Arsen und Spitzenhäubchen - Theater Purkersdorf, Rezension
Mörderisch lustige schwarzweiss Komödie
Die Kritik schon auf dem Weg ins Theater zu schreiben um Zeit zu sparen, wie der Theaterkritiker Mortimer Brewster es vorschlägt, wäre hier ein fataler Fehler gewesen.
Zuviel hätte man von den skurril komischen Besonderheiten dieser stücktreuen und doch kreativen Inszenierung von Regina Sykora versäumt.
schaurig schön
In einem sehr alten Wohnzimmer mit viel dunklem Holz und weissen Spitzendeckchen, hängen vergilbte Bilder und Erinnerungen. Diverse Türen führen in den Raum und ein Glasfenster zeigt den Blick zum Friedhof. Vor dem Fenster steht eine Sitzbank, die als Leichenversteck dient. Eine Treppe geht nach oben Richtung Schlafräume. Ein Abgang zeigt den Weg nach Teddy´s Panama, dem dunklen ominösen Keller des Hauses. Das Bühnenbild (Armin Baumgärtner) führt den Zuschauer, ebenso wie die Tatsache, dass alle Akteure hell geschminkt sind, in eine authentische Schwarzweisswelt. Ein genialer Zug der Regisseurin.
Joseph Kesselrings 1941 uraufgeführte dunkle Komödie ist auch nach Jahren noch ein Publikumsmagnet, weil sich die skurrilen Ereignisse im Minutentakt überhäufen.
Die beiden reizenden Schwestern Abby (Ingrid Schlögl) und Martha Brewster (Hanni Weiß) morden mit Holunderwein. Ihr geistig etwas eingeschränkter Neffe Teddy (Gunther Polak) vergräbt die an „Gelbfieber gestorbenen“ im „Panamakanal“, also dem Keller des Hauses.
Per Zufall kommt ihnen ein weiterer Neffe, der Theaterkritiker Mortimer Brewster (Heinz Scharb) auf die Schliche und versucht verzweifelt, dem eigenwilligen Engagement seiner Tanten Einhalt zu gebieten. Dabei geht er die Wände hoch. Seine Verlobte Elaine (Julia Salpoltnig) versteht die Welt nicht mehr.
Das Chaos wird perfekt, als am gleichen Abend Jonathan Brewster (Michi Magenbauer) der lange verschollene dritte Neffe von Abby und Martha, mit einem gewissen Dr. Einstein (Raoul Rubess) auftaucht. Seiner Profession als, polizeilich gesuchter, Serienkiller entsprechend, hat auch Jonathan eine Leiche im Gepäck und ist auf der Suche nach einem geeigneten Versteck für sich und sein letztes Opfer, Mr. Spenalzo. Doch der Platz wird schön langsam knapp und fremde Leichen sind im Hause der Brewster-Schwestern gar nicht gern gesehen.
Die Rollen unter den Toten wurden lebendig besetzt. Heinz Scharb brilliert flink und facettenreich mit viel Charme und großartiger Gestik in der Rolle des Neffen Mortimer Brewster.
Sein Bruder und Massenmörder Jonathan, wurde von Michi Magenbauer kalt, glatt, eloquent verkörpert. Gunther Polak spielt Teddy authentisch und liebenswert.
Den beiden im Stück „älteren Damen“, gespielt von Ingrid Schlögl und HanniWeiß, sieht man an, wie viel Freude sie auf der Bühne und in der Interpretation der Rollen haben.
Eine durchaus und solide schauspielerische Leistung des gesamten Ensembles.
alt doch aktuell..
So klassisch dieses Stück aus den 1940er Jahren ist, so wurde hier auch auf Aktuelles Acht genommen. Zwei mal kamen Anspielungen auf „Ausländer“ („wir können ihn doch nicht neben einem Ausländer begraben..“)… Dies dürfte wohl als Wink zum Nachdenken gemeint sein. So sagt das Theater Purkersdorf selbst: „Theater hatte schon immer nicht nur einen kultur- sondern auch einen gesellschaftspolitischen Auftrag bzw. Einfluss. Diesem wollen wir in der heurigen Herbstproduktion mit einem sichtbaren Zeichen nachkommen.“
Auch sind Einnahmen aus dem Kartenverkauf für Flüchtlinge in Purkersdorf gedacht.
Eine gelungene flotte, zweistündige Inszenierung mit engagierten Schauspielern und Mitmenschen.
Link: Theater Purkersdorf
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.