Autoschieber-Prozess
Europol entlarvt Angeklagten als Mafia-Mitglied

- Von Ehefrau und kleinster Tochter erwartet wurde der angeklagte Georgier vor dem Verhandlungssaal. Im Hintergrund Anwalt Stefan Prochaska, der um die Freilassung für seinen Mandanten kämpfte.
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Als Mitglied einer georgischen Mafia-Bande entlarvte Europol jenen Angeklagten, der wegen mutmaßlicher Autoschieberei von Luxusfahrzeugen vor Gericht stand. Zudem entkräftete ein erfahrener Kriminalist am zweiten Prozesstag die Alibi-Erklärungen des Beschuldigten: „Alles kompletter Blödsinn! Seine Behauptungen können von mir eindeutig widerlegt werden!“
BEZIRK NEUSIEDL/SEE. Mit Spannung erwartet wurde die Aussage jenes Polizisten, der als „aktenführender Erhebungsbeamter“ die „georgische Bande“ ausgehoben hat. „Ich bin seit 27 Jahren hinter Autoschieber-Banden her. Deshalb international mit Kollegen vernetzt. Über Kontakte in Bulgarien bekam ich Anfang 2023 Hinweise auf den Angeklagten. Im Zuge der Erhebungen konnten rund ein Dutzend Georgier als Mittäter ausgeforscht werden!“

- Kam in Handschellen und ging in Handschellen. Bis zur Prozess-Fortsetzung Anfang Februar 2025 bleibt der Angeklagte in Untersuchungshaft.
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„Warum werden Autos verschoben?“, fragte die Vorsitzende des Schöffensenats im Landesgericht Eisenstadt. „Hat früher ein Autodieb zwei Fahrzeuge entwendet, sind es heutzutage organisierte Banden, die, wie in diesem Fall, 30 Fahrzeuge gestohlen, manipuliert und ins Ausland verfrachtet haben. Wertvolle Luxus-Autos, weil es beim Verkauf um viel Geld und daher viel Gewinn gehen soll!“
Verbrecherorganisation
Dann ließ der Kriminalist durch eine aktuelle Information aufhorchen. Besonders interessant, weil sich der Angeklagte, ein Georgier, Anfang 40, dreifacher Familienvater, nach wie vor als unschuldiger Unternehmer bezeichnete und, wie berichtet, nichts mit Verbrechen zu tun haben will. „Vor zwei Tagen habe ich von Europol* ein Bestätigungsschreiben erhalten, dass der Beschuldigte Mitglied einer großen georgischen Verbrecherorganisation ist!“ (Anm.d.Red.: Europol oder Europäisches Polizeiamt ist eine Polizeibehörde der Europäischen Union mit Sitz im niederländischen Den Haag. Einer der Schwerpunkte ist die Koordination nationaler Polizeibehörden bezüglich grenzüberschreitender organisierter Kriminalität).
Halle ausgeforscht
Ebenfalls neu dann die Nachricht, dass man „vor kurzem in der Nähe von Berlin jene Halle ausgeforscht hat, in der die gestohlenen Autos aufbereitet worden sind!“, so der Fahnder. „Mehr kann ich dazu nicht sagen, die Nachforschungen laufen noch!“ Heißt, dort wurde zur Verschleierung der Autoherkunft etwa die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) rausgeschliffen und von professionellen Fälschern durch eine neue Zahlen- und Buchstabenkombination ersetzt.

- Ein Polizist belastete den Beschuldigten am zweiten Verhandlungstag schwer.
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Der Beamte deckte dann weiters minutiös die Routen der Autoschieber auf, die durch mehrere Länder führten. Genannt wurden unter anderem Georgien, Rumänien, Moldawien, Montenegro, Tschechien, Polen, Russland, Iran, Ungarn, Deutschland und Österreich. In diesem Zusammenhang präsentierte der Beamte Listen, die belegen sollten, wann der Angeklagte oder von ihm gelenkte Autos Staatsgrenzen überschritten hat. Untermauert mit exakten Weg-/Zeitdiagrammen.
Autoschieber-Routen
Der Kriminalist: „Für mich ist anhand dieser Fakten schlüssig, dass alle ausgewerteten Daten den Beschuldigten belasten!“ Sehr zum Missfallen des Verteidigers, der dem Polizisten unterstellte, Märchen zu erzählen und ihn fragte: „Haben sie die Angaben von Europol überprüft, ob es stimmt, dass mein Mandant Mitglied einer georgischen Mafia-Organisation ist?“ „Nein, das kann ich gar nicht!“, konterte der Polizist. „Also glauben sie einfach, was Europol schreibt?“ „Ja“. „Haben Sie irgendwelche schriftlichen Beweise gegen meinen Mandanten?“ „Nein, weil sein Handy verschwunden ist, als er in Barcelona am Flughafen verhaftet worden ist!“
Schlagabtausch
Nach einem verbalen Schlagabtausch zwischen Verteidiger und Fahnder forderte die taffe Staatsanwältin Petra Bauer die Einvernahme eines in Deutschland verhafteten Komplizen, da dieser mit dem Angeklagten bei „Schieberfahrten“ unterwegs gewesen sein soll. Diesem Antrag wurde stattgegeben und die Verhandlung auf Anfang Februar 2025 vertagt. Der Beschuldigte, seit Juni in U-Haft, bleibt bis dahin im Gefängnis. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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