Ungarische Grenzpolitik
"Große Unsicherheit bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern"
Die seit 1. September geltende ungarische Einreisesperre wirft auf beiden Seiten der Grenze Fragen auf – Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind verunsichert – ungarische Touristen stornieren ihre Aufenthalte im Burgenland
DEUTSCHKREUTZ/LUTZMANNSBURG. Wer darf wann und warum über die Grenze? Diese Frage stellen sich seit dem 1. September nicht nur ungarische Arbeitnehmer, sondern auch ihre burgenländischen Arbeitgeber. Denn: "Die Verordnung ist an manchen Stellen schwer nachvollziehbar", bringt es Bertold Dallos vom ÖGB Burgenland auf den Punkt.
Einreisestopp
Grundsätzlich gilt seit 1. September ein Einreisestopp, der allerdings mit dem 5. September wieder gelockert wurde: Personen aus dem Ausland, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit in Ungarn nachgehen, dürfen nun ohne Quarantäne und Coronavirus-Test einreisen und sich dort aufhalten. Einzige Voraussetzung ist, dass jene Personen den wirtschaftlichen Zweck ihrer Reise beweisen – doch wie das genau getan werden kann, geht aus der Verordnung nicht hervor. Touristen dürfen weiterhin nicht nach Ungarn einreisen – außer zur Durchreise. Auch die ominöse 30-Kilometer-Regelung ist nach wie vor aufrecht – und nach wie vor unklar, wie Dallos bestätigt.
"Die einen dürfen, die anderen nicht"
"Die Verunsicherung bei den ungarischen Arbeitnehmern ist groß. An einem Tag dürfen sie über die Grenze und am anderen wieder nicht", erklärt Dallos. Leider würden die Kontrollen unterschiedlich gehandhabt, weil die Regelung nicht eindeutig sei. "Der Zweck der Reise wird nicht überprüft und eigentlich darf jeder über die Grenze, der innerhalb dieser 30 Kilometer wohnt – egal ob Pendler oder nicht." Wenn ein Österreicher nach Ungarn will, dann dürfe er das aber auch, wenn er außerhalb der 30 Kilometer wohnt. "Die Ungarn dürfen aber nur über die Grenze, wenn sie auf ungarischer Seite innerhalb der 30 Kilometer wohnen."
"Teilweise Personalprobleme"
Auch bei den heimischen Arbeitgebern, die Ungarn beschäftigen, sei die Unsicherheit groß "und teilweise herrschen Personalprobleme", berichtet Dallos. Jene Betriebe, die über 30 Kilometer von der Grenze entfernt liegen, müssten derzeit ohne ihre ungarischen Arbeitnehmer auskommen. Zwar wurden mit dem 5. September kleine Grenzübergänge, wie etwa jener in Lutzmannsburg, für eine leichtere landwirtschaftliche Bewirtschaftung geöffnet – ob nun eine Dienstgeberbestätigung wirklich notwendig ist oder nicht, ist aber unklar: "Soweit wir von Betroffenen erfahren haben, werden Dienstgeberbestätigungen nicht kontrolliert. Wir empfehlen aber, sie mitzuführen", so Dallos. Personalprobleme angesichts der Wein- und Obsternte dürfte es bei den heimischen Winzern und Landwirten aber bis dato keine geben: "Bei uns hat noch kein landwirtschaftlicher Betrieb das Fehlen von Erntehelfern gemeldet", heißt es aus der Landwirtschaftskammer Burgenland.
Touristen stornieren
Auch die ungarischen Arbeitnehmer in den Hotels und Unterkünften dürfen offenbar weiterhin über die Grenze: "Mit einer Dienstgeberbestätigung ist das kein Problem. Unser Problem sind eher die ungarischen Gäste, die ihren Aufenthalt natürlich sofort storniert haben", berichtet Hans Peter Filz, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Lutzmannsburg-Mittelburgenland.
Zumindest bis 1. Oktober
Die Grenzkontrollen treten laut Dallos am 1. Oktober außer Kraft – für die Reisebeschränkung gibt es jedoch keine Befristung. Dallos erhält seit der Grenzschließung jedenfalls täglich Anrufe verunsicherter Arbeitnehmer: "Ich nehme an, die ungarischen Polizeibeamten wissen selbst nicht genau, wen und was sie kontrollieren sollen."
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