NÖ - Raps und Pestizide
Verboten, gefährlich – und vielleicht bald erlaubt

- „Mit der chemischen Keule gegen ein einzelnes Insekt vorzugehen, ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern ökologisch hochgefährlich“, warnt Alexios Wiklund, Sprecher des österreichischen Tierschutzvereins.
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Der österreichische Tierschutzverein warnt: Es soll keine Sondergenehmigung für verbotene Pestizide im Rapsanbau geben. Die Tierschützerinnen und Tierschützer schlagen Alarm: Gefährliche Pestizide bedrohen Bienen, Biodiversität und das ökologische Gleichgewicht.
NÖ. Die Rapsproduktion steht in Niederösterreich vor einem drastischen Rückgang. Seit 2014 ist die Anbaufläche in Österreich um rund zwei Drittel geschrumpft – ein Trend, den Fachleute der Landwirtschaftskammer Niederösterreich mit großer Sorge beobachten. Ursachen sind unter anderem fehlende wirksame Pflanzenschutzmittel, zunehmender Schädlingsbefall und die Folgen des Klimawandels.
Besonders betroffen ist Niederösterreich: Der Rapsanbau ist rückläufig. Waren es im Jahr 2014 österreichweit noch rund 53.000 Hektar, davon 30.500 Hektar in Niederösterreich, ist die Fläche bis 2025 auf nur noch rund 20.000 Hektar österreichweit bzw. 11.000 Hektar in Niederösterreich geschrumpft.
„Der Anbau von Raps ist unter den aktuellen Bedingungen ein Hochrisikounternehmen“, erklärt Lorenz Mayr, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich.
Tierschutz: Chemische Keule
Der österreichische Tierschutzverein warnt eindringlich vor einem möglichen Rückschritt im Umwelt- und Artenschutz: Laut aktuellen Informationen fordert die Landwirtschaftskammer eine Sondergenehmigung für den Einsatz hochgefährlicher, EU-weit verbotener Pestizide im heimischen Rapsanbau. Der Grund: die Bekämpfung des sogenannten Erdflohs – eines Schädlings, der Rapskulturen schädigen kann.
Was nach einem technischen Pflanzenschutzproblem klingt, birgt laut Expertinnen und Experten jedoch erhebliche ökologische Risiken, insbesondere für Bienen und andere Bestäuber.

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„Mit der chemischen Keule gegen ein einzelnes Insekt vorzugehen, ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern ökologisch hochgefährlich“, warnt Alexios Wiklund, Sprecher des österreichischen Tierschutzvereins. „Diese Pestizide töten nicht nur den Erdfloh, sondern auch zahllose nützliche Insekten – darunter Bienen, die für unser Ökosystem und die Landwirtschaft unverzichtbar sind.“
Neonicotinoide: Bienen verlieren Orientierung und sterben
Im Zentrum der Debatte stehen sogenannte Neonicotinoide – hochwirksame, systemisch wirkende Insektizide, die von der Pflanze aufgenommen und in alle Pflanzenteile, inklusive Pollen und Nektar, transportiert werden. Bereits seit 2014 sind die meisten Neonicotinoide in der EU für die Freilandanwendung verboten, da sie eine akute Gefahr für Bienen und andere Bestäuber darstellen.
„Bienen mögen Raps – aber ungespritzt“, sagt Wiklund. „Was jetzt gefordert wird, ist ein gefährlicher Rückschritt. Die Forderung nach Sondergenehmigungen untergräbt die bisherigen Fortschritte im Umwelt- und Bienenschutz.“

- Der österreichische Tierschutzverein warnt: Es soll keine Sondergenehmigung für verbotene Pestizide im Rapsanbau geben. Die Tierschützer schlagen Alarm: Gefährliche Pestizide bedrohen Bienen, Biodiversität und das ökologische Gleichgewicht.
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Der Wiener Ökologe Johann G. Zaller von der Universität für Bodenkultur (BOKU) bestätigt die Gefahr: „Bienen und andere Bestäuber verlieren durch diese Gifte ihre Orientierung, werden gelähmt oder sterben. Das bringt ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht und gefährdet langfristig die landwirtschaftliche Produktivität.“
Umweltgifte kennen keine Feldgrenzen
Ein weiteres Problem: Pestizide wirken nicht isoliert. Durch Wind, Regen oder Bodenkontakt können sie weit über das eigentliche Anwendungsgebiet hinauswirken – auch auf benachbarte Felder und Lebensräume.
„Diese Substanzen kennen keine Feldgrenzen. Sie verbreiten sich unkontrolliert und gefährden das Leben dort, wo sie nie eingesetzt werden sollten“, betont Wiklund.
Raps ist wertvoll – aber nicht um jeden Preis
Raps gilt als wichtige Kulturpflanze, sowohl für die Lebensmittelproduktion als auch als Rohstofflieferant. Doch der Tierschutzverein warnt davor, sinkende Erträge durch umweltschädliche Maßnahmen kompensieren zu wollen.
„Wenn wir zu wenig Raps haben, dann darf er nicht auch noch für sogenannten Biotreibstoff verheizt werden. Lebensmittel in Verbrennungsmotoren zu stecken, ist ökologisch absurd. Biotreibstoffe sind nicht bio“, so Wiklund weiter.
Appell an die Politik: Keine Sondergenehmigungen für gefährliche Pestizide
Der Österreichische Tierschutzverein richtet einen dringenden Appell an die Bundesregierung und die zuständigen Behörden, dem Druck der Agrarlobby zu widerstehen und keine Ausnahmen vom geltenden EU-Recht zuzulassen.
„Der Schutz unserer Natur, unserer Insekten und der Biodiversität muss Vorrang vor kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen haben. Wir stehen an einem ökologischen Kipppunkt – jetzt ist nicht die Zeit für Rückschritte“, so Wiklund abschließend.
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