 15 Minuten Reanimation ... immer noch kein Zeichen auf den Geräten. Kurz darauf wurde die Rettungsaktion gestoppt. Martin war tot. Als mein Mann eintraf, durften wir uns zu ihm kuscheln. Uns verabschieden. Ihn waschen. Ihm seinen Dino-Pyjama anziehen. Dann allerdings kam... zu dem sowieso schon schrecklichen Ereignis... der schlimmste Weg in meinem Leben. Wir als Eltern mussten Miro und Jozefina erklären, dass ihr Bruder gestorben ist...!“ Am 2. März wurde Martin zu seiner letzten Ruhestätte geleitet. Als Beigabe in dem kleinen, weißen Sarg mit bunten Handabdrücken, seine Lieblingstrompete.

Martins letzter Weg. In seinem Kindersarg die geliebte Trompete. | Foto: Heigl
  • Martins letzter Weg. In seinem Kindersarg die geliebte Trompete.
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Das Vermächtnis von Martin

Die Eltern, Monika und Martin, sehen den Weg zu den Medien als Verpflichtung ihrem Sohn gegenüber: „Der Tod unseres Kindes darf nicht sinnlos gewesen sein!“ Deshalb kämpft die Familie gegen Vorurteile in der Gesellschaft. Will eine Botschaft an die Öffentlichkeit bringen. Indem sie einen aufgeschlossenen Umgang mit Autismus einfordert. Inklusion statt Ausgrenzung. Als ersten Schritt engagiert sich die leidgeprüfte Familie, gemeinsam mit Integrations-Pädagoginnen, in einer Bewegung namens „MOVi“. Mehr darüber lesen sie im morgigen Artikel: „Akzeptanz von Autismus als Vermächtnis von Martin“

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