776 Cannabis-Pflanzen im Bezirk Neusiedl
Richterin platzte der Kragen: „Sie sollen mich nicht anlügen“
„Sie sollen mich dummerweise nicht anlügen“, platze der Vorsitzenden im Landesgericht Eisenstadt der Kragen. „Haben sie etwa Angst, den Drahtzieher zu belasten?“ Eklat in einem Drogenprozess mit 3 angeklagten Serben, die im Bezirk Neusiedl eine Indoor-Plantage mit 776 Cannabis-Pflanzen betrieben haben. Produktionsergebnis: 13 Kilo Rauschgift. Der Haupttäter, ursprünglich geständig, widerrief einen Teil seiner Aussage und meinte plötzlich, keinen „Stoff“ weitergegeben, sondern alles selbst geraucht bzw. als Tee konsumiert zu haben... Der Schöffensenat glaube dieser an den Haaren herbeigezogenen Ausrede nicht. Sprach alle Täter schuldig und verurteilte sie zu Haftstrafen. Nicht rechtskräftig.
NEUSIEDL. Drei Serben auf der Anklagebank. Im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Teils einschlägig vorbestraft. Alle Mitglieder einer kriminellen Organisation. Zwei Täter sind verheiratet und mehrfache Familienväter. Beauftragt, in einer Indoor-Plantage im Bezirk Neusiedl am See Drogen zu produzieren. Mit 776 Cannabis-Pflanzen. Laut Staatsanwältin ging es im Zeitraum von Februar bis Mai 2022, also drei Monaten, um insgesamt 13 Kilo. Vakuum in Plastik-Säcken verpackt oder aber in einer Waschmaschine versteckt.
Hausdurchsuchung, Equipment, Drogen
Im Rahmen einer großangelegten Operation des Bundeskriminalamtes (BKA) konnten einige Mitglieder dieser serbisch-montenegrinischen Bande observiert werden. Daraus ergaben sich Hinweise auf das im Burgenland aktive Trio, obwohl mittels modernster, abhörsicherer Telefone kommuniziert worden ist. Polizei-Sondereinheiten verhafteten schließlich die drei Täter. Gefolgt von einer Hausdurchsuchung im Bezirk Neusiedl mit der Sicherstellung von Equipment und Drogen.
"Sie haben kiloweise Drogen geraucht?"
Der Haupttäter zeigte sich im Verhör durch Kriminalisten geständig, korrigierte dies aber beim Prozess. Da wollte er plötzlich nichts mehr von einer Weitergabe mehrerer Kilos Cannabis wissen. Auf die Frage der Richterin, wo die verschwundene, große Menge Rauschgift geblieben bzw. wohin sie verschwunden sei, meinte der Angeklagte: „Ich hatte in der Zeit große Probleme. Habe alles selber geraucht!“ „Bitte? Sie wollen mir doch nicht erklären, dass sie kiloweise Drogen geraucht haben?“ „Doch. Geraucht und als Tee getrunken!“
"Sie sollen mich nicht anlügen"
„Sie sollen mich nicht anlügen. Das wirft kein gutes Licht auf sie und ihre Verantwortung!“, konterte die Vorsitzende. „Ich habe von einem Unbekannten den Auftrag bekommen, zu lügen und bei einer Verhaftung andere Leute zu beschuldigen!“ „Ist der Unbekannte dieser Igor? Haben sie Angst vor diesem Igor? Wollen sie ihn hier und jetzt nicht belasten?“ (Igor ist ein führender Kopf der Bande, der per internationalem Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben ist). „Ich kenne keinen Igor“. „Sie sollen mich dummerweise nicht anlügen. Sie haben doch bei der Polizei den Namen Igor ins Spiel gebracht! Sie haben erklärt, dass Igor kiloweise Drogen abgeholt hat!“ „Ich habe gelogen. Ich kenne den Mann nicht!“
"Nein. Ich sage kein Wort!"
Igor ist übrigens nicht nur einer der Bandenchefs, sondern auch Bruder eines der drei Angeklagten. Der, auf die Frage der Richterin: „Wollen sie etwas zu ihrem Bruder Igor sagen?“, mit der klaren Botschaft antwortete: „Nein. Ich sage kein Wort!“ Nach einigen Erklärungen, wer, was, wann, wo und wie oft in bzw. für die Indoor-Plantage gemacht oder erledigt hat, bitten die Verteidiger der Beschuldigten um ein mildes Urteil. Weil der eine so gut wie gar nichts gemacht, der andere freiwillig seine Vorstrafe in Serbien zugegeben und der dritte mit den Behörden kooperiert hat. Auch das ewige Mitleids-Thema „Geldnot“ wurde strapaziert...
Versprochener Lohn von bis zu 10.000 Euro
Als Lohn für die Suchtgiftgewinnung waren zwei Tätern Summen zwischen 2.000 und 10.000 Euro versprochen worden, der dritte Angeklagte bekam nur 500 Euro Aufwandsentschädigung für geleistete Elektroarbeiten. Während der Haupttäter sein ursprüngliches Schuldgeständnis „anpasste und korrigierte“, tat dies auch der Drittangeklagte. Allerdings in die andere Richtung. Der bekannte sich plötzlich schuldig, im Gegensatz zu seiner bisherigen, leugnerischen Verantwortung. Adaptierte seine Behauptung von „nichts damit zu tun zu haben“ auf „heute sehe ich das anders. Ich wusste bescheid!“
General-Prävention-Urteil: Haftstrafen für alle
Der Schöffensenat urteilte mit „General-Prävention-Absicht“, da Österreich und speziell das Burgenland, ob seiner offenbar bisher nicht genug abschreckenden Strafen, zum Hotspot für Indoor-Plantagen-Züchter mutiert. Deshalb wurden alle Angeklagten zu Gefängnisstrafen verdonnert. 2 x 4 Jahre und 1 x 20 Monate. Unbedingt. Daraufhin klickten für die Täter im Gerichtssaal wieder die Handschellen - und es ging zurück in ihre Zellen. Der Richterspruch ist nicht rechtskräftig.
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