St. Martin
Die "Skirennpioniere" halten den Liftbetrieb aufrecht
Gemeinde und Tourismusverband St. Martin betreiben ein wenig rentables Kleinstskigebiet in Eigenregie – der immaterielle Nutzen für die eigene Bevölkerung ist aber unbezahlbar.
ST. MARTIN/TGB. Während viele Skigebiete aufgrund der Corona-Einschränkungen überlegen, ob eine Fortsetzung der Saison wirtschaftlich noch tragbar ist, stellt sich diese Frage in der kleinen Gemeinde St. Martin am Tennengebirge gar nicht erst. Hier wird der Skibetrieb – sofern erlaubt – bis zum Saisonende aufrecht bleiben, weil es finanziell kaum einen Unterschied macht. Die beiden Lifte werfen ohnehin keinen Profit ab, vielmehr sind sie der Gemeinde eine Herzensangelegenheit für ihre Bürger.
Angebot für Bürger erhalten
Als die vormaligen Betreiber vor fünf Jahren den Skibetrieb einstellen wollten, kauften Gemeinde und Tourismusverband den Knabl-Lift und den Ostermais-Lift auf. Wirtschaftlich sei der Skibetrieb nicht, dafür aber umso wertvoller, sagt Bürgermeister Hannes Schlager:
"Für uns war und ist es wichtig, dieses Angebot für unsere Bürger zu erhalten. Es wird auch genützt, unsere Volksschüler gehen einmal pro Woche Skifahren. Der Kostenaufwand ist bei Schleppliften grundsätzlich überschaubarer als bei anderen Liften, auch wenn die Auflagen immer strenger werden."
- Bürgermeister Hannes Schlager
Hier lernten alle Skifahren
Einer der Lifte läuft unter der Woche nachmittags, von Freitag bis Sonntag sind beide Lifte ganztägig in Betrieb. "Das ist speziell jetzt ein wichtiges Angebot, damit die Kinder nach dem Homeschooling auch mal hinaus auf die Piste können", weiß der Obmann des Tourismusverbands, Herbert Reschreiter.
"Der Skibetrieb ist vor allem jetzt ein besonders wichtiges Angebot."Herbert Reschreiter, Obmann TVB St. Martin
Zielgruppe ist – nicht nur heuer – fast ausschließlich die ortsansässige Bevölkerung, Einzug aus anderen Gebieten gäbe es kaum. Wie fast alle Einheimischen haben auch Bürgermeister und TVB-Obmann selbst auf diesen Hängen das Skifahren gelernt.
Erstes Skirennen Österreichs
Die Skigeschichte des kleinen Ortes ist lang und weist sogar Pionierarbeit auf: Bereits 1893 soll das erste Skirennen Österreichs in St. Martin stattgefunden haben – fast zeitgleich mit einem Rennen im steirischen Mariazell. "Wir gehen davon aus, dass wir die ersten waren", schmunzeln Schlager und Reschreiter, wohlwissend, dass es keine Zeitzeugen mehr geben dürfte. "1959 ging dann der erste Lift in St. Martin in Betrieb. Legendäre Rennen gab es auf der Buttermilchalm und einer der ersten Parallelslaloms fand ebenfalls bei uns statt", weiß Reschreiter.
Die Entwicklung schritt dann jedoch mäßig voran: "Mit Ski amadé gab es immer wieder Verhandlungen, auch ein Zusammenschluss mit Werfenweng wurde in den 80er-Jahren diskutiert. Daraus wurde aber nie etwas", schildert Reschreiter. "Heute gibt es aber zumindest eine Beschneiungsanlage, wenn auch minimalistisch ausgeführt", sagt Schlager.
Wintertourismus nimmt ab
Der Skibetrieb sei aber auch wichtig fürs Tourismusprospekt. Denn der Ort, der geographisch zum Pongau, touristisch aber zum Tennengauer Lammertal gehört, kämpft um seine Gäste. Die Zahl der Betten sei in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, von einem einstigen Höchststand von 1.600 auf 950 aktuell, sagt Reschreiter:
"In vielen Jugendhäusern wären größere Investitionen nötig gewesen, die nicht mehr getätigt wurden. Auch etliche Privatvermieter sind aus dem Geschäft ausgestiegen"
- Herbert Reschreiter, Obmann TVB St. Martin
Mittlerweile hat der Sommer- den Wintertourismus in der Gemeinde wieder deutlich überholt. Was fehlt, sei eine Skischule, die vieles erleichtern würde.
Projekt: Rodeln im Sommer
Trotz Corona herrscht im Ort fast normaler Winterbetrieb: Gespurt sind neben den Skipisten auch Winterwanderwege, Langlaufloipen und die Rodelbahn. Rodeln könnte überhaupt zum ganzjährigen Thema werden: "Wir arbeiten an einer Sommerrodelbahn, die auch bei Schlechtwetter genutzt werden kann", verrät Schlager: "Zuvor müssen wir aber vor allem die Entwicklung der aktuellen Gesundheitslage abwarten."
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