Bernd Zierhut im Interview
"2,50 Euro für Diesel ist 2023 realistisch"

Eine Tankfüllung ist derzeit sehr teuer, aktuell liegt der Literpreis für Diesel bei etwa 2 Euro. | Foto: pantermedia/NomadSoul
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  • Eine Tankfüllung ist derzeit sehr teuer, aktuell liegt der Literpreis für Diesel bei etwa 2 Euro.
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Bernd Zierhut ist Geschäftsführer der Doppler-Gruppe und Chef der Wirtschaftskammer OÖ-Energieshandelssparte. Die BezirksRundschau sprach mit ihm über die CO2-Steuer, die Öl-Versorung in Österreich und über den Spritpreis im kommenden Jahr. 

BezirksRundSchau: In Frankreich gibt es derzeit einen massiven Treibstoff-Engpass, inklusive hitziger Szenen an den Zapfsäulen. Hat das Problem dort demnächst auch Auswirkungen auf Österreich?
Zierhut: Der Raffineriestreik in Frankreich, der dafür verantwortlich ist, ist isoliert zu betrachten. Das Szenario dort hat für Österreich eigentlich keine Bedeutung. Wir hatten ja auch einen mehrmonatigen Stillstand der Raffinerie Schwechat, aber von solchen Szenen waren und sind wir zum Glück noch weit entfernt.

Bringt uns das Wiederanfahren der Raffinerie in Schwechat jetzt ohne Probleme über den Winter? Die Nachfrage nach Öl ist ja immer noch sehr hoch.
Es gibt eine gute und schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass Schwechat wieder läuft und 55 bis 65 Prozent der österreichischen Produktion abdeckt. Damit ist der Hauptproduzent gesichert. Dieser wird über Pipelines versorgt und ich denke, dass die Rohölmärkte so liquide sind, dass die Versorgung über den Winter funktioniert. Sollte das mal nicht so sein, gibt es noch die Notstandsreserven.
Die schlechte Nachricht ist aber, dass Rohöl und derartige Produkte sehr viel teurer geworden sind. Da gibt es im Jahresvergleich einen Preissprung von fast 50 Prozent. Mit Russland und Iran werden derzeit zwei große Produzenten vom Markt ausgeschlossen. Das führt eben zu den steigenden Preisen.

Ist die Öl-Nachfrage der Industrie immer noch so hoch, wie sie vor ein paar Monaten war?
Grundsätzlich können wir sagen: Österreich hat Ende September noch einmal aufgetankt. Da hat es sich vor der Zapfsäule abgespielt – wir haben am 30. September die vierfache Menge abgesetzt, wie an normalen Tagen. Die Autofahrer haben also versucht, der CO2-Steuer mit einer Tankfüllung zumindest einmal ein Schnippchen zu schlagen. Die Nachfrage in der ersten Oktoberwoche war dann logischerweise, aufgrund der Vorziehkäufe, viel geringer. Seit dem 10. Oktober hat sich wieder alles normalisiert.
Und zur Heizölthematik: Der Trend besteht weiter, die produzierenden Betriebe sorgen vor. Es könnte natürlich eine Knappheit bei Heizöl entstehen, wenn wirklich kein Gas für die Industrie mehr vorhanden wäre. Aber da möchte ich keine Unsicherheiten schüren, weil sowas schwer zu prognostizieren ist.

Bernd Zierhut ist Geschäftsführer von Doppler Mineralöle. Die Firma betreibt Tankstellen und ist im Energiehandel tätig. | Foto: Doppler Gruppe
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Die OPEC-Staaten haben zuletzt Förderkürzungen beschlossen, der Rohölpreis ist dann gefallen, an der Zapfsäule ist es aber trotzdem teurer geworden. Wie erklärt man das einem Autofahrer?
Der Preis für Rohöl war bis Mitte September, bis zum Beschluss der OPEC, gefallen, und dann ist der Preis wieder gestiegen. Aktuell liegen wir bei etwa 93 Dollar pro Barrel. Eigentlich sind wir jetzt dort, wo wir bei Kriegsausbruch ungefähr waren. Wichtig ist aber, dass sich zwei andere Faktoren geändert haben: Es gibt eine Mehrbelastung durch die CO2-Steuer und das Rohöl wird in Dollar gehandelt. Ein schwacher Euro heißt: Wir zahlen mehr für Rohöl.

War es aus Ihrer Sicht ein Fehler, dass man jetzt die CO2-Steuer eingeführt hat?
Ja, ein gravierender Fehler. Nicht nur, dass man dem Endverbraucher zumutet noch mehr zu zahlen in einer Zeit in der dieser aufgrund der Energiepreise ohnehin schon sehr überfordert ist. Zweitens treibt man die Inflation an. Und drittens haben alle anderen Staaten, wie etwa Deutschland, eine Erhöhung der CO2-Bepreisung ausgesetzt. Nur Österreich nicht, da kommt im Jänner noch eine weitere Erhöhung.
Dazu wird eine Verschärfung der Kraftstoffverordnung vorbereitet. Das wird den Kraftstoff nochmal um sieben bis neun Cent verteuern.

Höhere Kraftstoffpreise sollen einen Lenkungseffekt haben und zum Umstieg auf Öffis anregen. Man hat aber den Eindruck, dass trotzdem genau so viel Auto gefahren wird, nur eben mit teurerem Sprit.
Man muss das Thema differenziert sehen: 60 Prozent des Absatzes ist Dieselkraftstoff und davon gehen 50 Prozent in die LKW. Die LKW sind aber derzeit unersetzbar, weil Vieles einfach nicht mit der Schiene transportiert werden kann. Somit verteuert man durch hohe Treibstoffpreise einfach nur das Produkt, weil die Kosten für den Transporteur steigen. Bei den Individualfahrten würde ich sagen, dass derzeit noch kein Lenkungseffekt zu den Öffis hin erkennbar ist, trotz hoher Kraftstoffpreise. 

Ist für Sie nächstes Jahr ein Dieselpreis von 2,50 pro Liter realistisch?
Ja, ich würde 2,50 Euro als realistisch einschätzen. Wenn die neue CO2-Bepreisung und eine neue Kraftstoffverordung kommen, wird das eine wesentliche Verteuerung bringen. Und der zweite große Faktor ist natürlich der Kriegsverlauf in der Ukraine. Tendenziell stehen die Vorzeichen jedenfalls auf steigende Preise und nicht auf fallende Preise.

Zur Info:
Die Doppler Gruppe mit Sitz in Wels betreibt in ganz Österreich 260 Tankstellen unter den Namen Turmöl, Turmöl quick und Doppler-BP. Außerdem bietet Doppler als Energiehändler u.a. Heizöl und Gas an. 

Die billigsten Tankstellen in Oberösterreich
Eine Tankfüllung ist derzeit sehr teuer, aktuell liegt der Literpreis für Diesel bei etwa 2 Euro. | Foto: pantermedia/NomadSoul
Bernd Zierhut ist Geschäftsführer von Doppler Mineralöle. Die Firma betreibt Tankstellen und ist im Energiehandel tätig. | Foto: Doppler Gruppe
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