Betten Reiter: "Nachhaltig und fair sein bringt langfristigen Erfolg"

Peter Hildebrand, Eigentümer und Geschäftsführer von Betten Reiter, in der Produktion in Leonding. | Foto: BRS
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  • Peter Hildebrand, Eigentümer und Geschäftsführer von Betten Reiter, in der Produktion in Leonding.
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Betten Reiter war einer der Vorreiter in Sachen Fair Trade.
Wir waren der Erste in Österreich und der Dritte in Europa, der Baumwoll-Fair-Trade-zertifiziert wurde – für Steppwaren, Kopfkissen und Zudecken. Seit damals wächst das Segment in unserem Sortiment. Wir produzieren hier in Leonding unterschiedliche Decken und der Fair-Trade-Anteil wächst stetig weiter. Wir haben immer schon Edelhaardecken von Schurwolle bis Kaschmir erzeugt und wir fertigen das hier in Österreich, weil wir hier Arbeitsplätze halten, genau wissen, was in diesen Decken drinnen ist, und das Know-how hilft uns beim Einkauf von Produkten.

War die Umstellung auf Fair Trade ein wirtschaftliches Risiko?
Das Risiko war überschaubar. Aber damals war noch der ganze Zertifizierungsablauf ein Aufwand – es war noch alles auf Englisch. Diese Woche haben wir wieder unser regelmäßiges Audit, und Fair Trade nimmt die Kontrolle der Partner sehr ernst.
Ich erzähle dabei gerne eine Anekdote: Bei unserem ersten Audit dachte ich noch, was soll da schon dabei sein? Wir sind ja ohnehin schon durch Gewerbebehörde, Arbeitsinspektorat und Co. kontrolliert. Und dennoch gab es zwei, drei Punkte, die wir verbessern mussten. Einfach deswegen, weil Fair Trade noch höhere Standards als das österreichische Gesetz vorschreibt.

Hat sich das Bewusstsein der Gesellschaft für Fair Trade verbessert?
Ja, es nimmt zu. Als ich damals auf Fair Trade gestoßen bin, war mir klar: Das ist etwas, das zu Reiter passt. Deshalb haben wir beschlossen, uns zu zertifizieren. Aber mittlerweile ist das Bewusstsein für Fair Trade durch Lebensmittel immens gewachsen. Bananen, Fruchtsäfte, Schokolade – all das ist ja heute mit Fair Trade gekennzeichnet. Der Fair-Trade-Gedanke ist dem Konsumenten also sehr vertraut. Was aber noch immer nur ein Bruchteil der Österreicher weiß, ist, dass es Baumwollprodukte, insbesondere Kopfkissen und Zudecken, in Fair-Trade-Qualität gibt und die sogar von einem österreichischen Produzenten und Händler.

Wo kaufen Sie die Baumwolle?
Wir importieren diese aus Asien oder Afrika. Bei Fair Trade muss jeder Schritt zertifiziert sein. Vom Bauer, der die Baumwolle anbaut, bis hin zur Spinnerei bzw. zur Weberei, und wir als Verarbeiter von Stoffen und Baumwolle. Jeder Schritt wird überprüft – auf die Einhaltung von all den sozialen Standards, die Vermeidung von Pestiziden, die Schonung der Umwelt und auf den Verzicht von Kinderarbeit. Die Bauern kriegen ja eine Fair-Trade-Prämie und einen garantierten Preis. Damit sie nicht dem Preisdruck der großen Farmen und Erzeugungsländer ausgeliefert sind. Und mit diesem Geld finanzieren sie dann Projekte wie Schulen oder Krankenhäuser.

Fair Trade ist für Sie also ein Thema sozialer Verantwortung?
Generell glaube ich, dass sich ein Unternehmen um die Umwelt Gedanken machen soll. Nur wenn man nachhaltig und fair ein Geschäft führt, wird man auch langfristig Bestand haben. Wenn Sie mit irgendwelchen Tricks arbeiten, werden Sie wahrscheinlich nicht langfristig im Markt sein.

Zahlt sich Fair Trade wirtschaftlich aus?
Ja, natürlich. Wir können uns nichts leisten, was sich nicht auszahlt. Die Problematik ist, dass Fair Trade aufgrund der Prämien auf das Rohmaterial und der Audit-Kosten etwas teurer ist als Nicht-Fair-Trade-Produkte. Der Kunde ist allerdings nur sehr begrenzt bereit, einen Aufschlag für Fair-Trade-Qualität zu bezahlen. Der Kunde erwartet sich oft Fair-Trade-Qualität zu einem Preis der Nicht-Fair-Trade-Qualität. Diesen Widerspruch zu überwinden ist die Kunst.

Bedient Betten Reiter also ein Kundensegment, das für den fairen Handel sensibilisiert ist?
Unsere Kunden suchen Qualität, unsere Kunden suchen Beratung. Der Kunde weiß: Wenn Reiter etwas führt, dann gibt es einen gewissen Standard und eine gewisse Qualität. Und wir führen auch gewisse Produkte nicht, weil wir unseren Namen mit dieser Qualität nicht in Verbindung bringen wollen. Es gibt bei Bettwäschen und Handtüchern nach unten ja fast keine Grenze – aber da spielen wir ab einem gewissen Punkt nicht mehr mit.

Es ist also möglich, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, wenn der Preis für ein Produkt eine Nuance höher ist als beim Mitbewerber?
Natürlich. Erfolg ist eine Summe vieler Dinge. Ganz wichtig ist das Team. Je erfolgreicher die Mitarbeiter einen Kunden beraten, desto eher wird dieser Kunde zurückkommen. Und generell: Wir führen ja keine Produkte des täglichen Bedarfs, wie Milch oder Brot. Sie können mit derselben Decke oder dem selbenVorhang noch ein Jahr länger leben, ohne dass Ihre Lebensqualität sinkt. Das heißt: Wir müssen das Haben-Wollen auslösen.
Interessant ist, dass viele unserer Kunden zu uns kommen, die sagen: Meine Mutter hat schon immer bei Betten Reiter eingekauft und deshalb gehe ich auch hin. Man wird also vielfach quasi "weitervererbt".

Betten Reiter hat sich ja vor geraumer Zeit vom Lebendrupf verabschiedet.
Ja, das haben wir schon vor vielen Jahren gemacht. Vor einigen Monaten haben wir jetzt unsere Richtlinien noch mal verschärft und mit den "Vier Pfoten", die sich dieses Themas stark annehmen, zusammengearbeitet.
Vor einigen Jahren war es durchaus noch schwierig, die Verpflichtungserklärungen, die wir verlangt haben, zu bekommen. Denn de facto ist es für einen Lieferanten, der uns in größerem Ausmaß in die Irre führen würde, existenzbedrohend. Wir haben extrem strenge Regeln eingebaut: Schadenersatz, Spende des Wertes der gesamten Ware an ein Tierheim und so weiter. Da überlegt sich ein Lieferant schon mehrmals, ob er sich das wirklich traut. Es hilft ja nur das Strafen, um wirklich zu verhindern, dass es schwarze Schafe gibt. Und bis heute hatten wir keinen einzigen Fall inkorrekten Verhaltens eines Lieferanten.

Lebendrupf kommt überwiegend aus Osteuropa?
Ja, genau. Und was inzwischen fast schon ein genauso großes Thema wie Lebendrupf ist, ist Zwangsfütterung. Wobei man natürlich sehr aufpassen muss: Für mich persönlich beginnt ja mit der industriellen Tierhaltung das Problem. Seien es nun Gänse und Daunen oder Hühner und Eier oder Kälber und Fleisch: Die industrielle Tierhaltung ist das Problem. Ich bin ja selber auf einer Landwirtschaft aufgewachsen. Kleinbäuerliche Strukturen sind keine Tierquälerei – Käfighaltung ist Tierquälerei.

Würde unser derzeitiges Wirtschaftssystem ohne industrielle Tierhaltung funktionieren?
Das ist eine schwierige Frage. Die gleiche Frage wäre: Versuchen Sie sich ein Weltbild ohne Autos vorzustellen – das funktioniert auch nicht. Unser jetziges System basiert darauf, dass die Effizienz jedes Jahr steigt, um einen immerwährenden Anstieg an Kaufkraft zu gewährleisten. Dieses System fußt auf technischen Entwicklungen und auf der Auslagerung der Produktion in Billiglohngebiete bzw. billigere Einkaufsquellen.

Man hat immer billiger eingekauft, um die Kostensteigerungen abfangen zu können – nur wenn einmal die Chinesen mit Sublieferanten in Afrika arbeiten, kommt diese Maschinerie irgendwann zu einem knirschenden Halt. Wir werden nicht auf Dauer die steigende Energie- und Lebenshaltungskosten, Steuerlasten und vieles mehr durch immer billigeren Einkauf abfangen können. Und genauso hat unser System seit Jahrzehnten funktioniert.

Wenn Sie sich vorstellen: Es bliebe in einem Modell alles gleich – Einkaufspreise, Umsatz, Verkaufspreise, Treibstoffpreise, Miete, Energiekosten etc. Dann sind Sie aufgrund der steigenden Gehaltskosten in etwa zehn bis 20 Jahren pleite. Sie müssen also jedes Jahr die Effizienz steigern. Das können Sie machen, indem Sie wirklich effizienter werden oder Sie steigern indem sie billiger einkaufen oder mehr einkaufen und einen Verdrängungswettbewerb starten. Das Ganze ist nicht ewig ausbaubar.

Zur Sache: Betten Reiter

"Wir finanzieren uns aus dem Cashflow", sagt Betten Reiter-Mehrheitseigentümer und Geschäftsführer Peter Hildebrand. Das Unternehmen mit der Zentrale in Leonding bei LInz produziert dort circa 35 Prozent der Steppwaren, die in den 17 österrreichischen Filialen verkauft werden. Doch am Standort in Leonding gibt es nicht nur eine "normale" Produktion – darüber hinaus wird dort Schafwolle für lokale Züchter zu Decken verarbeitet, es werden für Alpaka-Zuchtvereine Decken angefertigt, und Betten Reiter bietet die Möglichkeit zur Daunenreinigung von Decken oder Polstern an. Und: Der Verkauf von eigenerzeugten Produkten – im Trend liegen mit Zirbenspänen gefüllte Steppdecken – ist heuer bereits zweistellig gewachsen, informiert Hildebrand.

Peter Hildebrand, Eigentümer und Geschäftsführer von Betten Reiter, in der Produktion in Leonding. | Foto: BRS
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