„Früher hat der Opa gesagt, wo wir fahren können und wo nicht!“

Suchen und Finden: Das LVS-Training in der Praxis.
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Fast 50 Teilnehmer beim Lawinencamp des SAAC am Füssener Jöchle

Petrus meinte es am vergangenen Wochenende (20./21.2.2016) leider nicht so gut mit den Teilnehmern des SAAC Lawinencamps am Füssener Jöchle. Mit rund zwölf stündigem Dauerregen, Sturmböen und einem fulminanten Wärmeeinbruch verwandelte er über Nacht den erhofften Powder-Traum in eine rund 30 Centimeter „dünne“ Nasspampe. Dies tat dem großen Interesse der fast 50 Camp-Teilnehmer aber keinen Abbruch, denn schließlich ging es ja nicht ums Powdern, sondern darum zu lernen, wie man die Gefahren im Off-Pist-Gelände besser einschätzen lernt. „Früher habe ich einfach den Opa gefragt, der wusste wo man fahren kann und wo nicht, aber jetzt möchte ich auch Lernen, wie man sich richtig im Gelände verhält und die Gefahren einschätzt“, erzählt Camp-Teilnehmer Stefan Larcher.

Der Kick-off zum Lawinen-Camp fand im angenehmen Ambiente des Hotels liebes Rot Flüh in Haldensee am Abend zuvor statt. Im dreistündigen Theorie-Seminar ging es darum, die Begriffe zu lernen und zu verstehen. Mit eindrucksvollen Videos und anschaulichen Grafiken erläuterte das SAAC-Team den Teilnehmern die vielseitigen Gefahren, die im Off-Pist-Bereich im wahrsten Sinne des Wortes hinter jeder Kuppe lauern können. Ein niemals zu verachtender Faktor, wenn man abseits der Pisten nicht nur im Neuschnee unterwegs sein möchte.

Ulrich Linneman steht schon viele Jahre auf dem Ski und nutzte das Camp zur Auffrischung seiner Kenntnisse. „Vor einigen Jahren habe ich schon mal ein dreitägiges Camp mitgemacht“, erzählt der 59-jährige Chirurg aus Nürnberg, der gerne mal Off-Pist geht, wenn es die Bedingungen zu lassen. Angemeldet hat ihn seine Tochter Laura (21), die auch mit dabei ist und der es vor allem darum geht, „Verständnis für die Gefahren am Berg zu entwickeln.“

Lernen und Üben unter Anleitung eines Bergführers

Am zweiten Tag hieß es dann, die Theorie in der Praxis umzusetzen. Fünf Bergführer teilten alle Teilnehmer unter sich auf, um mit Ihnen im Gelände zu üben und zu erarbeiten, wie man die Risiken richtig einschätzt und im Notfall eine Suche mit Lawinenverschüttetensuchgerät, kurz LVS-Gerät, durchführt.
Ausgerüstet mit LVS, Sonde und Schaufel hieß es also Lernen und Üben unter Anleitung von Bergführer Matthias Bader. Für das Training im Gelände war auch Alexandra Sprenger gekommen. „Ich möchte lernen, wie ich in Notsituationen richtig reagiere“, sagt die 27-jährige Studentin aus Lechauschau und zeigt sich erstaunt über Präzision und Erfolge der ersten eigenen „Outdoor-Suche“ im Tiefschnee: „Wahnsinn, ich wusste gar nicht, dass man einfach losrennen kann. Das LVS-Gerät reagiert sofort und gibt mir dir Richtung vor. Ich bin wirklich überrascht wie schnell ich im Gelände den Sender gefunden habe.“

18 Minuten zum Überleben

Allen Teilnehmern des Camps wird in der Praxis bewusst, wie bedeutsam die richtige Ausrüstung im Off-Pist-Bereich ist. Bergführer Matthias Bader warnt davor, dieses Thema zu unterschätzen. „Es geht ja fast immer gut, aber es ist wie im Straßenverkehr, irgendwann gibt es einen Unfall und dann ist es wichtig, gut vorbereitet zu sein. Für den Verschütteten bleiben etwa 18 Minuten, um eine Chance zu haben, zu überleben. Geht die Rettung über 18 Minuten hinaus, muss man leider davon ausgehen, dass der Mensch unter dem Schnee nicht überlebt“, erklärt der Berg- und Skiführer. Mit Nachdruck weist der 32-jährige Innsbrucker seine Gruppe mehrmals darauf hin, niemals ohne ausreichende Informationen aus dem Lawinenlagebericht ins Gelände zu gehen. Bader: „Den Bericht gibt es täglich um 7.30 Uhr vom Lawinenwarndienst Tirol, auf dessen Website er runtergeladen werden kann. Der Bericht sollte gut studiert und vor allem ernst genommen werden.“

Die Teilnehmer des SAAC-Camps an diesem Wochenende sind sicherlich gut vorbereitet und werden hoffentlich niemals die Gefahren des Schnees unterschätzen, damit der Powdertraum nicht zu einem Alptraum wird, denn wer hat schon einen Opa zur Seite, der ihm sagt, wo es lang geht.

Der SAAC ist eine Initiative, die Snowboarder und Skifahrer auf die alpinen Gefahren aufmerksam macht, aktive Bewusstseinsbildung betreibt und zu Eigenverantwortung animiert. Die SAAC – snow & alpine awareness camps gibt es bereits seit 1998. Ursprünglich sollte damals nur ein Lawinencamp stattfinden. Der große Zustrom und die Akzeptanz in der Öffentlichkeit haben dazu geführt, dass jährlich circa 24 bis 30 kostenlose zweitägige Lawinencamps mit Backgroundinfos und Praxis für Off-pist-Freaks in ganz Österreich stattfinden.

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