"Jeder kann ein Opfer werden"
LOFER. "Im Vergleich zu damals und wie es Menschen in Syrien geht, haben wir ein gutes Leben", meint Laura Celine Mair, während sie eine Schulklasse durch die Anne Frank-Wanderausstellung im Theater Lofer führt. Sie ist 15 Jahre alt und besucht die Polytechnische Schule Saalfelden. Die Jugendliche möchte Elektrikerin werden und interessiert sich sehr für Geschichte.
Dramatisches Leben
Daher hat sie sich sofort gemeldet, als Schüler gesucht wurden, die ihren eigenen Klassenkameraden die Lebensgeschichte von Anne Frank und die Umstände ihrer Ermordung näher bringen sollten. Nach einer zweitägigen Schulung durch Aaron Peterer vom Anne Frank-Verein geht sie mit den Gruppen souverän von Tafel zu Tafel und zieht die Besucher in den Bann dieser dramatischen Ereignisse. Peterer steht ihr zur Seite und springt mit interessanten Detailkenntnissen ein. Er hat den Gedenkdienst im Anne Frank-Museum in Holland absolviert und Projekte wie diese Ausstellung bereits weltweit durchgeführt.
Radikalisierung steigt
Er beobachte eine zunehmende Radikalisierung, so Peterer. "Jude ist wieder ein Schimpfwort geworden, im Fußballstadium wird 'Judenschwein' geschrien". Was früher tabu war, werde jetzt wieder bewusst ausgesprochen. Eindringlich werden den Schülern die Folgen von Diskriminierung vor Augen geführt. "Jeder Einzelne von uns ist wichtig, damit sich solche Bilder nicht wiederholen". Teilnehmer der Veranstaltung ist auch Extremismus-Experte Nedzad Mocevic, ein Moslem, dessen Eltern aus Ex-Jugoslawien stammen. "Es ist frustrierend, denn egal wie sehr man sich bemüht, man bleibt immer der Jugo", berichtet der Autor von "Radikal gegen Extremismus - Einblick in die muslimische Jugendarbeit". Auch Laura erzählt, dass sie an der Schule häufig Diskriminierung an Mitschülern erlebe, sei es wegen ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft. Der Tenor laute "Du gehörst nicht zu uns". Man könne auch aufgrund einer Beeinträchtigung diskriminiert werden, meint ein Schüler aus dem Ausbildungszentrum "anderskompetent Oberrain". Damit verdeutlicht er die Botschaft der Veranstaltung, dass jeder jederzeit ebenfalls Opfer werden könne. Es finde sich immer ein beliebiger Sündenbock, Juden, Schwarze, Rothaarige etc.
Für die Zukunft lernen
Die jugendlichen Besucher zeigen sich äußerst interessiert an der Ausstellung und beteiligen sich sehr aktiv an dem Gespräch über die damaligen Ereignisse. Die erschütternden Bilder und eindringlichen Appelle gehen ihnen nahe. "Aus der Vergangenheit lernen", dieses Motto fällt auf fruchtbaren Boden."Es ist schwer, Worte zu finden", meint Laura, der das allerdings sehr gut gelingt.
Querbeet:
Die Ausstellung "Anne Franks Lebensgeschichte" wird an fünf Schulen im Pinzgau fünf Monate lang gezeigt. Derzeit ist sie an der Polytechnischen Schule in Saalfelden zu sehen, am 24. Mai um 18 Uhr wird sie zusätzlich auch im Kunsthaus Nexus präsentiert. Zeitzeuge Roderich Philippi berichtet an diesem Abend zudem von seiner Flucht aus Rumänien in den Pinzgau.
Die Ausstellung wurde von dem Leader-Projekt "Querbeet" vom Salzburger Bildungswerk organisiert, das sich dem Thema "Kulturelle Vielfalt am Land" widmet. "Unsere Dörfer werden immer globaler und müssen sich damit auseinandersetzen", schildert Andrea Folie den Hintergrund für das Projekt, das seit drei Jahren im Saalachtal verschiedene Aktivitäten setzt. "Hunderte Schüler haben die Ausstellung von Anne Frank besucht", zeigt sich die Initiatorin begeistert.
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