Projektende von "Wir essen Burgenländisch" bringt aufschlussreiche Ergebnisse
Familie Stelzer aus Wolfau hat sich bereit erklärt, sich sechs Monate nur von regionalen Produkten zu ernähren.
WOLFAU (kv). Jetzt ist das Experiment abgeschlossen und sie ziehen Bilanz. "Wir haben viel Neues kennengelernt und auch der Austausch mit den anderen Familien brachte Erkenntnisse", sagt Yvonne Stelzer. Celine entdeckte ihren grünen Daumen und hegte und pflegte mit Begeisterung ihren Garten.
Im Blick der Öffentlichkeit
Familie Stelzer hat bereits vor dem Projekt sehr darauf geachtet, was sie essen und wo es herkommt. "Aber in den letzten sechs Monaten war alles noch viel intensiver und der Druck war höher. Man traute sich gar nicht, in einem Geschäft etwas zu kaufen, was nicht regional ist, da uns viele Leser begleitet haben. Man wäre sich ertappt vorgekommen", erzählt Yvonne.
Worauf man nicht verzichten konnte
Trotz aller Bemühungen gelang es nicht zu hundert Prozent, nur heimische Produkte zu essen. Vor allem die Vegetarierin Yvonne musste bei Fleischersatzprodukten auf die gängigen Marken zurückgreifen. Wie am "Erdbeerdilemma" zu sehen war, gab es auch beim einen oder anderen Obst Schwierigkeiten. Denn ist das Obst reif, hält es sich meist nur wenige Wochen, wie beispielsweise Erdbeeren, Weintrauben oder Zwetschgen. Will man es danach frisch und nicht konserviert genießen, muss man auf importierte Ware zurückgreifen. "In der Steiermark gibt es ein Unternehmen, das mit Hilfe von Gewächshausanlagen ganzjährig frische Erdbeeren anbieten kann. Bei anderen Dingen konnte ich verzichten, aber beim Obst habe ich es einfach nicht geschafft", so Yvonne. Auch für Martina Stelzer gab es eine Sache, ohne die sie keinesfalls Leben konnte: Kaffee.
Nicht regional erhältlich
Natürlich gibt es Lebensmittel, die nicht im Burgenland produziert werden und die man zum täglichen Leben braucht: Backpulver, Germ, Geliermittel, Zucker, Bananen oder auch Kokosmilch.
Fremde Küche
Gerade als Vegetarierin probiert Yvonne Stelzer gerne Neues aus. Mit regionalen Lebensmitteln konnte sie jedoch keine asiatischen oder indischen Gerichte kochen. "Essen heißt für mich auch, sich anderen Kulturen zu öffen", sagt Yvonne.
Auswärts essen
In Restaurants oder Gasthäusern zu essen, war nicht immer unproblematisch. "Die meisten Lokale führen nicht an, woher die Zutaten kommen und auch nachfragen hat nicht immer etwas gebracht."
Auch beim Einkaufen war es oft nicht einfach zu sehen, woher die Produkte stammen. "Es gab missverständliche Angaben auf den Verpackungen und sehr klein gedruckte Reinfaller", so Yvonne Stelzer.
Die Aufschrift "verarbeitet in Österreich" heißt nicht zwangsläufig, dass auch die verarbeiteten Zutaten aus Österreich stammen. Außerdem ist der Verkauf von Käfigeiern in Österreich verboten, Produkte aus Käfigeiern jedoch nicht, hat die Familie herausgefunden.
Positive Auswirkungen
Das Projekt "Wir essen burgenländisch" hat Familie Stelzer noch bewusster und aufmerksamer werden lassen. "Wir werden die Regeln wohl etwas lockern, aber bestimmt noch mehr auf Regionales achten", so Yvonne. Im Laufe der letzten sechs Monate wurden auch neue Produkte und Direktvermarkter kennengelernt, bei denen auch weiterhin eingekauft werden wird. "Die Milch holen wir jetzt immer frisch und günstiger von Familie Koch in Markt Allhau. Im Hofladen von Sonja Krutzler-Wappel gibt es Schaf- und Ziegenmilchprodukte, die mir gut schmecken, obwohl ich das eigentlich nicht so mag."
Eine Frage des Geldes
Natürlich spielt beim Lebensmitteleinkauf auch die Preisfrage eine nicht unwesentliche Rolle. Manches ist direkt vom Bauern billiger als im Geschäft, manches aber auch teurer: Denn in Handarbeit hergestelltes Essen hat auch seinen Preis. "Der war natürlich immer gerechtfertigt."
Selbst Produkte wie Marmelade oder Säfte herzustellen, zahlt sich auf jeden Fall aus. "Wir haben doch einige Apfelbäume im Garten, hier könnten wir unseren eigenen Apfelsaft pressen lassen."
Aufklärung schon in der Schule
Yvonne Stelzer ist Lehrerin und unterrichtet auch an steirischen Schulen. Dort gibt es jedes Jahr eine Aktion, bei der Bauern und Bäuerinnen in die Schule kommen und von Direktvermarktung und ihrer Arbeit erzählen. "Ich weiß nicht, ob es das auch im Burgenland gibt, aber wenn nicht, wäre das auf jeden Fall eine tolle Sache", so die ambitionierte Lehrerin.
Leute bewegt
Familie Stelzer hofft, die Menschen inspiriert und ihr Bewusstsein geschärft zu haben. "Es gab sehr viel Resonanz aus der Bevölkerung. Vor allem durch meine Tätigkeit bei der Hauskrankenpflege wurde ich oft auf das Projekt angesprochen", sagt Martina Stelzer.
Wenn man in Zukunft also im Supermarkt ein extrem billiges Fleisch im Angebot sieht oder irgendwo ein Schnitzel für 3 Euro bekommt, sollte man vielleicht kurz darüber nachdenken, wie das so billig sein kann.
Kommentar: Man ist, was man isst
Link: Burgenländisch essen: Den Blick aufs Regionale gestärkt
Link: Familie Stelzer
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