„Demokratie nicht aushebeln“

Thomas Waitz, Kandidat der Grünen für das EU-Parlament, und Bezirkssprecherin Martina Eigner.
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BEZIRK. Er ist Biobauer aus der Steiermark, Kammerrat in der Steirischen Landwirtschaftskammer, sein Betrieb liegt zur Hälfte in Slowenien und er kandidiert bei der EU-Wahl für die Grünen auf dem vierten Listenplatz. "Dem Kampfmandat", wie Waitz bei einem Besuch in Perg meinte.

"Viele Probleme sind nur auf EU-Ebene lösbar", ist Waitz überzeugt. Er sieht das EU-Parlament bei den jetzt wahlbedingt ausgesetzten Verhandlungen betreffend die Saatgutverordnung und das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) gefordert. "Demokratie und Lebensmittelstandards dürfen nicht zugunsten kommerzieller Konzerninteressen ausgehebelt werden. Dank des massiven Engagements vieler tausender Europäer wurde der Entwurf einer neuen EU Saatgutverordnung im Europaparlament kürzlich abgelehnt. Die Verordnung hätte den Tausch und Handel mit seltenen Sorten verunmöglicht. Genetisches Erbgut ist keine Erfindung eines Konzerns sondern der jahrtausendealte Erfolg von Generationen von Züchtern."

EU-USA Freihandelsabkommen TTIP
Das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen soll zwischen den USA und der EU bestehende Handelshemmnisse beseitigen und zu Wirtschaftswachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen. Obwohl dies auf den ersten Blick gut aussehen mag, lehnen die Grünen das Abkommen in seiner aktuellen Form aus mehreren Gründen ab.
"Zum einen finden die Verhandlungen völlig intransparent und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. So bestätigte die EU-Kommission, dass im Zuge der Verhandlungen 93 Prozent der Gespräche mit Vertretern von Großkonzernen stattfanden, aber nur 7 Prozent mit Organisationen aus der Zivilgesellschaft. Parlamente sind nicht eingebunden. Die europäische Bevölkerung hat aber ein Recht darauf zu erfahren, was in ihrem Namen verhandelt wird", meint Waitz.

Zum anderen sehen Die Grünen die in der EU bestehenden Sozial-, Umwelt- und Nahrungsmittelstandards gefährdet: "In den USA sind die Desinfektion von Hühnchen(teilen) mit Chlor, sowie die Anwendung von Klontechnik in Zuchtbetrieben und von Hormonen als Masthilfe erlaubt." Außerdem gebe es keine Kennzeichnungspflicht für Gentechnik-Produkte. "Bei uns steht der Verbraucherschutz vor dem Konzernschutz. Bei uns darf man erst dann etwas verkaufen, wenn bewiesen ist, dass es nicht gefährlich ist. Das wollen die amerikanischen Konzerne aufweichen", so Waitz.

"Sogar die Schaffung eines Klagerechts für Unternehmen gegenüber Staaten steht im Zuge von TTIP im Raum. Ein Beispiel: Gentechnikmais ist in Tschechien erlaubt. Will die Bevölkerung das nun nicht mehr und wird ein entsprechendes Gesetz erlassen, kann ein Konzern wie Monsanto den Staat auf Gewinnentgang klagen", informiert Waitz. "So haben nicht mehr die Politik und die Bevölkerung, sondern die Großkonzerne das Sagen. Wichtig ist mir: Es geht hier nicht um einen Konflikt USA gegen EU, sondern Großkonzerne gegen Bürger."

Tiertransporte
Für Martina Eigner, Bezirkssprecherin der Grünen, steht außer Frage: "Lebendtiertransporte müssen verringert werden, jeder eingesparte Transportkilometer und natürlich angemessene Transportstandards verringern Tierleid. Das ist die klare Grüne Position. Lebendtiertransporte bedeuten einfach zu oft Tierleid, sei es durch die Bedingungen oder Dauer des Transports. Mit jeder Fahrt weniger, reduzieren wir auch Tierqualen.“

Denn in der gesamten EU werden laut den Grünen jedes Jahr rund 360 Millionen Tiere quer durch Europa zur Schlachtung transportiert. Eigner appelliert an dieser Stelle auch an die Konsumenten: „Wer das Ausmaß der Tiertransporte minimieren möchte, kann regionale Produkte in kleinen Hofläden und am Bauernmarkt kaufen, sollte aber auch dort nach der Herkunft fragen. Das AMA Gütesiegel, das AMA Biozeichen und das Gütesiegel von Bio Austria garantieren, dass das Tier in Österreich geboren, aufgezogen und geschlachtet worden ist. Bio-Siegel garantieren zudem hohe Tierschutzstandards“.

"Östeterreich importiert sehr viel Schweinefleisch. Geht man in den Supermarkt, sind aber 80 Prozent mit österreichischer Ursprungsbezeichnung. Wenn aber 50 Prozent importiert werden, wie geht das? Das geht dann in die Gastronomie, denn da fragt keiner nach der Herkunft", so Thomas Waitz. Eine gro0e Gefahr sieht er auch in Infektionskeimen, die durch Tiertransporte und Massentierhaltung entstehen und verbreitet werden.

Global denken – lokal kaufen
„Möchte man auf die Schnelle internationales Flair genießen, muss man nur in die Frischgemüse- und Obstabteilung mancher Supermärkte gehen“, empfiehlt Martina Eigner. „Da wird Knoblauch aus China oder Argentinien angeboten, sogar in Bio-Qualität, Weintrauben aus Chile und Birnen aus Südafrika. Spanien und Italien als Herkunftsland unserer Lebensmittel sind nicht unüblich. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen, auch bei anderen Produkten. Oft wissen die Menschen nicht mehr, was bei uns in der jeweiligen Jahreszeit reift, denn man ist gewöhnt, immer alles im Überfluss zu haben. Das schwächt die heimische Landwirtschaft, die nicht alles zu jeder Jahreszeit liefern kann. Andererseits werden viele Lebensmittel, die noch genießbar wären, weggeschmissen."

Einige Supermarktketten bieten nun regionale Lebensmittel in speziellen Regalen an, Ware 2. Wahl, sogenannte „Wunderlinge“ oder sie kennzeichnen österreichische Produkte klar und deutlich. "Wichtig ist, dass die Konsumenten erkennen, dass sie bei jedem Einkauf eine Wahl haben. Denn Bio und regional muss nicht teurer sein als eine Großpackung mit Lebensmitteln von weit weg, von denen womöglich dann nicht alles verzehrt wird. Der Stimmzettel ist hier der Kassazettel", so Eigner.

EU-Kandidat Thomas Waitz
Der Bergbauer Thomas Waitz aus Leutschach in der Steiermark kandidiert bei der EU-Wahl für die Grünen an der vierten Stelle, dem »Kampfmandat«. Waitz ist Biobauer, 40 Jahre alt, Vater dreier Kinder und bewirtschaftet mit seiner Frau 20 Hektar Grünland mit Krainer Steinschafen und Haflinger Herdebuchzucht. Der Schwerpunkt liegt auf der Bewirtschaftung von 40 Hektar Mischwald mit Direktvermarktung des Holzes über ein kleines Sägewerk. Imkerei, Apfel- und Birnensaftproduktion runden den Betrieb ab. Waitz ist Landesobmann der Grünen Bäuerinnen und Bauern Steiermark und seit 2011 Kammerrat in der Steirischen Landwirtschaftskammer.

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