Ost(er)ruhe
"Lockdown Ost": Ausreise aus NÖ nur mit Grund
Am Montag, 29. März, sind weitere Details für die so genannte Osterruhe im Osten Österreichs bekanntgegeben worden. So soll das eigene Bundesland nicht verlassen werden. Ein Grenzübertritt ist nur mit guten Grund erlaubt – etwa um zur Arbeit zu fahren oder Familienmitgliedern zu helfen. Wien will seinen Lockdown womöglich bis 11. April verlängern.
UPDATE
ÖSTERREICH. Die zunehmende Belastung der Intensivstationen führt nun zu schärferen Maßnahmen in Wien, Niederösterreich und Burgenland. Ab dem Gründonnerstag (1.April) bis Osterdienstag gilt eine strenge und ganztägige Ausgangssperre (wie im harten Lockdown) rund um die Uhr- mit den üblichen Ausnahmen (Hilfeleistungen, Grundbedürfnisse, Versorgung mit Grundgütern, Gesundheitsdienstleistungen, berufliche Zwecke, etc).
„Es ist richtig und wichtig, das Notwendige zu tun“, begründet Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die teils drastischen Einschnitte. „Ich habe immer gesagt, dass der Tunnelblick alleine auf die Infektionszahlen zu wenig ist und dass es wichtig ist, sich ein Gesamtbild zu verschaffen.“ Daher habe man sich auch bewusst gegen einen zweiwöchigen Lockdown ausgesprochen. Nun soll es eine Art Mini-Lockdown vom 1. bis 6. April richten. Dieser wird flankiert durch weitere Maßnahmen.
Distance-Learnung nach Osterferien
In den Schulen wird es in der Woche nach Ostern wieder Distance Learning geben. Schrittweise sollen dann Schüler mittels PCR-Tests zurückkehren.
Die körpernahen Dienstleister müssen wieder schließen und auch der Handel muss seine Geschäfte zwischen 1. April und 6. April zusperren. Ab dem 7. April sollen die Zugangstestungen für den Handel kommen. Lebensmittelhandel für Einkäufe des täglichen Bedarfs, Apotheken und Trafiken bleiben geöffnet.
Ausweitung der FFP2-Maskenpflicht, verkürzte Testgültigkeit
Eine FFP2-Maskenpflicht gilt bei Menschenansammlungen im Freien und in allen geschlossenen Räumen, wo mehr als eine Person anwesend ist. So soll das Infektionsgeschehen in Büros und Arbeitsstätten in den Griff bekommen werden, wo derzeit vor allem die Sozialräume ein Problem sind. Zudem sind betriebliche Testungen einmal pro Woche oder Home Office vorgesehen.
Außerdem soll die Test-Gültigkeit bei Einpendlern stark verkürzt werden. Künftig sind zwei Mal wöchentlich Pendler-Tests vorgesehen. Hier soll vor allem ein Augenmerk auf jene Staaten gelegt werden, die eine höhere 7-Tage-Inzidenz als Österreich aufweisen. Die Kontrollen an der Ost-Grenze (Slowakei, Ungarn) werden intensiviert.
Kritik aus Niederösterreich
Kritik aus überraschender Richtung kam vom Landesparteiobmann der SPÖ-Niederösterreich, LHStv. Franz Schnabl. Es brauche keine Pandemie-Experten, um zu wissen, dass die Schritte Arbeitnehmer und Unternehmer "näher an den wirtschaftlichen Abgrund bringen". Der Landesvize vermisste außerdem einheitliche Regelungen "in einem kleinen Land wie Österreich". Gehandelt worden sei nunmehr zu spät und zu zögerlich.
Kritisch auch NEOS-Landessprecherin Indra Collini:
„Ob neuerlich verschärfte Regeln das Infektionsgeschehen eindämmen werden, ist kritisch zu hinterfragen. Denn nach einem Jahr des Auf- und Zusperrens sind die Herausforderungen nicht kleiner geworden, sondern gewachsen. Zu der Sorge um die Intensivbelegung kommt, dass viele Betriebe nur mehr einen Lockdown von der Pleite entfernt sind und der Privatbereich aufgrund der Maßnahmenmüdigkeit zunehmend zum Treiber der Pandemie wird. Umso bedauerlicher ist es, dass sich die Landeshauptfrau nicht durchsetzen konnte und den Menschen ein Stück Freiheit unter kontrollierbaren Bedingungen verwehrt wird.“
Hart ins Gericht mit der Vereinbarung geht auch Niederösterreichs FPÖ-Chef Udo Landbauer: „Man hat den Eindruck, dass die niederösterreichische Landeshauptfrau im grünen Gesundheitsministerium eher zur Befehlsausgabe bei Rudi Ratlos angetanzt ist, als tatsächlich im Interesse des Landes Niederösterreich und unserer Landsleute zu handeln. Mikl-Leitner und Doskozil sind als Tiger nach Wien gestartet und als Bettvorleger in ihren Bundesländern gelandet.“ Dass der Handel in Niederösterreich schon bald wieder zwangsgeschlossen wird, bezeichnen die Freiheitlichen als „wirtschaftliches Desaster“.
Auch Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel, hat sich nach der Pressekonferenz schwer enttäuscht von den geplanten Eintrittstests im nicht lebenswichtigen Handel und den Schließtagen zu Ostern gezeigt. "Das ist ein weiterer Nackenschlag, wir sind ja schon seit 111 Tagen geschlossen. Jeder Tag zusätzlich tut weh", sagte Trefelik zur APA. Er fordert nun einen Eintrittstest für den gesamten Handel, also auch den Lebensmittelsektor.
"Jetzt ist keine Zeit für Öffnungen"
Wie 19 europäische Länder sei auch Österreich von der dritten Welle betroffen. Es sei eine lineare, aber stark und konstant steigende Entwicklung. Sorgen bereiten dabei vor allem die Zahlen in den Intensivstationen. Dort komme es in den nächsten 2 Wochen zu einem starken Anstieg. "Damit es nicht zu einer Triage komme, brauchen wir ein Paket", begründete Anschober die Maßnahmen. "Bin froh, dass wir Öffnungsschritte abgesagt haben". Die drei Ziele seien Kontakte zu verringern, die Testungen massiv weiter auszubauen und eine Ausweitung der FFP2-Maskenpflicht.
Wien könnte weitere Verschärfungen verhängen
"Wenn wir nicht zeitnah Ergebnisse sehen, werden wir über dieses Paket hinausgehen müssen", sagt der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Die britische Mutation habe gravierende Auswirkungen, vor sechs Wochen habe man noch gute Zahlen in Wien gehabt, nun habe sich schlagartig alles geändert.
Auch die Situation in den Schulen habe sich geändert. "Haben bisher geglaubt, Schule sind weniger betroffen. Das sehen wir mittlerweile anders. Es sollten nicht sofort alle wieder zurück in die Schule, die Ansteckungsgefahr dort ist sehr groß", sagt Ludwig. Die Aktion "Wien-Gurgelt" wolle man wenn möglich über die Stadtgrenzen hinaus ausrollen. Die Idee der Schanigarten-Öffnungen käme für die nächsten sechs bis acht Wochen nicht in Frage. Jetzt müsse man "die Leute durchimpfen".
Doskozil: "Müssen der Bevölkerung eine Perspektive geben"
Johanna Mikl-Leitner verteidigte die getroffenen Maßnahmen als "richtig und wichtig". Experten hätten am Dienstag im Rahmen des Ost-Gipfels über die angespannte Situation in den Spitälern informiert. Der Test für Pendler wird nun künftig nur mehr 72 Stunden gültig sein, also müsse künftig zwei Mal die Woche getestet werden. Sie sei immer gegen die Schließung des Handels gewesen, aber es gebe da auch unterschiedliche Expertenmeinungen, gesteht sie ein.
Hans Peter Doskozil erinnerte daran, dass die Maßnahmen nicht wirken, wenn die Politik die Sinnhaftigkeit der Regeln der Bevölkerung nicht glaubhaft vermitteln könne. Die Bevölkerung müsse aber mitmachen, um die Trendwende zu schaffen, deswegen brauche es konkrete Ziele und Perspektiven. Er forderte von der Bundesregierung eine bestimmte Inzidenzzahl, ab der es Öffnungen gibt.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.