Verfassungsrechtliche Bedenken:
NÖ Bauernbund will Borealis-Verkauf stoppen

Mit Heinz Mayers Gutachten, das massive verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Borealis-Verkauf beinhaltet. Von links Verfassungsexperte Heinz Mayer, Bauernbund-Obmann LH-Stv. Stephan Pernkopf und Manager und Ex-Nationalbankpräsident Claus Raidl | Foto: Stockmann
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  • Mit Heinz Mayers Gutachten, das massive verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Borealis-Verkauf beinhaltet. Von links Verfassungsexperte Heinz Mayer, Bauernbund-Obmann LH-Stv. Stephan Pernkopf und Manager und Ex-Nationalbankpräsident Claus Raidl
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Alarmstimmung beim NÖ Bauernbund. Der geplante Verkauf der hochrentablen Düngemittelsparte der OMV-Tochter Borealis an den tschechischen Agrofert-Konzert ist für Landespolitiker Stephan Pernkopf (ÖVP) „verantwortungslos“.

NIEDERÖSTERREICH. Landeshauptfrau-Stellvertreter und Bauernbund-Obmann STephan Pernkopf erklärt, warum er über den Verkaufsdeal besorgt ist:

„Die Souveränität der heimischen Landwirtschaft steht auf dem Spiel. Der Verkauf erfolgt ohne jede Not. Immerhin hat Borealis in dem Geschäftsbereich Düngemittel im  ersten Halbjahr 256 Millionen Gewinn gemacht. Der potentielle Käufer Agrofert spielte beispielsweise trotz Standortgarantie mit der Schließung eines Werkes im deutschen Piesteritz Katz und Maus mit der Politik.“

Durch die hohen Erdgaspreise und die für den 1. Oktober angekündigte Gasumlage ist die Produktion bei der SKW Stickstoffwerke Piesteritz GmbH  in Deutschland tatsächlich stark beeinträchtigt, wie es auf der Website des Unternehmens, das von Agrofert geführt wird, heißt. Wie die gesamte Branche fürchtet auch SKW Piesteritz unter diesen Bedingungen um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Kurzarbeit für die 860 Mitarbeiter sei ab 1. Oktober nicht mehr auszuschließen.

"In Piesteritz wird neben Dünger auch AdBlue hergestellt, ohne das weder Lkw, Pkw noch Landmaschinen mit modernen Dieselmotoren fahren können. Dann seien die Autobahnen leer und Lebensmittel kämen nicht mehr ins Supermarktregal. Noch bedrohlicher wird es, wenn Düngemittel fehlen. Ernten gehen zurück und Lebensmittel können knapp werden."

Verfassungsexperte hält Verkauf für "nicht möglich"

Borealis ist eine OMV-Tochter und die wiederum hat als Mehrheitseigentümer die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG). Diese hat sich aus der seinerzeitigen "Verstaatlichten" ÖIAG entwickelt. Und hier setzt Verfassungs-Experte Heinz Mayer mit einem Gutachten an:

"Gesetzlich ist in den Paragrafen 7 Absatz 1 und 2 des ÖIAG-Gesetzes 2000 festgeschrieben, dass die Sicherheit des Wirtschafts- und Forschungsstandortes Österreich sowie der Arbeitsplätze gewährleisten sein muss. So gesehen ist aus meiner Sicht verfassungsrechtlich der Verkauf der Borealis gesetzlich höchst problematisch, und meiner Meinung nach gar nicht möglich.“

Der Deal stehe zu dem Gesetz in Widerspruch, da Österreich einerseits der einzige bedeutende Düngemittelproduzent verloren geht und andererseits auch der Einfluss auf die weitere Entwicklung des Unternehmens, womit „Österreich in Abhängigkeit von anderen Ländern gerate und  die heimische Produktion erheblich gefährdet sei“.

Raidl: "Ich würde nicht unterschreiben"

Ex-Nationalbankpräsident Claus Raidl pocht auf die gerade sehr aktuelle Bedeutung der österreichischen Unabhängigkeit von globalen Märkten:

„In den 1970er-Jahren hat die internationale Arbeitsteilung im Zuge der voranschreitenden Globalisierung noch funktioniert. Heute, in diesen Krisenzeiten, zeigt sich, dass dem nicht mehr so ist. Man denke an die nicht mehr funktionierenden Lieferketten oder an hohe Transportkosten. Aus eigener Erfahrung weiß ich (Er war auch Böhler-Uddeholm-Chef, Anm.), dass Eigentümer eines Konzernes heute am liebsten Schwerpunkte in den eigenen Ländern setzen. Wäre ich Vorstand der Borealis, würde ich diesen Verkaufsdeal nicht unterschreiben.“

Tatsächlich gehe es um Abwägung eines möglichen hohen Verkaufspreises – mehr als 800 Millionen – gegenüber öffentlichem Interesse, nämlich in dem Fall die Sicherheit der heimischen Landwirtschaft zu gewährleisten. Raidl: „In dem Fall geht eindeutig das öffentliche Interesse vor.“ Denn ohne Dünger, oder auch, wenn Dünger ein "strategisches Gut" würde, sei die heimische Landwirtschaft nicht mehr produktionsfähig.
Der Verkaufsdeal ist zwar laut Pernkopf noch nicht bei der Kartellkommission angemeldet, dennoch lässt der Bauernbund bereits alle rechtlichen Schritte prüfen, die eingeleitet werden können, um den Deal gar nicht erst Wirklichkeit werden zu lassen. Eine Berliner Anwaltskanzlei arbeitet daran.
Stephan Pernkopf:

„Wir müssen auch politisch Druck machen, die Düngemittelproduktion muss rot-weiß-rot bleiben“.

Stellungnahme der ÖBAG

"Aus Sicht der ÖBAG hat Agrofert als europäisches Unternehmen öffentlich und unmissverständlich eine Standortgarantie für Linz abgegeben und sich dazu bekannt, weiter in die Zukunft des Werks zu investieren und somit auch die Arbeitsplätze zu erhalten. Dabei wurde auch die Verantwortung für die Versorgungssicherheit hervorgehoben. Dies wurde in Form eines Pakets mit der OÖ Landespolitik vereinbart.
Der Standort Linz gehört zu den wettbewerbsfähigsten Produktionsstätten und wird dies
im Agrofert-Konzern auch bleiben.
Aus diesen Gründen kann die ÖBAG die vorgebrachten Argumente gegen den Verkauf
nicht nachvollziehen, steht aber jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung.

Zur Sache

Die OMV ist zu 75 % an der Borealis beteiligt, die restlichen 25 % gehören dem Staatsfonds Mubadala in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Aufgabe der ÖBAG ist die Verwaltung der Beteiligungen der Republik Österreich an einigen börsenorientierten Unternehmen und hat die Eigentümerinteressen des Bundes wahrzunehmen. Die ÖBAG ist neben der OMV unter anderem auch an der Post, an A1 und den Casinos Austria beteiligt. Rund 23 Milliarden Euro stehen über die ÖBAG-Beteiligungen im Besitz der österreichischen Steuerzahler. (Quelle: Wikipedia)

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