Bahn-Desaster im Weinviertel
"Hinter Wien gibt's noch was"
Bahnfahren ist ja grundsätzlich toll. Vor allem dann, wenn auch ein Zug kommt.
WEINVIERTEL. Melanie Erasim hat schon viele Kilometer zurückgelegt, um die Situation der Weinviertler Pendler zu verbessern. Einmal mehr machte die SPÖ Nationalrätin es zum Thema einer parlamentarischen Anfrage an die Verkehrsministerin Leonore Gewessler von den Grünen. Der freiheitliche Bundesrat Michael Bernard brachte in seinem Gremium eine ähnliche Anfrage ein.
Aus Gesprächen mit der ÖBB, weiß Erasim um deren Problembewusstsein: "Aber davon, dass man in der ÖBB das Problem kennt, können sich die Pendler auch nichts kaufen."
Nordbahn
Veraltete Zuggarnituren – durchschnittlich sind sie 37 Jahre alt – und zahlreiche Ausfälle machen das Leben in der Grenzregion nicht unbedingt zu einem Spaziergang. Seit Mai lag die Ausfallquote an der Nordbahn mehr als ein Prozent. Im Juni 2021 lag sie sogar bei 1,9 Prozent.
Um dem entgegenzuwirken, will das Verkehrsministerium auf Instandhaltung und in den kommenden Jahren auf Reinvestition setzten.
Aktuell wird am Ausbau der Nordbahn zu einer internationalen Verkehrsader für Zentraleuropa gearbeitet. Voraussichtlich 2030 sollten all diese Arbeiten abgeschlossen sein. Pendler profitieren von einer erneuerten Bahnhofsinfrastruktur. Die Intervalle zwischen Wien und Gänserndorf sollen verdichtet werden.
Fahrzeitverkürzungen werden durch diese Maßnahmen aber nicht zu erwarten sein, gesteht das Verkehrsministerium ein. "Hier wird viel Geld für schnelle Züge ausgegeben um europäische Hauptstädte miteinander zu verbinden. Die Anliegen der Pendler werden aber ignoriert", ärgert sich Melanie Erasim. Sie fordert einen Stop des Railjets in Hohenau, wie es ihn früher schon gab: "Das wäre eine enorme Steigerung der Lebensqualität in der Grenzregion." Die Hoffnung, dass dies bald geschieht, hat aber auch sie nicht. Umso mehr will sich die Rabensburgerin dafür einsetzen.
Laaer Ostbahn
Den Pendlern ist die intensive Arbeit an der Strecke während der Sommermonate nicht entgangen. Schließlich ärgerte man sich mit dem eher schlecht als recht funktionierenden Schienenersatzverkehr herum. "Da werden Brücken gebaut, obwohl der lange geforderte zweigleisige Ausbau nicht einmal in Planung ist", bringt Melanie Erasim das Grundproblem der S2 noch einmal klar zum Ausdruck. Die Anfragebeantwortung des Verkehrsministeriums ist ein schwacher Silberstreif am Horizont: "Im 3. Quartal 2022 wird eine Infrastrukturentwicklung zum späteren Ausbau gestartet werden. Der Beginn der Planung ist für 2024 vorgesehen."
Schweinbarther Kreuz
Gerade mit einem Mobilitäspreis des Landes ausgezeichnet, ist die 2019 stillgelegte Regionalbahn für ihre "Fans" aber noch lange nicht tot. Der renommierte TU-Verkehrsexperte Harald Frey empfahl in seiner Studie die Beibehaltung des Personenverkehrs; für den Gütertransport wird das Schienennetz weiterhin in Betrieb gehalten. Es sei ein Gesamtpaket, dass der Bund mit dem Land Niederösterreich vereinbart hätte, heißt es hier aus dem Ministerium. Abgesehen davon sei an dieser Linie der öffentliche Verkehr auf Elektrobusse – ein landesweiter Modellversuch – umgestellt worden.
Nordwestbahn
Ein bisschen rosiger sieht es entlang der Nordwestbahn von Wien bis Retz aus. "Der zweigleisige Ausbau ist hier teilweise angedacht", berichtet Melanie Erasim. Das Geld für die Planung ist bereits budgetiert. Das zweite Gleis ganz durchzuführen, ist aber davon nicht betroffen.
Zur zweiten Ausbauphase bis 2032 ist auch eine Infrastrukturentwicklung geplant, die dem Verkehrsministerium die nötigen Erkenntnisse zur Leistungssteigerung und damit dem Potenzial der Fahrzeitreduktion bringen soll. Der Individualverkehr wird bei der Errichtung von Park & Ride Anlagen berücksichtigt.
Bis 2026, wenn die bestellten neue Zuggarnituren auch auf der Nordwestbahn zum Einsatz kommen, heißt es in zwölf Prozent der jetzigen Züge, weiter schwitzen. Klimaanlagen haben nur 88 Prozent.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.