Gemeinderatswahl 2020
Schuldenabbau dauert 73 Jahre
MISTELBACH. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Davon ist Erwin Netzl von der Mistelbacher Bürgerliste LaB überzeugt. Der Gemeinderat, der sich erst kurzfristig wieder zu einer Kandidatur in der Bezirkshauptstadt entschlossen hat, ist überzeugt, dass die regierende ÖVP die Budgetzahlen beschönigt. "Selbst Alt-Bürgermeister Alfred Pohl bezeichnete in seinem Abschiedsbrief an die Gemeinde- und StadträtInnen die finanzielle Situation im Jahr 2010 als 'katastrophal'", referenziert Netzl auf die jahrelange Kritik der Bürgerliste bezüglich des Stadtbudgets.
Dass er den aktuellen Beteuerungen der ÖVP, dass die Bezirkshauptstadt nun wesentlich besser aufgestellt wäre, will Netzl keinen Glauben schenken und rechnet vor: "Die Schulden betragen laut Budget 2019 40,7 Millionen Euro, an Leasingraten sind rund zwei Millionen Euro offen. In den letzten zehn Jahren wurde der Schuldenberg also nur um rund 580.000 Euro pro Jahr verkleinert." Der Betrag wäre allerdings nur wegen gefallener Zinsen so hoch ausgefallen. "Bei dieser Geschwindigkeit der Rückzahlungen dauert der komplette Schuldenabbau noch 73 Jahre" ist Erwin Netzl empört.
Pulverfass
Besonders kritisch sieht der Landwirt dass lediglich die gebührengedeckten Schulden reduziert wurden. Jene, die nicht durch Gebühreneinnahmen abgeglichen sind, wären von sechs auf 19 Millionen gestiegen. "Mistelbach sitzt auf einem regelrechten Pulverfass", warnt der Lab-Kandidat.
Pflichtförderung
Diesen Vorwurf kann der zuständige Finanzstadtrat Harald Beber so nicht nachvollziehen: "Wir haben Gesamteinnahmen, die es zu verteilen gilt." Rund 90 Prozent davon sind für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur der Stadt gebunden. Alleine sechs Millionen sind für Pflichtförderungen, wie zum Beispiel eine Abgabe ans Krankenhaus, gebunden.
Über die verbleibenden zehn Prozent wird zumeist im Gemeinderat intensiv verhandelt."Es stimmt, dass manche Projekte mehr politische Zustimmung fanden als andere. In den letzten Jahren war das vor allem der Straßenbau", erklärt Beber.
Einsparungen
Der Finanzstadtrat bewertet die Entwicklung der Mistelbacher Stadtfinanzen positiv: "Wir haben in zehn Jahren zehn Millionen Euro Schulden abgebaut." Einsparungspotenzial wurde nun auch durch die Zusammenfassung und Nachverhandlungen der Darlehensverträge erzielt. Warum man das nicht schon früher in Angriff genommen habe erklärt der Jurist humorvoll: "Weil ich einen Elefanten nur in kleinen Happen essen kann." Er will weiterhin Schritt für Schritt weiterarbeiten.
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