Beteiligungsprojekt Gusen/St.Georgen
Gemeinsame Gedenkort-Entwicklung bewährt sich

Projektteam und Expertenrunde präsentierten den aktuellen Stand des Beteiligungsprojektes im St. Georgener Haus der Erinnerung und im Gemeindeamt Langenstein. | Foto: Eckhart Herbe
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  • Projektteam und Expertenrunde präsentierten den aktuellen Stand des Beteiligungsprojektes im St. Georgener Haus der Erinnerung und im Gemeindeamt Langenstein.
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Eine von allen relevanten Gruppen sehr gut angenommene Form für die Entwicklung der von der Republik Österreich angekauften Areale im ehemaligen KZ Gusen und bei der Stollenanlage Bergkristall in St. Georgen ist der im Herbst 2022 gestartete Beteiligungsprozess. Am 28. Februar präsentierte das beauftragte Projektteam der  Bevölkerung in Langenstein und St. Georgen ein Resümee der nun abgeschlossenen Analysephase und einen Ausblick auf die nun folgende Vertiefungsphase.

LANGENSTEIN, ST.GEORGEN/GUSEN. "Es tut sich viel - und der Prozess läuft in eine gute Richtung, die Kooperation aller Gruppen ist ermutigend und motivierend." So kann man die Wortmeldungen und Inputs der Beteiligten zusammenfassen. Sichtbar vor Ort sind beispielsweise schon der mittlerweile von den Schuttmassen befreite Appellplatz und Gerüste für Sicherungsarbeiten an diversen angekauften Gebäuden und Anlagen in Gusen. Sie seien aber erst notwendige Vorarbeiten für das gemeinsam zu schaffende "große Ganze", in das sich Überlebende, nationale und internationale Opferverbände, diplomatische Vertretungen, Geschichtsexperten und vor allem die Menschen aus der unmittelbaren Umgebung proaktiv einbringen würden, so Barbara Glück, Direktorin der Gedenkstätte Mauthausen.

"Modernes Gesamtbild einer Region vermitteln"

Diese könnte , so wird zumindest diskutiert, künftig auch "Gedenkstätte Mauthausen-Gusen" heißen, um den Fokus auf eine integrierten Gedenk- ebenso aber auch Wissenskultur zu richten. Auf ein Gesamtbild der ganzen Region, das für das Verstehen der historischen Zusammenhänge unabdingbar ist. Waren doch die Nebenlager Gusen I, II und III und das Stollensystem Bergkristall in St. Georgen größer als das Mauthausener Stammlager, aber über fast ein halbes Jahrhundert ignorierte, verdrängte und konfliktbeladene "Hinterhöfe der österreichischen NS-Geschichte". Respekt, sowohl für die Opfer als auch für die betroffene Bevölkerung fehlte vom offiziellen Österreich über viele Jahrzehnte. 

"Offener Dialog bis zum Schluss"

Das beauftrage Projektteam, gebildet aus den Beratungs- bzw. Planungsunternehmen art:phalanx und heri&salli hat den Auftrag, genau diese Fehler der Vergangenheit zu vermeiden und einen von Anbeginn offenen Dialog zu führen. Er soll alle Beteiligten von der Planung bis zur Umsetzung der Maßnahmen mitnehmen. Dafür wurden in der jetzt abgeschlossenen "Analysephase" 13 Interviews mit Überlebenden, Meinungsbildnern und Entscheidungsträgern geführt und drei Stakeholderworkshops mit den (inter)nationalen Opferorganisationen und diplomatischen Vertretungen abgehalten. Regen Zulauf fanden die ganztägige "Beteiligungswerkstatt" und drei Infoabende, wo die unmittelbar betroffene Bevölkerung auf Augenhöhe mit den Experten diskutierte, Bedenken artikulierte und Vorschläge einbrachte. Anrainerthemen wie Sichtschutz oder die sowohl in Gusen als auch St. Georgen ungelöste Verkehrsproblematik waren genauso präsent wie Ideen zur künftigen Gestaltung der Areale. 
In einer Positionierung als Gedenkregion, die sich ihrem historischen Erbe stellt, aber gleichermaßen den Blick nach vorne auf Wissensvermittlung, Zivilcourage und Menschenrechte richtet, sieht die Mehrzahl der Beteiligten großes Potential. Durchaus auch wirtschaftlich. So wurden etwa ein verbessertes Angebot für die vielen Radtouristen, aber auch konkrete Projekte, die nötige Infrastruktur und Unterbringungsmöglichkeiten für Jugendgruppen und Schulklassen mehrfach thematisiert.

Multimedia schafft Potentiale

Die Besucher in moderne Form abzuholen soll über einen Multimediafokus passieren. Eine Fülle an Wissen, Zusammenhängen und  Interaktion kann geschaffen und im Idealfall über jedes Smartphone abgerufen werden. Dazu kommen Workshops und Begegnungstage, wie sie etwa die Bewusstseinsregion in ihrem aktuellen Programm anbietet. Zivilcourage und Menschenrechte sollen ebenso einen Schwerpunkt für die junge Generation bilden wie das Erkennen von Diskriminierung, Verhetzung und historischer Fakenews.
Die virtuellen Möglichkeiten bieten aber auch die Chance, frühere Strukturen, die heute gar nicht mehr existieren, an aktuell völlig anders aussehenden Orten wieder auferstehen zu lassen. Die demontierte Schleppbahn könnte dann etwa am Bildschirm vom St. Georgener Bahnhof bis zum gigantischen Schotterbrecher im Gusener KZ dampfen. Oder das Stollensystem am Bergkristallgelände virtuell neu entstehen, überflogen vom dort gebauten, ersten Messerschmitt-Düsenjäger Me 262.  

Vertiefungsphase mit neuen Workshops

Aus der Vielzahl eingebrachter Inhalte werden in der nun folgenden Vertiefungsphase sukzessive greifbare Projekte. Welche Funktion bekommt welches Areal, was wird konkret gebaut oder saniert, in welcher Form soll sich das Entstehende präsentieren und was kostet es? Mit diesen Fragen wird sich das Projektteam in den kommenden Monaten beschäftigen, um eine Entscheidungsbasis für die Umsetzung und Finanzierung zu schaffen.
Vier Beteiligungsworkshops für die Bevölkerung, je zwei in Langenstein (Gemeindeamt) und St. Georgen (Haus der Erinnerung), sind geplant:

14.4.2023, 13.00-18.00 Uhr, Langenstein:  Vermittlung und Austausch 
Funktionen als internationaler Begegnungs- und Lernort unter Einbindung zeitgemäßer Vermittlungsmethoden mit dem Schwerpunkt auf Digitalisierung

15.4.2023, 10.00-15.00 Uhr, St. Georgen: Gedenken & Repräsentation     
Gestaltung eines internationalen Gedenkortes und Repräsentation unterschiedlicher Opfergruppen

21.4.2023, 13.00-18.00 Uhr, Langenstein:  Sichtbarkeit & Verortung 
Umgang mit Relikten, Verbindung und Zugänglichkeit der verschiedenen Orte auf räumlicher und inhaltlicher Ebene      

22.4.203, 10.00-15.00 Uhr, St. Georgen: Infrastruktur, Mobilität, Frei- und Grünraum 
Infrastrukturelle Erschließung und Verkehrsanbindung des Areals, Gestaltung und Verortung von Grün- und Freiräumen                 

Die Teilnahme steht allen Interessierten offen. Das Projektteam ersucht um Anmeldung per Mail unter m.maier@artphalanx.at 

Ausführliche Zusammenfassung online :

Eine sehr interessante, detaillierte Dokumentation der bisher erarbeiteten Inhalte, aktuelle Übersichtspläne der betroffenen Areale und ein Ausblick zu den kommenden Schritten ist auf der Homepage von Gusen Memorial online abrufbar: www.gusen-memorial.org

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