Machlanddamm: "Heute beginnt eine neue Zeitrechnung"

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MITTERKIRCHEN (ulo). Es ist vollbracht: Zehn Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser wurde am Samstag, 25. August, im Steinstadion Mitterkirchen der Machlanddamm feierlich eröffnet. "Heute beginnt eine neue Zeitrechnung für das Machland", freute sich Landeshauptmann Josef Pühringer, der die Eröffnung gemeinsam mit Ministerin Doris Bures, Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Hiesl, Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Ackerl, Landesrat Rudi Anschober sowie Hochwasserschutz-Verbandsobmann und Bürgermeister Erwin Kastner vornahm.

Mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes geehrt wurde beim Festakt Gerhard Mysliwietz, Geschäftsführer der Machland-Damm GmbH.
Mitterkirchens Pfarrer Chigozie Nnebedum segnete den Damm, bevor Komponist und Dirigent Thomas Asanger mit seiner vom Trachtenmusikverein Mitterkirchen aufgeführten Hymne "Nach der Sintflut" einen kraftvollen Schlusspunkt unter den offiziellen Teil setzte.

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Zehn Jahre nach der Jahrhundertflut im Machland, die einen Schaden von 500
Millionen Euro verursachte, ist Europas größtes Hochwasserschutzprojekt,
der Machlanddamm, fertig. Statt wie einst geplant in 12 bis 15 Jahren wurde
der rund 36,4 Kilometer lange Damm samt Flutmulde in der Rekordbauzeit von nur
vier Jahren errichtet. Mehr als 22.400 Menschen in sieben Gemeinden sind
jetzt geschützt. Gleichzeitig wurde zusätzlich zur Sicherheit ein starker
regionaler Beschäftigungseffekt erzielt, wie eine Studie belegt. Die
Gesamtkosten des Machlanddammes liegen bei 182,6 Millionen Euro. Der
Machlanddamm ist damit zwar das mit Abstand größte, aber lediglich eines
von insgesamt 500 Hochwasserschutzprojekten, die in Oberösterreich seit
der Katastrophe 2002 errichtet wurden. Weitere 269 sind in Arbeit, weitere 108
werden noch vorbereitet.

Historischer Rückblick

Im August 2002 standen nicht nur das Machland, sondern auch weite
Teile Österreichs unter Wasser. In zwei verheerenden Wellen traf die
Katastrophe das leidgeplagte Machland und seine Menschen,
abgesehen von persönlichen Schicksalen gingen die Schäden ins
Unermessliche: So wurden 2002 für Oberösterreich Schäden in der Höhe
zwischen 895 Mio. (WIFO) und 1,1 Mrd. Euro (Land OÖ) ermittelt.
Aufbauend auf den Erhebungen der Universität für Bodenkultur
(Hochwasserschadenserhebung 2002) waren 58 Prozent aller
Gebäudeschäden alleine im Bezirk Perg zu verzeichnen, also rund 500
Millionen Euro! Oberösterreich zählte gemeinsam mit Niederösterreich zu den
am schwersten betroffenen Bundesländern, der volkswirtschaftliche
Schaden betrug in Österreich fast 3 Milliarden Euro.

In Mitterkirchen waren 2002 96 % der Gebäude vom Hochwasser
zerstört oder beschädigt, in Naarn waren es 52 %, 48 % in
Baumgartenberg, 37 % in Langenstein, 13 % in Grein und etwa 42 % in
Schwertberg und Saxen.

Für das Machland zeigte die Anzahl der (anerkannten bzw. akontierten)
Schadensanträge in Prozent der Wohnbevölkerung das Ausmaß an. So
belaufen sich die errechneten Werte auf fast 13 % (Baumgartenberg,
Naarn) bis 25 % (Mitterkirchen). Umgelegt auf die Gesamtanzahl der
Geschädigten wohnten 17,7 % aller Geschädigten im Bezirk Perg (2.961
Geschädigte). Nicht eingerechnet waren damals die potenziellen
Aussiedlungsgebiete.

Neben den Gebäudeschäden waren im Bereich der Straßenmeistereien
Grein und Perg rund 16,12 Mio. Euro an Schäden an den Straßen zu
verzeichnen.

"Das Hochwasser 2002 war nicht nur eine schwere Prüfung für dieses
Land und seine Menschen, wir haben seither auch die Konsequenzen
daraus gezogen", sagen Landeshauptmann Josef Pühringer und
Hochwasserschutz-Landesrat Rudi Anschober.

Der Machlanddamm – Zahlen, Daten Fakten

Bereits nach dem Hochwasserereignis im August 1991 war nach
machbaren Lösungen für eine Verbesserung der Hochwassersituation
gesucht worden. Denn schon damals war klar: Mit der Klimaveränderung
wird generell das Hochwasserrisiko steigen. Die Machlandgemeinden
Mauthausen, Naarn, Mitterkirchen, Baumgartenberg, Saxen, Grein und
St. Nikola gründeten 1993 den Hochwasserschutzverband Donau-
Machland und begannen mit den Planungen. Nach den Erfahrungen der
großen Hochwasserkatastrophe 2002 musste das Projekt jedoch völlig
umgeplant werden.

Der Hochwasserschutz Machland Nord umfasst nun mit einer Länge von
36,4 km sieben Gemeinden (22.400 Menschen). Während die
Donauufergemeinden Mauthausen und Grein vorwiegend durch Mauern
und darauf aufgesetzte Mobilelemente geschützt werden, wurden in den
zentralen Machlandgemeinden Naarn, Mitterkirchen, Baumgartenberg
und Saxen überwiegend Dammbauwerke errichtet. Beim
Hochwasserschutz St. Nikola wurde als Alternativlösung passiver
Hochwasserschutz in Einzellösungen gebaut. Neben den aktiven
Schutzmaßnahmen wurde noch eine 9 km lang Flutmulde entlang der
Donau errichtet. Damit ist der Machlanddamm nicht nur Österreichs
größtes Hochwasserschutzprojekt, eines von 500 in Oberösterreich,
sondern auch Europas größtes Hochwasserschutzprojekt.

In den allerersten Planungen war ursprünglich von zwölf bis 15 Jahren
Bauzeit ausgegangen worden. Noch beim Spatenstich am 29. November
2008 war für das erste zu errichtende Baulos 5 - Mauthausen mit einer
Fertigstellung erst Ende 2015 gerechnet worden. Im Rahmen des
Konjunkturpaketes, das zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise im Februar
2009 geschnürt wurde, wurde einstimmig in der Landesregierung
beschlossen, die Bauzeit massiv zu forcieren. Zur ehest möglichen
Absicherung der Bevölkerung des Machlandes, aber auch zur
Ankurbelung der Bauwirtschaft und zur Vermeidung von weiteren
Hochwasserschäden im Machland sollte die Umsetzung des
Hochwasserschutzprojektes unabhängig von der tatsächlichen
Mittelbereitstellung durch den Bund so schnell wie möglich in einer
voraussichtlich auf sieben Jahre verkürzten Bauzeit erfolgen.

Durch eine enorme Beschleunigung des Baus ist es gelungen, dieses
Jahrhundertprojekt innerhalb von rund vier Jahren hochwassersicher zu
errichten - damit kommt es auch zu einer massiven Verringerung des
Hochwasserrisikos, zur früheren Sicherheit der Bevölkerung und zur
Vermeidung weiterer Hochwasserschäden.

In nur vier Jahren wurde Europas größtes Hochwasserschutzprojekt
fertig gestellt - eine Leistung, die nur gelang, weil alle politischen
Parteien gemeinsam hinter diesem Jahrhundertprojekt standen. "Damit
zeigt sich eindrucksvoll, dass der oberösterreichische Weg des
Miteinanderhandelns zum Wohl der Bevölkerung der richtige ist", freuen
sich Landeshauptmann Josef Pühringer, Landesrat Rudi
Anschober, Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Hiesl und
Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Ackerl. Nur durch gemeinsame
finanzielle Anstrengungen von Bund, Land und Gemeinden konnte
dieses Großprojekt in Rekordzeit verwirklicht werden.

"Die Bauarbeiten beim Machlanddamm standen unter einem guten
Stern", betont Gerhard Mysliwietz, Geschäftsführer der Machland-
Damm GmbH, "während der Bauarbeiten kam kein größeres
Hochwasser, das die Bautätigkeit behindert oder verzögert hätte. Ich bin
auch stolz darauf, dass trotz des hohen Tempos und der enormen
Massen, die bewegt wurden, keine Unfälle auf der Baustelle passiert
sind."

Finanzierung und Kosten

50 % der Kosten trägt der Bund (Ministerium für Verkehr, Innovation und
Technologie), 30 % das Land und für 20 % kommen die Machlanddamm-
Gemeinden auf. Die voraussichtlichen Gesamtkosten betragen 182,6 Mio. Euro.
Verglichen mit den damaligen Hochwasserschäden von 500 Millionen
Euro ist das jedoch nur ein Bruchteil davon.

Ökologischer, naturnaher Hochwasserschutz

Der Machlanddamm schützt indirekt sieben Gemeinden und 22.400
Menschen, direkt schützt der Damm 1.000 Häuser und
denkmalgeschützte Kulturgüter. Er stellt aber auch das natürliche
Gleichgewicht der Au wieder her.

Fehler aus der Vergangenheit, wie das Zubetonieren der Ufer, wurden
beim Machlanddamm rückgängig gemacht. Die Naarn wurde renaturiert
und verbreitert. Eine großzügig dimensionierte, neun Kilometer lange
Flutmulde parallel zur Donau kann plötzlich auftretende große
Wassermassen "zwischenspeichern". Fischaufstiegshilfen wurden
eingebaut. Der Damm selbst dient als wohl überlegte Trennung zwischen
Mensch und Auwaldbewohnern. Mit diesem intelligenten Konzept soll
dem Hochwasser wieder jene biotopprägende Wirkung zukommen, die
es von jeher hat. So profitiert von diesem Projekt nicht nur der Mensch,
sondern auch der Auwald.

Passiver Hochwasserschutz

Neben dem Damm ist auch der passive Hochwasserschutz wichtig. 250
Gebäude wurden abgesiedelt, in den Gemeinden Mitterkirchen,
Baumgartenberg und Saxen entstanden neue Siedlungen für die
Betroffenen. Ortschaften wie Mettensdorf, Pitzing, Hütting und Eitzendorf
wurden zur roten Zone erklärt, hier darf nicht mehr gebaut werden.

Erste Bewährungsprobe

Der Machlanddamm hat bereits seine ersten Bewährungsproben
bestanden, dabei hat sich der mobile Damm in Mauthausen schon
zweimal bewährt. Zuletzt am 13. Jänner: Durch Regen und
Schmelzwasser kam es zu einem vorübergehenden Hochwasser. Sofort
nach der Alarmierung wurden die mobilen Dammelemente vom
Maschinenring und den Freiwilligen Feuerwehren aufgebaut. Nach nur
dreieinhalb Stunden war der Damm für die Schutzstufe 1 errichtet. Wäre
früher unter den Mauthausenern Panik ausgebrochen, so können sie
heute entspannt und angstfrei bleiben.

Projektdaten

Schutz vor 100-j. Hochwasser: 32,65 km
Schutz vor 30-j. Hochwasser: 2,7 km (Mettensdorf)
Länge Entlastungsmulde: 8,7 km
Häuser mit Einzelschutz (St. Nikola): 35
Trafostationen mit Notstromaggregaten: 24
Querungsbauwerke über Flutmulde: 12
Absperrbauwerke/Schieberschächte 28
Brücke Wagra mit 28,7 m Spannweite über renaturierte Naarn
Dotationsbauwerk (Fischwanderhilfe) mit vier Wehrfeldern, 1
Fischaufstieg, 1 Kleinfischgerinne, 1 Durchlassbauwerk
76 Pumpwerke mit 253 Pumpen, die 50 m3/sec Wasser pumpen
Gesamter Aushub: 1,75 Mio. m3, das entspricht 175.000
Sattelschlepperfuhren, die gleiche Menge wurde für die
Dammschüttung verwendet.
Anzahl geschützte Gemeinden: 7 (Mauthausen, Naarn,
Mitterkirchen, Baumgartenberg, Saxen, Grein, St. Nikola)
Anzahl geschützte Menschen: > 22.400

Für die Überlaufstrecken wurden 320.000 t Steine verbraucht, 56.000 m3
Beton und 4.100 t Bewehrungsstahl. Für die Untergrunddichtung wurden
36.000 m3 Beton- und Spund(Stahl)wände für die Untergrunddichtung
verarbeitet sowie 70 km Rohre verlegt. 6.300 m2 mobile
Hochwasserschutzwände lagern in zwei Hallen in Mauthausen und
Grein, die jederzeit einsetzbar sind. Die gesamte Steuerung und
Überwachung der Anlage erfolgt in der Betriebszentrale Perg.

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