Hilfe und Liebe im Beruf: Mein Tag als Hauskrankenpflegerin
Hauskrankenpflege ermöglicht Menschen, mit ein wenig Hilfe von außen, auch im Alter daheim zu leben.
Unsere Redakteurin Melanie Grubner machte den Selbstversuch: Ein Tag als Hauskrankenpflegerin!
Gut gesättigt und mehr oder weniger ausgeschlafen, komme ich gegen 7 Uhr morgens bei der Hilfswerkzentrale in Melk an. Petra Köfinger erwartet mich bereits in ihrem Auto. Sie ist leitende Pflegefachkraft, was bedeutet, sie organisiert (diplomierte) Pflegehelfer, wie sie mir auf der Fahrt zum ersten Kunden erklärt.
Nachdem unser erster Kunde nach mehrmaligem klopfen, und Telefonanrufen nicht öffnet, streife ich mit Petra ums Haus. „Wenn ein Kunde sich nicht meldet, ist es unsere Aufgabe herauszufinden, warum. Ich darf nicht einfach zum Nächsten fahren, wenn ich nicht weiß, was los ist“, erklärt sie mir während wir am Hoftor des Bauernhauses Einlass finden.
Kaffee kochen, Katzen streicheln
Drinnen angekommen finden wir den Kunden noch friedlich schlafend vor. Wir wecken Ihn, und ich helfe beim anziehen. Der mitte 80jährige geht, auf einer Krücke gestützt in die Küche. „Mah, es ist schon spät“ meint er, auf die Uhr blickend, „ich bin zuständig fürs Frühstück. Wenn mein Sohn aus dem Stall kommt muss der Kaffee auf dem Tisch stehen.“ Ich helfe ihm beim Kaffee kochen und die Katze zu füttern, die sich schon ungeduldig um sein Bein schlängelt.
Er ist ein friedlicher und dankbarer Mann. Dieser Dankbarkeit werde ich heute noch des öfteren begegnen. Petra misst seine „Zuckerwerte“ und trägt sie in eine Liste ein. Alles muss genau dokumentiert werden. Das wars auch schon wieder. Er wünscht mir alles Gute, uns einen schönen Arbeitstag und unsere Fahrt geht weiter.
Wetter, Blutdruck, Volksmusik
Wenige Kilometer entfernt halten wir zum zweiten Mal. Wir steigen aus und betreten ein schnuckeliges kleines Häuschen. Es erwartet uns ein Herr Ende 70, sitzend auf einem gepolsterten Stuhl direkt neben dem Herd, in dem bereits ein kräftiges Feuer lodert. Er schaut das „Wetterpanorama“zu dem volkstümliche Musik gespielt wird. „Schauts euch das an, da liegt schon Schnee!“, er zeigt auf den Fernseher.
Auf Petras Frage wie es ihm geht entgegnet er frech grinsend: „Es kann mir eh nur gut gehen, wenn ihr zu mir kommt.“ Er lebt alleine, der häufigste Kontakt nach außen ist der tägliche Besuch der Pfleger. Nachdem Petra seinen Blutdruck gemessen hat, fallen noch ein paar Worte und wir müssen auch schon wieder aufbrechen.
60 Jahre Ehe – und Katzen
Die nächste Kundin wohnt gemeinsam mit ihrem Mann in einem kleinen Haus am Ortsrand. In der gemütlichen Küche finden wir die beiden vor, die Frau, 90 Jahre alt, in einer knielangen Kleiderschürze, mit einem schwarz-weißen Kater auf dem Schoß, lächelt.
Petra misst ihren Blutdruck, er ist ziemlich hoch. „Achten sie heute auf Ihre Frau. Wenns ihr nicht gut geht rufen Sie den Arzt an“, wendet sich Petra an den Mann „Bei ihm weiß ich, er achtet drauf. Würde sie alleine wohnen, hätte ich jetzt den Hausarzt informieren müssen, weil man nie weiß, ob dem Kunden nicht aufeinmal schwindelig wird.“ Ich merke, die Verantwortung die Petra übernimmt, ist keine Kleine. Ich überlege, wies mir ginge, müsste ich solche Verantwortung für jemanden tragen. Da gehts um lebenswichtige Entscheidungen, die man nicht routinieren kann. Ein Fehler kann ein Leben beenden.
Ich helfe der 90-Jährigen auf die Toilette und unterstütze Petra beim Waschen. Als wir aus dem Bad zurückkommen, treffen wir auf ihre Tochter, die die Einkäufe für Ihre Eltern in der Küche verstaut. Nach einem kurzen Plausch verabschieden wir uns und verlassen die Familie wieder. Auf der Rückfahrt zum Büro erklärt mir Petra, dass es natürlich toll ist, wenn Angehörige da sind, die sich um alles kümmern. „Wenn es niemanden mehr im Leben der Kunden gibt, organisieren wir alles. Sei es um das arrangieren von Arztfahrten bishin zur Schneeräumung. Wir übernehmen den Part, den sonst die Angehörigen übernehmen, komplett mit.“
Liebe und Verantwortung
Der Vormittag neigt sich dem Ende zu und somit auch Petras Dienst. Glücklich steige ich aus dem Auto. Das hatte heute Sinn, denke ich, mit höchster Bewunderung im Herzen, morgens zur Arbeit gehen und wissen, ich machs für jemanden besser, ich helfe jemandem durch den Tag, bringe ihn zum Lachen oder erfreue ihn nur, indem ich kurz seine Festung der Einsamkeit stürme. Allen Menschen im Gesundheits- und Pflegesektor gebührt mein höchster Respekt. Nicht jeder ist dafür geschaffen, sich so auf andere einzulassen und solch große Verantwortung für Andere zu tragen. Aber ohne diese Menschen, die Ihre Arbeit unter dieser Liebe durchführen, wäre unsere Gesellschaft verloren. Danke.
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