„Mit Zusammenlegungen werden Strukturen zerstört“
Rieds Bgm.-Sprecher Johann Weirathmüller ist gegen eine Zusammenlegung von Gemeindeämtern
Der Diskussion um eine mögliche Zusammenlegung von Gemeindeämtern kann Johann Weirathmüller, Bürgermeister in Taiskirchen und Bürgermeister-Sprecher im Bezirk Ried, nur wenig abgewinnen.
BezirksRundschau: Sie sind seit knapp zwei Jahren Bürgermeistersprecher im Bezirk Ried. Mit welchen Aufgaben ist diese Position verbunden?
Johann Weirathmüller: Ich stimme gemeinsam mit der Bezirkshauptmannschaft Ried die Themen der Bürgermeisterkonferenzen ab. Auch sonst bin ich um aktuelle Anliegen der Gemeinden bemüht und versuche, unabhängig von jeglichen Parteiinteressen, die bestmöglichsten Lösungen gemeinsam mit meinen Kollegen zu erarbeiten.
BezirksRundschau: Das Land OÖ möchte die Anzahl der Gemeindeämter durch Zusammenlegungen in OÖ um zwei Drittel reduzieren. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben?
Weirathmüller: Für mich ist das der Anfang vom Ende vieler kleinerer Gemeinden. Zuerst die Zusammenlegung von Gemeindeämtern, dann würden bald die ersten Gemeindezusammenlegungen folgen. Ich finde diese Maßnahmen offen und ehrlich gesagt, wenig sinnvoll.
BezirksRundschau: Was wären die negativen Auswirkungen solcher Zusammenlegungen?
Weirathmüller: Zum einen geht die Identität der Gemeinden verloren. Eine Riesengefahr sehe ich auch darin, dass durch die verlorene Identität die Ehrenamtlichkeit abnehmen würde. Es hat bisher noch kaum jemand weiter in die Zukunft gedacht. Wir dürfen nicht nur auf die kommenden fünf Jahre schauen, sondern müssen 20, 30 Jahre nach vorne blicken. Wir sind in der Zukunft, vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung, mehr denn je von ehrenamtlichen Helfern abhängig. Werden diese weniger, wird auch das mit enormen Kosten verbunden sein. Man muss sich die Maßnahmen wirklich gut überlegen. Ich denke, dass mit Gemeindezusammenlegungen viele Strukturen zerstört werden. Je größer eine Verwaltung ist, desto unpersönlicher ist das für den Bürger. Ich bin überzeugt davon, dass wir vor Ort am besten wissen, wo die meisten Einsparungspotenziale vorhanden sind. Nehmen wir zum Beispiel den Gratiskindergarten her. Kaum einer der Bürgermeister im Bezirk war dafür. Mit diesen Kosten, die für das Land entstehen, könnte man die Gemeinden um einiges entlasten.
BezirksRundschau: Wie beurteilen Ihre Bürgermeisterkollegen aus dem Bezirk diese Diskussion?
Weirathmüller: Ich habe in den letzten Wochen mit vielen Kollegen Gespräche geführt, die fast alle eine ähnliche Meinung wie ich vertreten. Viele politische Vertreter auf Landes- oder Bundesebene sprechen gerne von „Bürgernähe“. Aber genau diese würde durch diese Zusammenlegungen verloren gehen – und damit auch gewisse Grundzüge einer Demokratie.
BezirksRundschau: Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit würden Ihrer Meinung nach mehr Sinn machen?
Weirathmüller: Natürlich müssen die jeweiligen Gemeindeverantwortlichen darüber nachdenken, wo Einsparungen möglich sind. Es ist ja nicht so, dass wir nicht versuchen, bestmöglichst zusammenzuarbeiten. Bezirksabfallverbände, Reinhalteverbände oder die Leader-Regionen sind nur einige dieser gemeinsamen Projekte. Im Bezirk Ried funktioniert die Zusammenarbeit und der Austausch unter den Gemeinden wirklich ausgezeichnet. Weiters werden gewisse Serviceleistungen der Gemeinde wohl weniger werden. Grundlegend ist die Rechnung eine ganz einfache: Wenn ich weniger Geld zur Verfügung habe, muss ich versuchen, mit diesen Mitteln bestmöglichst über die Runden zu kommen.
BezirksRundschau: Was stört Sie an der Diskussion am meisten?
Weirathmüller: Zum einen das zentralistische Denken. Am lautesten sind die Schreie aus den größeren Gemeinden und Städten, da diese von Zusammenlegungen womöglich profitieren würden. Gewisse Stimmen von der Industrie nehme ich nicht einmal ernst, denn woher sollen diese Personen wissen, wie so eine Gemeindestruktur funktioniert? Ich glaube aber, es wird nicht soweit kommen. Wir werden uns das sicher nicht gefallen lassen.
BezirksRundschau: Aber ist es wirklich notwendig, dass jede noch so kleine Gemeinde ein eigenes Gemeindeamt, einen Bürgermeister und einen Amtsleiter hat?
Weirathmüller: Es mag schon sein, dass es die eine oder andere Gemeinde gibt, in der gewisse Fusionen vorstellbar wären, aber grundsätzlich ist es nicht gesagt, dass größere Verwaltungsebenen auch billiger sind. Die Dinge werden dadurch nur verschoben, die Arbeit wird jedoch nicht weniger.
BezirksRundschau: Ist durch das Internet-Zeitalter die Arbeit auf den Gemeinden also nicht weniger geworden?
Weirathmüller: Ich lasse mir ganz sicher von niemanden unsere Bedienstenten schlecht reden. Wir haben auf den Gemeinden genug zu tun. Das Land und der Bund wälzen immer mehr Arbeiten auf die Gemeinden ab.
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