Gericht
54 Flüchtlinge in Sattelzug gepfercht – Schlepper verurteilt
Vor einem St Pöltner Schöffensenat musste sich ein polnischer Lkw-Fahrer wegen Schlepperei in mehreren Angriffen verantworten, nachdem bei seiner vorerst letzten Fahrt Mitte April dieses Jahres auf dem A1-Parkplatz Großram 54 Flüchtlinge, darunter drei Frauen und ein Kind, in seinem abgestellten Sattelanhänger entdeckt worden waren.
ST. PÖLTEN/PRESSBAUM. Staatsanwältin Maria Lalics warf dem 47-jährigen Polen insgesamt 19 Schlepperfahrten vor, wobei sich der in Österreich noch unbescholtene Mann in nur sechs Fällen schuldig bekannte und betonte, er sei von seinem Chef dazu gedrängt worden und habe diesem daher angekündigt, nicht mehr in dessen Firma zu arbeiten. Von Jänner bis Ende Februar habe er nichts von der brisanten „Ladung“ bemerkt, danach habe er gesehen, dass sein Chef Leute in den Anhänger verfrachtete und die Türen verschloss. Gesehen habe er die Menschen nicht, nur einmal, als die Polizei in Großram den Anhänger öffnete. „Nicht sehr geräumig!“, meinte Richterin Silvia Pöchacker vorwurfsvoll zu einem Tatortbild, das die Personen im Laderaum zeigte.
„Mein Chef sagte immer, dass es das letzte Mal ist“
, beteuerte der Pole, der mit einer Organisation nichts zu tun haben will und nur unter Druck gefahren sei.
Klopfgeräusche aus Sattelanhänger
Dem Polizeiprotokoll zufolge erhielten die Beamten der Autobahnpolizei am 14. April einen Anruf, bei dem sie auf Klopfgeräusche aus dem Sattelanhänger aufmerksam gemacht worden waren. Vor Ort stellte sich heraus, dass der Anhänger nach siebenstündiger Fahrt mittlerweile bereits über eine Stunde in der prallen Sonne stand, der Lenker jedoch nicht auf die Klopfzeichen reagiert habe. Bei etwa 40 Grad im Laderaum habe der Lenker während der Fahrt von Ungarn nach Österreich nie angehalten und die Getränke der Migranten hätten bei weitem nicht ausgereicht.
3.000 Euro bezahlt
Die Menschen aus Syrien, Palästina, Afghanistan, der Türkei und dem Jemen bezahlten für den Transport von einem Lager in Serbien nach Österreich je 3.000 Euro. Nachdem sie die serbisch-ungarische Grenze mit Unterstützung von Schleppern überwunden hatten, wurden sie in den Sattelzug verfrachtet.
„Die Hitze war unerträglich“,
erinnerte sich einer der Flüchtlinge, von denen einige per Video als Zeugen aussagten. Sie hätten den Lkw-Fahrer selbst nicht gesehen, nur jene Schlepper, die sie zum Sattelzug brachten und einen Mann mit einem schwarzen Pkw.
Der Schöffensenat verurteilte den Polen schließlich zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren, die vorerst nicht rechtskräftig sind. Zwei von ihm genannte Mittäter konnten bis jetzt noch nicht ausgeforscht werden.
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