Das „Land“ soll mehr für das Land tun!
Der Ebener Bürgermeister, Herbert Farmer, fordert von Seiten des Landes ein, mehr Verantwortung für den ländlichen Raum zu übernehmen
Wie in Eben die Tourismuswirtschaft angekurbelt werden soll und wie die Gemeinde im Ennspongau mit der Bevölkerungsexplosion umgeht, erläutert Bgm. Herbert Farmer im Gespräch mit dem BEZIRKSBLATT.
Beschreiben Sie bitte die Struktur Ihres Ortes!
HERBERT FARMER: „Wirtschaftlich betrachtet ist Eben ein Mischbetrieb. Wir haben einen starken Handel, zum Teil auch Gewerbe sowie Landwirtschaft und Tourismus. Bei letzterem hinken wir im Vergleich mit anderen Pongauer Gemeinden ein wenig hinterher.“
Sind Sie bestrebt, dem Tourismus auf die Sprünge zu helfen, oder reicht der Status quo aus?
HERBERT FARMER: „Natürlich sind wir bestrebt, diesen Sektor anzukurbeln. Ein Plan sieht die Ansiedelung eines Drei-Sterne-Plus-Hotelbetriebs mit rund 300 Betten im Pöttlerfeld vor. Aktuell befinden wir uns im Flächenwidmungsverfahren, das im Sommer 2011 abgeschlossen sein sollte. Ich stelle mir vor, dass wir spätestens 2012 mit dem Bau anfangen können.“
Ihre Partei, zumindest die Landes-ÖVP ist stolz auf die beschlossene Möglichkeit zur Einhebung einer Zweitwohnsitzabgabe in Form eines Zuschlags von 30 Prozent auf die besondere Ortstaxe. Wird Eben davon Gebrauch machen?
HERBERT FARMER: „Nein, wir haben zu wenig Zweitwohnsitze, als dass das bei uns ein Thema wäre. Die Ortstaxe ein wenig anzuheben wäre jedoch nicht ganz uninteressant.“
Wie sieht es mit dem Bahnausbau in Richtung Stadt Salzburg aus – begrüßen Sie dieses ÖVP-Bestreben?
HERBERT FARMER: „Grundsätzlich ja, aber es müsste parallel dazu die Anbindung des Ennstals in Angriff genommen werden. Meiner Ansicht nach würde sich ein attraktives öffentliches Busnetz dazu eignen. Wir von der Kommunen aus sehen uns allerdings nicht in der Lage dafür in die Tasche zu greifen. Da müsste schon das Land oder der Bund Geld in die Hand nehmen. Meiner Ansicht nach wäre es ohnehin allerhöchste Zeit, dass das ‚Land‘ für den ländlichen Raum mehr Verantwortung übernimmt und nicht nur der Zentralraum ausgebaut wird.“
Wieviel Budget steht Ihnen im Jahr zur Verfügung und wie kommen Sie mit den finanziellen Ressourcen zu Rande?
HERBERT FARMER: „Im abgelaufenen Jahr waren es 3,3 Millionen Euro im ordentlichen, 400.000 Euro im außerordentlichen Rahmen. Obwohl es sich knapp ausgeht, wird Eben auch in Zukunft im öffentlichen Interesse investieren. Wenn die Gemeinde nur eine Verwaltungsbehörde werden würde, das wäre das Schlimmste.“
Mit welchen konkreten Problemen sieht sich Eben konfrontiert?
HERBERT FARMER: „In der letzten Dekade ist die Bevölkerung um 17 Prozent gewachsen. Daraus resultiert, dass wir unter Druck geraten, was die Wasserversorgung betrifft und darüber hinaus mit Bauplatzknappheit zu kämpfen haben. Was Letzteres angeht muss ich die momentane Raumordnung des Landes kritisieren. Diese lässt eine Bauplatzwidmung nur dann zu, wenn sich im Umkreis von 500 Metern eine Haltestelle des öffentlichen Verkehrs befindet. Diese Verordnung ist auf die städtischen Ballungszentren maßgeschneidert, aber bei uns am Land ist sie nicht anwendbar.“
Gibt es irgendwelche Projekte, um dagegenzusteuern?
HERBERT FARMER: „Wir von der Gemeinde aus sind bestrebt, im Ortsteil Gasthofberg ein Baulandsicherungsmodell auf die Beine zu stellen, das leistbare Bauplätze für die nächsten 15 Jahre sichern soll. Aktuell bemühen wir uns um die entsprechende Widmung und um die infrastrukturelle Erschließung des Areals. Ein zweites Projekt ist natürlich der Ausbau der Wasserversorgung in Eben. Darüber hinaus sind wir an der Generalsanierung des Seniorenwohnheims in Hüttau beteiligt, wo Eben elf Betten hat.“
Die ÖVP ist in Eben mit einer Aufteilung von zwölf-drei-zwei nach Mandaten eine Macht. Wie gestaltet sich das Miteinander in der Gemeindestube?
HERBERT FARMER: „Demokratisch – trotz dieses Ungleichgewichts geht keiner unter. In Eben zählt die gute Idee, ganz egal von wem sie kommt.“
Wenn Sie der Landeshauptfrau gegenübersitzen würden, welches Anliegen würden Sie an sie richten?
HERBERT FARMER: „Die Politiker müssten grundsätzlich mehr Rückgrat zeigen, nicht aus allem ein Politikum machen und nach außen hin nicht nur das artikulieren, was gut klingt, sondern ehrlich sein – sagen was möglich ist bzw. was nicht. Weiters müssen auch politisch unattraktive Angelegenheiten, beispielsweise der Abbau der Staatsbelastung, in Angriff genommen werden. Gerade in diesem Punkt wäre in Österreich viel möglich – zum Beispiel eine Verwaltungsreform. Dies würde sich auch positiv auf die Geldbörsen der Bevölkerung auswirken. Eben geht mit gutem Beispiel voran. Laut Vergabeschlüssel könnten wir im Gemeindeamt noch eine zusätzliche Vollzeitbürokraft anstellen. Wir verzichten bewusst darauf, um möglichst sparsam mit Steuergeldern zu wirtschaften.“
Es fällt auf, dass Ihre Gemeinde sehr wenig, um nicht zu sagen gar keine Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Warum ist das so?
HERBERT FARMER: „Ich bin der Meinung, dass nicht alles in der Zeitung stehen muss. Wir haben eine halbjährlich erscheinende Gemeindezeitung – und laufend Bürgermeisterbriefe, unsere Bürger werden also regelmäßig auf den neuesten Stand der Dinge gebracht.“
Wer ist der geheime Bürgermeister in Ihrer Gemeinde?
HERBERT FARMER: „Ich kenne keinen – obwohl – ich könnte den Amtsleiter anführen, aber der würde mir den Kopf ausreißen, wenn er das liest.“ (lacht)
Interview: Peter J. Wieland
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