Interview
"Die Wetterlagen halten sich länger"

Bernhard Niedermoser, Leiter der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für Salzburg und Oberösterreich, ist absoluter Schnee-Experte. | Foto: Niedermoser
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  • Bernhard Niedermoser, Leiter der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für Salzburg und Oberösterreich, ist absoluter Schnee-Experte.
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PONGAU, SALZBURG. Gemeinsam mit der Klimawandelanpassungsregion (KLAR) Pongau starten die Bezirksblätter die Serie "Klimawandel vor der Haustür". Zum Auftakt haben wir mit dem Leiter der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für Salzburg und Oberösterreich, Bernhard Niedermoser, gesprochen. Er klärt über die heftigen Schneefälle der letzten Wochen und Klimawandelphänomene im Pongau auf.

Wie kommen solche extremen Stauwetterlagen, wie wir sie zuletzt mit enormen Schneefällen erlebt haben, zustande?
BERNHARD NIEDERMOSER: Die großen Schneemengen haben wir im Pongau durch Nord- oder Nordwestströmungen bekommen. Die feuchte Luft, die hier herein drückt, sorgt für die Wetterlagen, die unseren Winter ausmachen. Ausgenommen von diesen nördlichen Strömungen waren aufgrund des Nord-Süd-Gefälles im Pongau nur die südlichsten Regionen wie Sportgastein oder Hüttschlag. Außergewöhnlich war zuletzt die große Menge in so kurzer Zeit. Dass in nur zwei Wochen so viel Schnee fällt, kommt etwa alle 50 Jahre vor.

Warum hielt der Niederschlag so lange an?
Wir hatten drei intensive Wellen in dieser Nordwestströmung knapp hintereinander. Diese haben diese feuchte Wetterlage aufgestaut. Die Wetterberuhigung kam dann mit der etwas kälteren Ostströmung.

Manche sagen, viel Schnee sei bei uns im Winter normal. Erst wenn es im Winter nicht schneit, sei das eine Katastrophe, nicht umgekehrt. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?
Wirtschaftlich gesehen ist das natürlich so. Es war ja auch keine Katastrophe, aber eine Seltenheit, die drei große Gefahrenbereiche brachte: Lawinen, Baumbruch und die hohe Schneelast auf den Dächern. Laut Richtwerten der Bautechniker waren wir im Pongau in Teilbereichen nah dran, in tiefen Lagen teilweise sogar drüber. Viele haben daher, trotz der frühen Jahreszeit, zurecht ihre Dächer abgeschöpft.

Die Rede war vom "Jahrhundertschnee". Kann man davon ausgehen, dass solche Jahrhundert-Ereignisse künftig häufiger auftreten?
Ich würde nicht vom Jahrhundertschnee sprechen, dieser Begriff wurde medial überspitzt. Außergewöhnlich ist der Gesamtschnee in so kurzer Zeit, aber das wird immer wieder vorkommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas alle zehn Jahre, vorkommt, ist aber gering. Der Klimawandel bringt den Trend, dass alle Wetterlagen einfach länger andauern. Wenn sie von Süden kommen, dann haben wir im Dezember und Jänner gar keinen Schnee, so wie aktuell in Kärnten.

Wird das Wetter in den Bergen extremer und schwieriger vorherzusehen?
Es wird nicht schwieriger vorherzusehen, es wird einfach anders. Der Trend geht in Richtung trockenere Sommer, was für die Gletscher ganz schlecht ist, für Klettersportler natürlich ganz gut. Die Almen kämpfen mit einem steigenden Trockenheitsproblem. Die Winter werden hingegen mehr Niederschlag bringen. Uns wird der Winter nicht ausgehen: Es wird auch in 50 Jahren noch Winterreifenpflicht geben und es wird auch in 50 Jahren noch Skigebiete geben. Der Schneefall wird in den Bergen eher schubweise kommen.

Die Lawinenwarnstufe fünf, die wir im Pongau hatten, wird extrem selten ausgegeben. Wird der viele Schnee bei höheren Temperaturen erneut zum Problem?
Im Schnitt wird Warnstufe fünf nur alle zehn Jahre ausgegeben. Der Schnee hat sich mittlerweile gut gesetzt, wir haben jetzt Topverhältnisse. Neuer Schnee hat jetzt eine schlechte Unterlage, aber der massive Schnee wird derzeit nicht angetastet. Dass der viele Schnee im Frühjahr wieder Gefahren bringt, muss nicht sein, kann aber sein. Der Frühling hat viele Möglichkeiten – es kann aber ohne Hochwasser und Lawinen von sich gehen.

In den heimischen Bergen ist die Erwärmung dreimal höher als im weltweiten Durchschnitt. Was ist dafür verantwortlich?
Das liegt daran, dass sich Gebirge generell stärker erwärmen als das Flachland. Dieses Phänomen gibt es nicht nur in den Alpen, die stärkere Erwärmung als in Niederungen hängt auch mit der Sonneneinstrahlung zusammen. Näher an der Küste sind die Schwankungen auch nicht so stark. Der Klimawandel zeigt aber, dass Sommer, Frühling und Herbst seit 25 Jahren rasant nur nach oben gehen. Der Winter hingegen hat mehr Schwankungen, in Mitteleuropa kommt er eher in Wellen.

Der Klimwandel bedeutet also nicht, dass es plötzlich immer warm ist. Welche Risiken und Gefahren birgt der Klimawandel in unserer Region?
Gefahren sind auswirkungsorientiert. Größtes Problem ist die Trockenheit, die es öfter, aber nicht immer geben wird. Quellen und Bäche haben dann weniger Wasser. Stürme werden nicht häufiger werden. Man geht davon aus, dass auch Gewittergüsse nicht häufiger, aber intensiver werden. Das ist kein Widerspruch, es kann trockene Sommer mit wenigen heftigen Niederschlägen geben. Man muss aber auch festhalten, dass das Extremwetter ein Teil unseres Wetters ist, denn heftige Gewitter hat es hier schon immer gegeben.

Die Klimawandelanpassungsregion Pongau will vor allem die Chancen durch klimatische Veränderungen nützen, indem man sich rechtzeitig anpasst. Welche Chancen ergeben sich aus Ihrer Sicht aktuell durch den Klimawandel?
Unser Freizeitwetter im Sommer wird besser und stabiler, wovon der Tourismus durch Anpassungen profierten kann. Im Innergebirg kann man im Sommer auch noch lüften ohne Klimaanlage. Auch in der Landwirtschaft bestehen Anpassungsmöglichkeiten, zum Beispiel durch den Anbau neuer Obstsorten.

Bernhard Niedermoser, Leiter der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für Salzburg und Oberösterreich, ist absoluter Schnee-Experte. | Foto: Niedermoser
Bernhard Niedermoser, Leiter der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für Salzburg und Oberösterreich, ist absoluter Schnee-Experte. | Foto: ZAMG
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