Neusiedler See
WWF warnt vor Zerstörung durch künstliche Zuleitung
Angesichts der anhaltenden Diskussion über eine Zuleitung von Donauwasser in den Neusiedler See – wir berichten laufend – warnt die Naturschutzorganisation WWF Österreich eindringlich vor einer solchen künstlichen Dotierung.
NEUSIEDLER SEE. Die Zuleitung von Donauwasser hätte nicht nur katastrophale ökologische Folgen, sie wäre auch für das eigentliche Ziel völlig kontraproduktiv, würde sie doch letztlich zur Verlandung des Sees führen, erklärte der Biologe Bernhard Kohler vom WWF Österreich.
Vorräte für Dürrezeiten schaffen
Als echter Steppensee schwanke der Neusiedler See regelmäßig zwischen tiefer Überflutung und gänzlicher Austrocknung. Genau dieser Abfolge verdanke er jedoch sein mittlerweile 13.000 Jahre altes Bestehen, sind sich die Naturschutzexperten vom WWF sicher. Kohler fordert als langjährige Kenner des Neusiedler Sees daher statt einer Zuleitung von Donauwasser die Wiederanbindung verloren gegangener Überschwemmungsräume im Südosten des Sees, um Hochwässer aufzufangen und insgesamt mehr Wasser im See halten zu können.
“Der Salzgehalt und die starke Trübe des Sees schützen ihn seit Jahrtausenden vor Verlandung, denn sie verhindern, dass sich abgestorbenes pflanzliches Material als Schlamm auf dem Seegrund ansammelt und den seichten See nach und nach ausfüllt. Die Zuleitung von Donauwasser würde den Salzgehalt dramatisch senken und die Trübe zum Ausfallen bringen, was letztlich zum Verschwinden des Sees führen würde”, weiß Kohler zu berichten.
Um diese Trockenphasen zu ermöglichen und gleichzeitig den Salzanteil zu erhalten, fordert der WWF die Wiederherstellung eines möglichst naturnahen Wasserhaushaltes am Neusiedler See. In den immer wiederkehrenden Hochwasserphasen müsse möglichst viel Wasser im See zurückgehalten werden, um Vorräte für die unweigerlich folgenden Dürrezeiten zu bilden.
“Derzeit wird in nassen Jahren noch immer unnötig viel Wasser aus dem See über den Einserkanal zur Donau abgeleitet. Mit dem Wasser fließt auch kostbares Salz davon”, warnt Kohler.
Planbudget anderweitig nutzen
Die 90 Millionen Euro, die derzeit für den Bau des Kanals veranschlagt werden, würden locker ausreichen, um in Ungarn jene ehemaligen Überschwemmungsflächen abzulösen, die Anfang des 20. Jahrhunderts abgedämmt wurden und bis heute als Acker und Weideland genutzt werden, analysiert Kohler weiter. Das stillgelegte Land könnte dem See dann als Speicherraum zurückgegeben und damit höhere Wasserstände zugelassen werden – "wenn, wie im Zuge der Klimaerwärmung fast mit Sicherheit zu erwarten, die Pegelstände durch Starkniederschläge plötzlich wieder ansteigen werden". Als zusätzlich Maßnahme könnten mit einem Teil des Geldes Seebäder und -zufahrten hochwassersicher umgebaut werden, schlägt Kohler vor.
“Trockenperioden müssen wir zulassen, denn gelegentliches Niedrigwasser und vereinzelte Austrocknungsereignisse halten den Neusiedler See langfristig am Leben. Ansonsten droht aus dem salzhaltigen und ursprünglich abflusslosen Steppensee ein von schleimigen Algen bedecktes und rasch verlandendes Gewässer zu werden. Hier hätte die besondere Fauna und Flora des Sees keinen Platz mehr und auch der Tourismus hätte in Wirklichkeit keine Freude”, so der Naturschutzexperte abschließend.
GRÜNE sehen ihre Ansicht bestätigt
Schon seit zwei Jahren warnen auch die GRÜNEN vor einer künstlichen Zuleitung mit Fremdwasser in das sensible Ökosystem des Neusiedler Sees.
"Die Grundidee, künstlich Wasser in den Neusiedler See einzuleiten, ist völlig kurzsichtig und übersieht, wie verschiedene Ökosysteme – samt ihrer unterschiedlichen Chemie und ihrer Billionen Mikroorgansimen - funktionieren", erklärt der GRÜNE Naturschutzsprecher Wolfgang Spitzmüller.
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