Bad Hofgasteiner Schüler ziehen "bittere Bilanz bei süßem Obst"

- <b>Der nachgestellte Berggipfel</b> schmilzt aufgrund der (Klima-)Erwärmung in sich zusammen.
- Foto: Foto: Neumayr
- hochgeladen von Angelika Pehab
Wetterphänomene, Klima und Umweltschutz zum (Be-)Greifen beim Klimagipfel im Klassenzimmer.
BAD HOFGASTEIN (ap). Schon ein bisschen ungewöhnlich findet die zwölfjährige Tamara nach dem „Regal-Check“ im Lebensmittelmarkt, dass österreichische Äpfel 2,19 Euro pro Kilo kosten, Kiwis aus Neuseeland, die im wahrsten Sinne des Wortes um die halbe Welt geflogen sind, nur 1,79 Euro. „Allein der Flieger braucht für den Transport von einem Kilo Obst über diese Strecke ein Kilogramm Treibstoff“, so die etwas bittere Bilanz über das süße Obst. Und während die Nationalpark-Ranger Stefan Altenbaerger und Hannes Muhr verschiedene Klima-Zahlen den Schülern erklären, schmilzt im Klassenzimmer der Neuen Mittelschule Bad Hofgastein ein Berggipfel bei der simulierten Klimaerwärmung binnen weniger Stunden in sich zusammen.
Projekt "Klimaschule"
Keine 150 Staatschefs wie in Paris, die über das Klima reden, sondern 40 Schüler die über und mit dem Klima experimentieren. „Verbund-Klimaschule des Nationalparks Hohe Tauern“ nennt sich das Projekt. Für vier Tage haben die Schüler überlegt, geforscht und auch schon ein wenig gehandelt.
Je schneller, desto "stinkiger"
Die Burschen dürfen sich den Autos widmen. Irgendwie wäre so ein roter Flitzer aus Italien schon der Traum für den zwölfjährigen Julian. „Aber der braucht halt sicher sehr viel Benzin, da ist das Auto vom Papa mit nur fünf Liter Verbrauch schon gescheiter“, erklärt er, als er nebenbei auf der Straße alle vorbeifahrenden Fahrzeuge in eine Strichliste einträgt. 120 PKW und 20 LKW sind es nach zwanzig Minuten. Später im Klassenzimmer wird gerechnet und dann kommt diese eingangs erwähnte unglaubliche Zahl von 1.350 Tonnen C02, die die Fahrzeuge hier entlang der Bad Gasteiner Landesstraße jährlich auf nur einem einzigen Kilometer beim Auspuff hinausblasen. Wie viel diese Tonnen an Kohlendioxid wirklich sind, kann sich Julian schwer vorstellen, aber sein Umdenkprozess geht schnell. „Ein Auto, das mit Wasserstoff fährt, das würde da schon was bringen. Und sechs Jahre dauert es eh noch, bis ich den Führerschein machen kann“.
"Energiesparen für unser Daheim"
Sein Klassenkollege Lukas wünscht sich da lieber E-Autos, die schneller fahren, größer sind und rascher geladen werden können. Idealerweise, so sein Wunsch an die Energiezukunft, soll das Laden übers Internet funktionieren. Dass die Entwicklung rasant weitergeht kann ihm Wolfgang Syrowatka vom Stromunternehmen Verbund -– dieser ist Sponsor und Mitbegründer der Klimaschule – nicht versprechen. Aber obwohl der Verbund vom Stromverkauf lebt, ist ihm Energiesparen eines der wichtigsten Anliegen. „Wir wollen hier mit Ideen Aufklärung ohne erhobenen Zeigefinger machen. Bewusstsein für unsere Umwelt schaffen, wo wir leben. Etwas tun, wo wir daheim sind“, erklärt der Verbundsprecher.
Was dem Klima wirklich hilft
Wasserkraft, erneuerbare Energien, Stromleitungen, Speicherkraftwerke, Windräder – allein das füllt einen langen Unterrichtsblock. Die jungen Energieforscher berichten von ihren Erfahrungen bei einem Stromausfall. „Der Kühlschrank ging nicht, das Handy konnte ich nicht laden und auch nicht mit der Playstation spielen“, so der 13jährige Tobias über den nach eigenen Angaben „schlimmsten Tag in seinem Leben“. Seine Klassenkameradin Lisa, die beim Tappen durch die dunkle Wohnung eine teure Vase zerbrach, dürfte da wahrscheinlich vor noch größeren Problemen gestanden sein.
„Klimawandel, Energiesparen sind vielen unserer Schüler schon im Vorhinein bewusst. Wir sehen nach den drei Tagen aber klar, dass sie bewusster fragen, wo der Strom herkommt oder warum unser Wasser so sauber ist“, zieht Peter Altenberger Bilanz. Im Sommer ist er zusammen mit seinen Kollegen als Nationalpark-Ranger unterwegs. Im Winter wechselt er zum Beruf des „Klima-Lehrers. Das Programm gibt es derzeit in Salzburg, Tirol und Kärnten für Schüler in drei Altersgruppen. In den Wiener Schulen soll das Projekt im nächsten Jahr auch angeboten werden.
"Bis zur Eiszeit dauert es ja noch"
„Eine Erdwärmeheizung ist die beste Lösung“, schreibt Julian am Ende in seine eigens angelegte Mappe. „Wenn nämlich die nächste Eiszeit alles Wasser frieren lässt und sich die Sonne einmal verdunkelt, können wir daraus immer noch Energie holen“. Sein Klimalehrer Hannes Muhr nimmt dieses Szenario mit einem Schmunzeln zur Kenntnis. „Es dauert bis dahin eh noch Millionen Jahre. Aber allein für´s Nachdenken gibt´s trotzdem ein großes Lob“.
ZUR SACHE:
Klimaschutz und Nachhaltigkeit
Die Verbund-Klimaschule des Nationalpark Hohe Tauern fördert das Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen für Klima und Klimaschutz.
Sie lernen von erfahrenen Nationalpark-Rangern, die Auswirkungen ihres Handelns zu verstehen, um ihre Klimazukunft selbst zu gestalten.
Als Botschafter für den Klimaschutz gegen sie ihr Wissen an ihre Familien weiter.
Derzeit wird die mobile Klimaschule in den Nationalparkgemeinden in Kärnten, Salzburg und Tirol angeboten. Die Kurse finden vor Ort
in der Schule statt und dauern vier Tage mit je vier Unterrichtseinheiten. Die Nationalpark-Ranger kommen mit einem Experimentierkoffer,
Denkaufgaben und Spielen in die Schulen. Zukünftig soll die Verbund-Klimaschule auch erstmals an den Wiener Schulen angeboten werden. Das Programm gibt es für drei Altersgruppen: Volksschule, Unterstufe und Oberstufe.
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.