Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer
"Da hat die Opposition noch geschlafen"

Wolfgang Hattmannsdorfer im Gespräch mit Thomas Kramesberger (BezirksRundschau). | Foto: Land OÖ/Grilnberger
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Sozial-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) spricht im BezirksRundSchau-Interview über die Pflegereform, Hilfspakete für die oberösterreichische Bevölkerung und eine Deckelung der Energiepreise. 

BezirksRundSchau: Sie haben vorab Kritik an der Pflegereform des Bundes, die mehr Geld für Mitarbeiter bringt, geäußert. Nun gab es Nachbesserungen. Zufrieden?
Hattmannsdorfer: Es war wichtig, dass wir eine länderübergreifende Allianz geschmiedet haben – gemeinsam mit dem Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Wir sind dann gemeinsam gegenüber dem Bund aufgetreten. Und dieser Einsatz hat sich gelohnt. Denn in den ursprünglichen Entwürfen wäre es zu einer massiven Benachteiligung der Sozialberufe gekommen und alles nur auf die Gesundheitsberufe zugeschnitten gewesen. Durch unseren Einsatz ist es gelungen, dass auch die Ausbildung im Bereich der Langzeitpflege und der Sozialberufe entsprechend gleichwertig gewürdigt wird. Außerdem gab es Nachbesserungen bei den Kompetenzen, also dabei, was die Mitarbeiter dürfen.

Sie haben im Vorjahr eine Pflegestrategie für Oberösterreich angekündigt. Wann gibt es konkrete Resultate?
Wir werden sie im Herbst präsentieren. Über ein paar Dinge kann man aber schon reden: Wir wollen in Oberösterreich ein Stipendium für unsere Pflegeberufe einführen, insbesondere für Umsteiger. Bei dieser Gruppe ist es meist eine finanzielle Frage und es braucht eine ordentliche finanzielle Unterstützung. Ein zweiter Punkt wird sein, dass wir jeder helfenden Hand eine Chance im Pflegesystem geben, auch wenn er oder sie noch nicht die perfekte Ausbildung hat. Wir wollen diese Menschen ins System holen und sie dann „on the job“ qualifizieren. Ein dritter Aspekt wird sein, den Anteil der unterstützenden Kräfte zu stärken, damit die Pflegemitarbeiter wieder mehr auf die eigentliche Pflegearbeit fokussieren können. Es wird also ein Maßnahmenbündel sein, das wir präsentieren.

Was Sie jetzt geschildert haben, sind Strukturveränderungen. Aber was macht man kurzfristig, wenn wie derzeit 870 Pflegebetten leer stehen, weil das Personal fehlt?
Es stellt sich natürlich die Frage, welche zusätzlichen Zielgruppen wir haben. Der erste Fokus richtet sich auf die Umsteiger, da braucht es finanzielle Anreize. Die nächste Zielgruppe sind junge Menschen: Für die werden wir, sobald es geht, die Pflegelehre einführen. 
Darüber hinaus wollen wir gezielt Menschen mit Migrationshintergrund für Pflegeberufe begeistern, es gibt da etwa schon ein eigenes Programm – „Pflegeausbildung und Deutsch“. Und selbstverständlich müssen wir über die Frage nachdenken, wie wir Menschen aus dem Ausland gezielt ansprechen, aber da rechne ich nicht mit großen Quantitäten. 

Sie haben Menschen mit Migrationshintergrund angesprochen. Hat sich der Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine wieder reduziert?
Es stagniert bzw. es gibt einen leichten Rückgang. Aktuell sind 7.729 Personen aus der Ukraine in Oberösterreich registriert. Wir haben einen Fokus auf jene gesetzt, die sich eine Perspektive bei uns vorstellen können und unternehmen massive Anstrengungen, diese Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren: 35 Prozent der Ukrainer arbeiten schon und weitere 50 Prozent sind im Vormerksystem des AMS. Es gibt kein anderes Bundesland mit solchen Zahlen. Außerdem waren wir das einzige Bundesland, das eigene Deutschkurse – die „Hallo Oberösterreich-Kurse“ – aufgelegt hat, die sehr gut angenommen wurden. Aber die Integration der Ukrainer hat bisher auch deshalb so gut funktioniert, weil es ein enorm hohes Engagement der Gesellschaft gegeben hat.

Wäre dieser Zugang nicht auch für andere Gruppen sinnvoll? Warum lässt man Asylwerber aus Syrien, Irak oder Afghanistan den ganzen Tag rumsitzen und verwehrt ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt?
Man muss zwischen Vertriebenen und Asylwerbern unterscheiden. Ein Land hat schon das Recht, sich gezielt Arbeitskräfte auszusuchen. Grundsätzlich müssen wir mehr Fokus auf eine qualifizierte Zuwanderung legen – andere Länder, wie etwa Kanada oder Australien, machen das sehr offensiv. Die suchen sich ganz bewusst die Besten aus und da müssen wir auch hinkommen. Was die Asylwerber betrifft: Bei jenen, die eine hohe Bleibeperspektive haben, wie derzeit die Syrer, müssen wir die Zeit in der Grundversorgung besser nutzen – damit sie Deutsch lernen und wir sie an den Arbeitsmarkt heranführen. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt für mich unbefriedigend.

Wie würden Sie sich das konkret vorstellen? Sollen dann Asylwerber mit hoher Bleibeperspektive rascher arbeiten dürfen?
Wir müssen, und da bin ich auch im Gespräch mit den Bundesbehörden, das Deutschkurs-Angebot besser aufsetzen. Und, es gehören die Chancen, die es im Arbeitsmarktbereich bereits gibt – in Hotellerie, Gastronomie und Landwirtschaft – viel mehr genutzt.

Aber eine komplette Arbeitsmarktöffnung für Asylwerber lehnen Sie weiterhin ab?
Wir nutzen jetzt schon nicht die bereits vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten, die es gibt.

Wolfgang Hattmannsdorfer ist Landesrat für Soziales, Integration und Jugend. | Foto: Land OÖ/Grilnberger
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Derzeit gibt es aufgrund der hohen Inflation einen enormen Ansturm auf die Sozialmärkte. Bröckelt das soziale Gefüge im Land?
Man muss anerkennen, dass die Bundesregierung sehr entschlossen gehandelt hat. Einerseits mit einem klaren Fokus auf rasche, treffsichere Soforthilfen für Familien, Pensionisten und einkommensschwache Menschen. Aber es gibt auch langfristige Maßnahmen, wenn man an die Abschaffung der Kalten Progression denkt. Nur ein Beispiel: Ein durchschnittliches Ehepaar mit zwei Kindern und einem gemeinsamen Bruttoeinkommen von 4.000 Euro wird heuer mit 3.000 Euro entlastet. Das kann sich sehen lassen. 

Es wurde unbestreitbar ein großes Paket präsentiert. Allerdings hat es nach fünf Tagen niemanden mehr interessiert.
Das ist ein Phänomen unserer Gesellschaft. Diese permanente Oberflächlichkeit und die Reduzierung auf Überschriften ist in der Politik eine der größten Herausforderungen. Denn es steht meistens die Kritik und das Anpatzen im Vordergrund und der Diskurs in der Sache bleibt zurück. Das beste Beispiel ist die Debatte, die in Oberösterreich wegen des Heizkostenzuschusses geführt wird – das ist ein Schildbürgerstreich hoch zehn. Niemand heizt im Juli, also ist es völlig sinnbefreit, jetzt über den Heizkostenzuschuss nachzudenken. Entscheidend ist, jetzt zu beobachten, wie sich die Energiepreise entwickeln und dann vor Beginn der Heizsaison die entsprechenden Ableitungen treffen.

Die SPÖ fordert ein Oberösterreich-Paket gegen die Teuerung. Das finden Sie also nicht sinnvoll?
Es gibt ganz klare Maßnahmen der Bundesregierung und wir haben ja schon ein Oberösterreich-Paket vorgelegt. Und wir waren die Ersten, die den Heizkostenzuschuss um 15 Prozent erhöht haben – da hat die Opposition noch geschlafen.

Die 15 Prozent-Erhöhung auf 175 Euro ist nett, aber die Energiekosten sind viel massiver gestiegen. Damit kann niemand die Gas- oder Stromrechnung bezahlen.
Wir müssen immer faktenorientiert diskutieren: Wir haben den Heizkostenzuschuss in der letzten Heizperiode angepasst und die massive Erhöhung ist erst danach gekommen. Da stimmen Sie mir zu, oder?

Ja, eh. Aber 15 Prozent Erhöhung auf 175 Euro ist im derzeitigen Umfeld trotzdem sehr wenig.
Ganz offen gesagt: Wien hatte überhaupt keinen Heizkostenzuschuss und jetzt einen eingeführt. Da wird dann groß applaudiert. In Oberösterreich gibt es Zuschüsse in der gleichen Höhe, wir machen das schon immer, und es muss ein schwarzer Landesrat kommen, damit der Zuschuss überhaupt erhöht wird – aber das ist dann offensichtlich nichts wert. Ich bekenne mich dazu: Wir werden über den Heizkostenzuschuss vor Beginn der Heizsaison reden, aber nicht im Juli ...

… also es wird noch eine Hilfe des Landes kommen?
Die bereits erfolgte Erhöhung des Heizkostenzuschusses war der erste Punkt. Der nächste Punkt ist die Wohnbeihilfe. Auch da haben wir bereits ein Paket vorgelegt. Im Gegensatz zu anderen Ländern, die jetzt populistisch ankündigen, die Wohnbeihilfe zu erhöhen, hat Oberösterreich bereits eine der umfangreichsten Wohnbeihilfen und diese erhöhen wir jährlich. Unser Fokus war es auch, sicherzustellen, dass die Mieten stabil bleiben und deshalb gibt es 30 Millionen Euro im Oberösterreich-Plan, damit, trotz Baukostensteigerungen, die Mieten im Neubau gleich bleiben. So sieht intelligente Politik aus, andere produzieren immer nur Überschriften.

Wenn eine durchschnittliche Familie demnächst 2.000 Euro höhere Energiekosten hat. Wie soll die sich das leisten können? Braucht es einen Preisdeckel bei den Energiepreisen?
Uns vorzuwerfen, dass es keine Maßnahmen gibt, ist ein kompletter Holler. Der Heizkostenzuschuss wurde schon erhöht, die Wohnbeihilfe wird jährlich erhöht und die Preise des Landesenergieversorgers Energie AG sind unter den niedrigsten – und die Preisgarantie wurde verlängert.

Ist ein Preisdeckel, also ein direkter Eingriff in die Preisgestaltung, für Sie denkbar?
Man muss jetzt beobachten, wie sich die Energiepreise weiter entwicklen. Aber, ich sehe es kritisch, dass sich der Strompreis über die am teuersten produzierte Kilowattstunde bestimmt.

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